Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 8 August 2020

Erinnerungen an das Heimatdorf Marienquell, früher Quilitz

mit Ortsteil Görlitz und Vorwerk Neu-Marienquell

Aus Großmutters Postkartenalbum – Quilitz

Quilitz
mit Neu-Quilitz, Post- und Telegraphenstation Gramschütz. 9,0 Kilometer von Glogau. 5 Kilometer von Bahnhof Gramschütz. 537 Seelen. Domainen-Amtsdorf. 874 ha. 43 Ar Land und 7172 Thlr. Gr.-Reinertrag. 29 Bauerngüter, 57 Stellen. Gem.-Vorst.: Müller. Gerichtssprengel: Glogau. Amts- und Standesamtsbezirk: Nr. 20 Obisch . 1 kath. Kirche. Pfarrr und Geistlicher Rath: Grunwald. Caplan: v. Kobilewsky. 1 kath. Schule. Lehrer: Friedrich. Adjuvant: Sauer. Ev. Kirche und Schule in Gramschütz. 1 Wind- und 4 Wassermühlen. 1 Königl. Gescälstation. 1 Ziegelei. 1 Brauerei. 2 Schänker: Schön und Ober. 2 Krämer: Geschwister Rimke, Dittebrand, Bezirks-Gendarm: Friedel
Auszug aus dem Adressbuch von 1887

Marienquell

Quilitz gleich Quelldorf.

Gesamtansicht von Marienquell

Die freundlichen Gehöfte des wasserreichen Dorfes gruppieren sich um eine wohlerhaltene Kirche mit reicher Deckenmalerei und einem Torhause. Sie war ehemals im Besitze des Saganer Augustinerklosters.

Der Ort liegt in der Oderebene südlich von Glogau, an den Chausseen Glogau — Heerwegen und Gramschütz — Hermsdorf. Sein heutiger Name ist Kwielice. Im Westen erhebt sich das Katzengebirge. Auf der Landstraße sind es 10 km bis Glogau, durch den Wald, der den Namen „Tinels Gericht" führt, etwa 7 km. Den Namen führt der Wald nach dem Scharfrichter Tinel, der hier seine Gerichtsbarkeit ausübte und seinen Galgen stehen hatte. Die Gehöfte des wasserreichen Dorfes gruppieren sich um die Kirche, die in der Architektur die verschiedenen Stilelemente aus der Zeit ihrer Erbauung aufweist und im Innern Barockcharakter trägt mit reicher Deckenmalerei und einem Torhause. Die Kirche war ehemals im Besitze des Saganer Augustinerklosters. Das Pfarrhaus trägt noch Abzeichen und Inschrift der Augustinerherren von Sagan.
Quilitz gleich Quelldorf, seit 1253 mit deutschem Recht ausgestattet, gehörte zum Archipresbyteriat Glogau. 1343 erhielt die Stadt Glogau durch Kaiser Karl IV. ein Privileg über die Lehnscholtisei zu Quilitz. Für Heinrich von Haugwitz auf Kleinobisch wurde Anfang des 17. Jahrhunderts ein Figurengrabmal errichtet, deren es im Umkreis viele gab. Quilitz blieb von der Kircheneinziehung unberührt, es blieb katholisch. Am 1. September 1813 besetzte preußisches Militär unter Graf Henckel von Donners-marck den Ort.
Die Einwohnerzahlen: 1756 = 429
1845 = 707
1858 = 672
1890 = 509
1910 = 547
1913 = 520
1930 = 516
1936 = 530
1940 und 1943 = 540
.

