Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 10, Oktober 2020
Weinbau in Carolath
In einem 1737 in Breslau erschienenen Buch „Schlesisches Labyrinth" wird auch es bedeutenden Weinbaues in Carolath an der Oder Erwähnung getan. Ein Kapitel dieses Buches ist überschrieben „Von schlesischen Weinbergen, Wein, Brandewein und anderen itzund üblichen Getränken". Wörtlich heißt es da:
Außer zu Carlatt wüchset zu Guben, Beuthen, Grünberg, Crossen und anderen Orten ein guter, trinkbarer Wein von roter und weißer Farbe, und etliche vom Adel im Glogauischen Fürstentum — vornehmlich die Herren von Stosch zu Kreidelwitz — haben ehedem mit Anlegung einiger Weinberge ihre Keller auch treulich versorget.
Dass es in Carolath einst guten Wein gegeben haben wird, wissen wir alle, die in CarolathReinberg noch guten, edlen Wein an den Hauswänden gezogen haben. Er war keineswegs schlechter als die Trauben, die am Rhein wuchsen und reiften. Die älteren Carolather und Reinberger erinnern sich bestimmt noch gut an die letzten beiden „Wingerte", Weingärten, in der Nähe der Weinpresse. Einer derselben wurde in späteren Jahren mit Obstbäumen bepflanzt, der andere verlor seine Bedeutung als Weingarten, denn als kurz vor dem Kriege die neue Bergstraße erbaut wurde — durch sie erhielt die Carolather Südostseite ein völlig verändertes Aussehen — wurde dieser nicht mehr benutzte Weinberg geopfert.
Als der Freiherr Georg von Schönaich die Weinberge bei Carolath angelegt hatte, siedelte er aus dem Rheinland und der Pfalz in Carolath Weinbauern, Winzer, an. Sie sollten die Weinberge betreuen. Für diese Winzer ließ er drei Winzerhäuser — jedes für zwei Familien gedacht — errichten. Sie hatten eine ganz besondere Stilart, wie sie bislang in Nordschlesien niemals üblich gewesen war. Eines dieser Häuser ist in den zwanziger Jahren einer Brandstiftung zum Opfer gefallen. Die zwei anderen befanden sich bis zur Vertreibung noch in gutem Zustande. Die „Winzerhäusel", wie sie in Carolath genannt wurden, und die Weinpresse wurden innerhalb der Weinberge erbaut. Als der Freiherr Georg von Schönaich daranging, die Umgebung des Schlosses Carolath umzugestalten, ließ er auch ein Gästehaus an der Oder errichten. Es erhielt die Bezeichnung „Zum Pappenheimer", damit sollte also an die alten Haudegen des Dreißigjährigen Krieges, die mutig und trinkfest waren, erinnert werden, die unter dem General Pappenheim die deutschen Lande durchstreiften.
Dort wurden auch die Ortsgerichte abgehalten und später dörfliche Feiern veranstaltet. Vor allem aber wurden im „Pappenheimer" die Bereiter des Freiherrn untergebracht. Dort wurde im Jahre 1800 das königliche Amtsgericht untergebracht. Ende der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts — als das Amtsgericht nach Beuthen verlegt worden war rückte dort in den verwaisten Räumen der „Freiwillige Arbeitsdienst" ein, dem dann später der Reichsarbeitsdienst folgte, der bei Carolath sein großes Lager 101 „Emanuel Geibel“ errichtete. E.Bierfreund †