Missionsvikar Eduard Müller

Ein berühmter Sohn des Ortes war Eduard Müller, geboren am 15. November 1818 als Sohn des Erb, Lehn- und Gerichtsschulzen August Müller und seiner Ehefrau Magdalene geb. Pietsch. Der Müllersche Hof war ehedem ein Lehen des Herzogs, wahrscheinlicher des Klosters von Sagan. Eduard Müller besuchte in Glogau das katholische Gymnasium und studierte an der Breslauer Universität Theologie. Am 15. April 1843 wurde er zum Priester geweiht und feierte am 2. Sonntag nach Ostern in seiner Heimatgemeinde Quilitz seine Primiz. Nach seinen ersten Priesterjahren als Religionslehrer in Löwenberg und Sagan ging er 1852 als Missionsvikar ach Berlin. Hier und in der Mark Brandenburg sowie in Pommern wirkte er segensreich.
In all den Jahren seiner Berliner Wirksamkeit als Religionslehrer der katholischen Gymnasiasten, als Reichstagsabgeordneter von 1871 bis 1891, als Gründer und Redakteur des „Märkischen Kirchenblattes" und Kalendermann, als Vereinsgründer und leiter hatte sich Eduard Müller nicht nur eine überragende, sondern auch eine führende Stellung in Berlin geschaffen. 1891 verließ er Berlin wieder und ging nach Breslau, von hier nach Neiße, wo er am 6. Januar 1895 starb. Seine letzte Ruhestätte fand er aber in Berlin, wo er am 11. Januar auf dem Friedhof der St. Hedwigsgemeinde bestattet wurde. Seine Gebeine wurden dann 1920 in die neue St.EduardKirche in Berlin-Neukölln überführt.

Quilitz wurde in den dreißiger Jahren in Marienquell umbenannt.

Gruß aus Marienquell – verschiedene Dorfstraßenansichten
Quilitz: Pfarrhaus, Kirche u. Schule, Dorfstraße, Kolonialwarenhandlung von Joh. Winsker
Gruß aus Marienquell – Gesamtansicht -
Quilitz: Kath. Kirche mit Schulhaus, Pfarrhaus, Villa Pohl , Dorfstraße

Die Gemeindeverwaltung setzte sich 1943 wie folgt zusammen:
Bürgermeister: Josef Roll
Beigeordnete: Bauer Alfons Triebs und Bauer Bruno Nitschke;
Gemeinderäte: Straßenmeister Paul Stettin, Bauer Robert Hoffmann, Landwirt Ewald Fiedler, Stellmachermeister Paul Wenske und Landwirt Alois Hirsch
Kassenwalter: Bauer Robert Hoffmann
Schiedsmann: Josef Rolle
Der Ort gehörte zum Amtsbezirk Obisch. Amtsvorsteher war Bernhard Woyth. Gerichtlich war das Amtsgericht in Glogau zuständig. Am Ort befand sich eine katholische Kirche. Die evangelischen Gemeindemitglieder hatten ihre Kirche in Gramschütz. Die Schule am Ort wurde von den Lehrern Kurt Heckelt und Franz Paul betreut. Im Ort gab es zwei Gaststätten, den Gasthof „Zum goldenen Frieden", Besitzer Alois Wenske und den Gasthof „Zum Hirsch an der Quelle", Besitzer Emil Hirsch. An Vereinen gab es die Freiwillige Feuerwehr und die Kriegerkameradschaft. Rg.

GRENZÜBERSCHREITUNG

Ein Baum
an einem Zaun
ein Ast
ragt in des Nachbars
Gartenraum
doch welches Glück
den kümmert‘s nicht.
Werner Gille

Marienquell – Dorferinnerungen

v. Adelheid und Agnes Heilscher

Deutsche Dorfgründungen

Als älteste deutsche Kolonien, die sich durch Urkunden belegen lassen, kommen im Kreise Glogau etwa 30 Dörfer in Betracht, darunter Quilitz.

Quilitz = Quelldorf (weil es in Quilitz mehrere Quellen gibt wird die Namensgebung auch darauf zurück geführt).
1253 wird das bereits zu deutschen Recht ausgesetzte Dorf Quelici durch einen Teil von Dyrgove vergrößert.
1297 Quelicz
1305 Quelitz
Im 13. Jahrhundert gab es in Quilitz ein Lehnschulzen. Zu den wichtigsten Amtsgeschäften der Schulzen gehörte der Vorsitz in den Dorfgerichten und die Verpflichtung, von den Dorfbewohnern die Abgaben für die Herrschaft einzuziehen und beizutreiben. Mit der fortschreitenden deutschen Kolonisation wuchs allmählich auch die Zahl der Pfarreien. Die Deutschen waren gewöhnt, in jedem Dorf eine Pfarrkirche zu besitzen. Die ansehnliche Vermehrung der Pfarreien macht unter dem Bischof Lorenz (1207 - 1232) die Einrichtung des Glogauer Archidiakonats notwendig, zu dem auch Quilitz gehörte.

In einer Urkunde des Bischofs Johann von Breslau aus dem Jahre 1297 wird Fredricus (plebanus) Quelicz als Zeuge erwähnt.

Gruß aus Quilitz 1907
Bäckerei, Gasthaus, Bes. Paul Leuschner,
Kirche, Schule, Molkerei
Gruß aus Quilitz 1913
Kirche, Pfarrhaus, Dorfansicht

Die Zeit der Gegenreformation

Seit der Mitte des 16. Jahrhundert hatte sich der Landadel des Fürstentums Glogau größtenteils der Lutherischen Lehre zugewandt.
Dagegen blieben die dem Glogauer Domstift, dem Klarissenkloster und dem Saganer Augustinerstift zugehörigen Dörfer Hochkirch, Niederschrepau, Gurkau, Sieglitz, Görlitz, Gusteutschel, Moßwitz, Sabel, Kosiadel, Klautsch, Lerchenberg, Rabsen, Quilitz und Klopschen fast durchweg katholisch. Von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts waren allein aus dem Kreise Glogau mehr als 30 Kirchen in die Hände der Evangelischen gefallen.

In einer unruhevollen Zeit vor dem dreißigjährigen Krieg berichten die handschriftlichen Annalen von einem Raubzuge durch die Dörfer um Glogau:
Im September 1610 kamen 500 Mann zu Ross und zu Fuß nach Jätschau, Rauschwitz und Quilitz und lagen vom 21. bis 25. in den Dörfern, wobei sie den Untertanen großen Schaden zufügten. Zu Quilitz haben die Bewohner den Hunden Gänse in Milch zubereiten müssen.
Von hier aus zogen sie nach Nilbau, Brostau und Gusteutschel und endlich nach Waltersdorf. Es waren alles einheimische Edelleute und Hungerleider, welche da und dort viele Wagen mit Habe und anderen Sachen, die sie den Bauern abgenommen hatten, nach Hause schickten.
Neben solchen Räubereien waren auch gefährliche Körperverletzungen und sogar Mordtaten damals nicht selten.

Der Ausgang des 16. Jahrhunderts und das ganze 17. Jahrhundert ist die Zeit der Figurengrabmäler, an denen die Dorfkirchen des Glogauer Landes überaus reich sind. Der im Fürstentum ansässige Adel ließ seine Toten in den Grüften der Dorfkirchen begraben, in denen er eingepfarrt war.
in Quilitz befindet sich ein Grabstein des Ritters Heinrich von Haugwitz auf KleinObisch †1598 mit der Figur des Verstorbenen in Lebensgröße.
Inschrifttafel für Anna Fabian † 1618, Mutter des Pfarrers Johannis Pauli zu Quilitz; mit kleinen Relief, den Crucifixus mit Johannes und Maria darstellend; zerbrochen. Die Gruft war noch erhalten bis in unsere Zeit, es waren auch von KleinKauer die Gutsherren von Merkatz beigesetzt.

Rückzug von Kaiser Napoleon 1812

In der Nacht des 12. Dezember kam der flüchtende Kaiser selbst in eiliger Schlittenfahrt nach Glogau. Da zu dieser Zeit gerade der Glogauer Jahrmarkt stattfand, konnte der Kaiser im "Deutschen Haus" am Markt kein Unterkommen mehr finden und ließ den Schlitten sofort nach dem Schlosse zurückfahren, um hier zu nächtigen. Schon nach einer Stunde ließ er, von innerer Unruhe gepackt, den Schlitten wieder anspannen und jagte, von 70 Reitern begleitet, bei hohem Schnee und bitterer Kälte weiter in Richtung Polkwitz (Heerwegen). Der Schlittenführer verfehlte in Jätschau (Friedenshagen) die Abzweigung der Heerstraße und befand sich plötzlich in Quilitz.
Im Schulhaus, in dem gerade ein Kind geboren wurde, war noch Licht. (Das Kind war der spätere Pfarrer Robert Großmann von Jätschau, auf dessen Grabstein an der Ecke der Kirche der Geburtstag als der 12. 12. 1812 zu lesen ist). Ein Müllerbursche führte den Schlitten des Kaisers nach Jätschau zurück und geleitete ihn so auf den rechten Weg.
Er erhielt vom Kaiser ein Goldstück mit dem Bild des Kaisers. Die alte Heerstraße nach Polkwitz führte damals über Schmarsau (Vogtshagen) und Bansau und hieß die Kaiserstraße oder die Napoleonstraße. Infolge des hohen Schnees und der herrschenden Kälte blieb der größte Teil des Reitergefolges unterwegs zurück, so dass in Haynau nur ein einziger Reiter mit dem Kaiser eintraf.

Ein Ereignis, das der Weltkrieg im Gefolge hatte, muss noch erwähnt werden: Herausgabe der Glocken!
Es wurden drei Glocken abgeliefert, welche im Juni 1917 von Schmiedemeister Albert Hein zerschlagen und herunter getragen wurden.
Darunter befand sich eine Glocke aus dem Jahr 1406. Übrig blieb die kleine mit Inschrift: Angelus (Engel des Herrn) Agnus Dei (Lamm Gottes) mit der Jahreszahl 1753, diese wurde immer zur Wandlung geläutet. Im August 1924 bekamen wir drei neue Glocken. Die vom Bahnhof In Gramschütz abgeholt und am Ortseingang feierlich in Empfang genommen wurden.
Für die Pfarrgemeinde war es ein großer Festtag. Eine Glocke wurde St. Michael, die zweite St. Marien und die dritte St. Josef geweiht.
Die St. Michaelisglocke war die größte, sie wurde den Gefallenen des Weltkrieges 1914/18 gewidmet und nach dem Hauptgottesdienst an den Sonntagen zu deren Gedenken geläutet.

Im zweiten Weltkrieg, am 18. 02.1942 mussten die Glocken erneut abgegeben werden, welche zu Kriegszwecken eingeschmolzen werden sollten.
Die Öffnung im Turm musste vergrößert werden, um die Glocken herunter zu bringen.

Die geographischen Grundlagen von Quilitz

Der Ort liegt seitlich der Oderebene, zwischen 107 und 125 m über dem Meeresspiegel, südlich von Glogau. Im Westen erheben sich die Dalkauerberge (Katzengebirge), im Norden die Görlitzer, im Süden die bealdeten Obischer Höhen. Nach Osten hin öffnet sich in Richtung Gramschütz der Talkessel zum breiten Odertal. Quilitz ist ein langgestrecktes Dorf. Die Gehöfte sind überwiegend an den äußeren Seiten der beiden Dorfstraßen aufgereiht. Im Zentrum steht die kath. Kirche, um sie herum dehnt sich der Kirchhof aus. Östlich davon schließen sich die Schule und das Feuerwehrhaus an. Letzteres wurde einfach Spritzenhaus genannt. Gegenüber liegen das Pfarrhaus und die Erbscholtisei.
Westlich des Kirchhofs befinden sich der Laden von Illmann und der Gasthoff zum Goldenen Frieden. Die Einwohner waren zu 95 % katholisch. Das Quilitzer Kirchenspiel hatte 1000 Seelen. Dazu gehörten die Dörfer Görlitz, Tauer, Klein Kauer, Klein Obisch, Groß Obisch und Groß Schwein.
Die kath. Kinder aus diesen Orten mussten in Quilitz die Schule besuchen. Die evang. Bewohner waren in Gramschütz eingepfarrt, ihre Kinder gingen nach Klein Obisch zur Schule.
Die Existenzgrundlage beruhte vorwiegend auf der Landwirtschaft, hauptsächlich auf dem Anbau von Zuckerrüben und Getreidesorten, wie Weizen, Roggen, Gerste und Raps. Die anfallenden Rüben kamen zur Verarbeitung in die Zuckerfabrik Zarkau (Urstetten).
Die Rübe gilt als äußerst arbeitsintensiv. Dies war damals Angelegenheit der Frauen, angefangen vom Vereinzeln der jungen Pflanzen bis zum Roden mit einer speziellen Gabel.
Wie die üben – so wurde auch die Kartoffelernte allein von den Frauen erledigt. Heute gibt es Maschinen, die die gesamte Arbeit – von der Aussaat bis zur Ernte – übernehmen.
Der starke Hackfruchtbau führte zwangsläufig zur Viehhaltung, da Rübenblätter und Schnitzel verwertet werden mussten. Zusätzlich hat man noch Futter auf dem Acker gewonnen, z. B. durch Rotklee und Luzerne, sowie durch Zwischenfruchtanbau.
Durch die Einführung der PflichtMilchkontrolle kamen die Leistungsprüfer in regelmäßigen Abständen in alle Betriebe, um die Milchmenge und den Fettgehalt einer jeden Kuh festzustellen.
Man hatte in unserem Raum wie in Schlesien nur schwarzbuntes Niederungsvieh.
Trotz ständiger Zunahme der Motorisierung in der Landwirtschaft blieb doch die Liebe zum Pferd erhalten. Für den schweren Rübenboden zog man das rheinisch deutsche Kaltblutpferd heran, für die Bearbeitung der mittleren Böden das Oldenburger Pferd. Die Deckstation befand sich in Gramschütz.
Der Kartoffelanbau ermöglichte Schweinemast und zucht. Wenn auch die Nachfrage von außen in den Kriegsjahren stark zugenommen hatte, so konnte doch bis Ende des Krieges der Bedarf gedeckt werden. Auch Federvieh, Hühner, Enten, Gänse und Tauben bevölkerten den Hof.
Quilitz war ein wasserreiches Dorf. Darauf deutet auch sein Name hin. In der Gemarkung QuilitzSchmarsau (Vogtshagen) befand sich das Quellgebiet unseres Dorfbaches. Um die Wassermühlen zu versorgen, teilte man den Bach bei Priefer (Stock) in zwei Arme. Früher gab es vier Wassermühlen im Dorf. Es waren folgende: Obermühle Priefer; Spittelmühle Heilscher; Mittelmühle Hirsch; Untermühle Hoffmann.
Hinter diesen Mühlen, haben sich die Bäche wieder vereinigt und flossen in Richtung Gramschütz.

Blaschke gibt für einzelne Jahre die Einwohnerzahlen von Quilitz an
  1756:   429 Einwohner,
  1845:   707 Einwohner,
  1858:   672 Einwohner,
  1890:   509 Einwohner,
  1910:   547 Einwohner.

Gruß aus Quilitz 1915
Schule, Dorfstraße, Paul Leuschner’s Gasthof
Gruß aus Görlitz bei Glogau
Totalansicht
Gasthof Zum Hirsch, Linke’s Gut

Kurz vor dem zweiten Weltkrieg zählte das Dorf 580 600 Einwohner. Die Verteilung und Größe der landwirtschaftlichen Betriebe ergab folgendes Bild:
- Erbscholtisei (siehe eigenen Bericht)
- Hof von Josef Bartsch 51 ha.
- 29 Betriebe von jeweils 10 - 32 ha.
- Stellenbesitzer unter 10 ha.
- Häuser mit geringem Landbesitz.

Der Weg nach Glogau über die Berge Görlitz, Tauer, Sieglitz und Gurkau war 9 km und der über Gramschütz 12 km lang.
Die Entfernung von Quilitz zum Bahnhof nach Gramschütz betrug 6 km. Ab 1927 verkehrte an den Markttagen dienstags und freitags der Postbus von Glogau über Gurkau, Sieglitz, Tauer, Görlitz und Quilitz nach Klein Obisch. 1928 fuhr der Bus täglich, ab 1929 zweimal täglich mit Ausnahme von Sonnabend und Sonntag. Eine zusätzliche Buslinie wurde Dienstag und Freitag über KleinSchwein und Pinquart bis Suckau eingerichtet.
Das Postamt für Quilitz war in Gramschütz. Der Briefträger kam jeden Vormittag aus dem 3 km entfernten Gramschütz schwer bepackt mit dem Fahrrad und teilte die Post aus. Größere Pakete wurden nicht zugestellt, sie mussten vom Postamt abgeholt werden.
In den Jahren 1918/19 erhielt Quilitz seine erste Poststelle bei Rösner. Danach übernahm sie Karl Hauke, und von 1936/37 bis zur Vertreibung Paul Stettin.
Quilitz gehörte zum Landjägereiposten Gramschütz. Inhaber des Postens war Franz Hohensee.
Von 1919 - 1931 pachtete Albert Schroeter die Gemeindejagd. Danach teilten sich Josef Rolle, Clemens Jakob, Reinhard Reiche die Jagd bis zur Vertreibung. Alljährlich fand im Dezember die Treibjagd statt.

Tinels Gericht

Verfolgt man von der Torstenson-Linde bei Gurkau den Weg in südlicher Richtung an den ehemaligen Militär-Schießständen vorbei, so gelangt man zu einem durch mehrere Findlinge gekennzeichneten Punkte, die Halbe Meile genannt; von hier aus führt ein Weg links hinab nach Tauer und geradeaus nach einer westlich an dieses Dorf sich anschließenden Waldpartie, welcher der Volksmund die Benennung „Tinels Gericht“ beigelegt hat. Ist der Tradition zu trauen, so findet man hier ein Seitenstück zu (Heinrich von Kleists) „Michael Kohlhaas“, wonach ein Landmann in einer finsteren despotischen Zeit vergebens sein Recht gesucht (hat), zum Verbrecher wurde und an dem genannten Orte seine Hinrichtung erfolgte.
Eine andere Sage lässt den Tinel, einen Sohn achtbarer Glogauer Bürgersleute, zum Räuber werden, der, als solcher eingefangen, an jener Stelle durch Aufhängen seine wohlverdiente Strafe für seine Untaten erhielt.

Der Teufelsstein bei Quilitz

Eine Meile von Glogau entfernt befindet sich das freundliche Dorf Quilitz; es hat durch die Anhöhen in seiner Nähe eine romantische Lage, und eine uralte Sage wird von einer dieser Anhöhen erzählt.
Der böse Geist ließ sich auf dieser Anhöhe nieder und schaute sich um; ihn verdross es, wie die Landschaft ringsum so schön und friedlich vor ihm lag, denn er hatte nur Freude an Verwüstung und an der Verderbnis der Menschen; hier aber sah er auf zahllosen Bäumen und den mächtigen Flächen von Äckern üppig schwellende Früchte jeglicher Art, er sah die wogenden Kornfelder und die grünen Wiesenteppiche mit den zahlreichen weidenden Herden. Groß war die Zahl der Dörfer, deren fleißige Bewohner sich des reichen Segens des Herrn erfreuten, und hoch empor ragten die Gotteshäuser, in welchen sie ihm dankten, ihn verehrten und um ferneren Segen baten.
Wegen dieser vielen Gotteshäuser aber, die der böse Geist um sich sah, so weit seine Blicke schweiften, und die seine böse Saat mehr und mehr auszurotten bestimmt waren, ergrimmte er endlich so gewaltig, dass er beschloss, die ihm zunächst stehende Kirche zu zerschmettern.

Ein mächtiger Stein lag in seiner Nähe, mit überirdischer Kraft erhob er denselben, um ihn nach dem Gegenstande seines Zornes zu schleudern. Da aber wurde der ungeheure Felsblock in seinen Klauen weich und leicht wie ein Federball. Hierdurch das Nutzlose seines Wurfes einsehend, ließ er den Stein wieder zur Erde fallen, und dieser schlug mit seiner ganzen früheren Schwere und Härte tief in den Boden ein.

Noch einmal ergriff ihn der Böse, um sein Werk zu vollbringen, jedoch derselbe Misserfolg! Aber immer noch wollte er die wunderbare geheime Macht nicht anerkennen, die ihm so unendlich überlegen war, und er ergriff zum dritten Male den Stein. Jetzt aber schmolz ihm dieser förmlich zu Brei, schlug aber dann wieder sogleich mit all seiner Last donnernd in den Boden ein. Der Wille des Bösen war gebrochen, und zornsprühend verschwand er in den Lüften.

Die Feenstweiber im Butterberge bei Klein Kauer

Etwa 700 m nördlich vom Dominium Klein Kauer durchschneidet der Weg einen Berg, „Butterberg“ genannt, welcher mit Mischwald bestanden und am Wege wegen der Entnahme von Boden zum Wegebau uneben und zerklüftet ist. Auf dem Gipfel steht ein auf dem Messtischblatt Glogau Nr. 2484 mit der Höhenzahl 199,4 bezeichneter Dreieckspunkt.
An dieser Stelle soll es umgehen, sagt der Volksmund und erzählt darüber unter anderem von einem Knecht aus Quilitz, der folgendes Erlebnis hatte. Als er eines Tages am Butterberge ackerte, hörte er im Berge ein Geräusch, wie wenn in einem Backtrog mit der „Trogkratze“ der Teig zusammengekratzt würde und schloss daraus, dass die Bewohnerinnen des Berges, die Hexen oder Feenstweiber, beim Kuchenbacken waren. In seinem Übermut rief er: „Nu, wenn’r do unten immerzu backt, do backt mer do au amol an Kuchen mit.“

Zu seinem nicht geringen Schrecken sah er mittags, als er mit seinen Pferden wieder aufs Feld kam, auf dem Pfluge einen Kuchen liegen. Beim Herabschieben vom Pfluge zerbrach er und sah inwendig „sehr unappetitlich“ aus. – Nach einer anderen Quelle war er obenauf mit Blut befleckt. – Da packte den Knecht die Angst, er schwang sich aufs Pferd und jagte mit dem Gespann, so schnell die Pferde laufen konnten, ins Dorf, verfolgt von den Feenstweibern. Diese holten ihn aber erst im Dorfe ein, wo sie ihm nichts mehr anhaben konnten. Und so kam er ohne Schaden davon.

Nach einer anderen Sage ging in Quilitz eines Tages eine Wöchnerin an den Bach, um Wasser zu holen, und wurde seitdem nicht mehr gesehen. Die Feenstweiber hatten sie in den Butterberg entführt. Da beschloss die Geistlichkeit, sie zu retten und fuhr mit den „Heiligtümern“ nach dem Butterberge. Die Feenstweiber wurden bezwungen und mussten die Frau herausgeben. Dem Kutscher des Wagens wurde streng verboten, sich auf der Rückfahrt umzusehen. Als sie aber zu der Furt in dem Graben kamen, der von Klein Kauer kommend nach Quilitz fließt, vergaß er das Verbot und drehte sich um. Sofort verschwand die gerettete Frau und kehrte nie mehr zurück. Nur des Nachts soll sie noch manchmal ihr Kind besucht haben.