Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 2, Februar 2020

Erinnerungen an das Heimatdorf Laubegast

mit den Ortsteilen Rodenheide früher Goile), Sperlingswinkel und Kolonie Eichberg

Fortsetzung aus NGA 1/2020

Laubegast

Laubegast ist durch seine herrliche Lage am Schlesiersee sehr bekannt geworden. Laubegast hatte 170 Einwohner, lag 2,5 km von der Stadt Schlesiersee entfernt und direkt am See. Es war von Schlawa-Schlesiersee durch eine sehr schöne, 1926 von der Tiefbaufirma Heinrich Krause (Freystadt) erbaute Straße zu erreichen, welche eben und gerade von Schlesiersee nach Laubegast führte. Ausflügler und Fußgänger konnten auch jenen Waldweg benutzen, der von Schlesiersee durch den Park führte, am Strand von Schlesiersee vorbei und immer durch einen schattigen Kiefernwald mit herrlichem Blick auf den See, vorbei an Jugendherberge und Arbeitsdienstlager, nach Laubegast.

Der Ort bestand zu 90 Prozent aus bäuerlichen Betrieben; der kleinste Bauer hatte 7,5 Hektar und der größte Betrieb, die „Erbscholtisei", 60 Hektar. Im Jahre 1887 war unser Ort von einem Brand heimgesucht. Diesem fielen zum Opfer sämtliche Gebäude der Bauern Hermann Weiß, Eckert und Emil Bruse. Ferner brannten 1918 durch Blitzschlag die Scheunen von Hermann Tartsch, Hermann Büttner und Hämmerling nieder.

Im Ort war eine Schmiede mit Hufbeschlag, die sehr gut beschäftigt war. Der damalige Besitzer, Erdmann Hoffmann, versorgte nicht nur Laubegast, sondern auch das Bauerndorf Goile sowie die drei Vorwerke Goile, Ohneiche und Krempine. In den zwanziger Jahren wurden die Vorwerke für vertriebene Bauern aus der Provinz Posen aufgesiedelt. In unserem Dorf wohnten auch acht Familien, deren Ehemänner als Maurer und Zimmerleute bei Baufirmen in Schlesiersee beschäftigt waren. Im Ort war auch der Bürstenmacher Wilhelm Bergs ansässig. Er war im ganzen nördlichen Kreisgebiet von Glogau bekannt, lieferte seine Ware, bestehend aus Besen, Schrubber, Handfeger und aller Art von Bürsten, an viele Haushalte, Güter, Brennereien und Molkereien. Bis in die zwanziger Jahre betrieb dieser Bergs auch noch das einzige Kolonialwarengeschäft am Ort. Unser Ort besaß auch noch eine Mühle mit Bäckerei, die von Norbert Günter betrieben wurde. Diese Windmühle war an Goile anliegend, gehörte jedoch katasteramtlich gesehen zu Laubegast. Die Erbscholtisei mit Gastwirtschaft wurde vor dem ersten Weltkrieg von einer Familie Hauffe betrieben. Danach von einer Familie Tokawicz, die nach dem ersten Weltkrieg nach Polen zurückging. Dafür kam die Familie Oltmanns aus dem Kreise Wollstein (Posen) nach Laubegast und betrieb Gastwirtschaft und Landwirtschaft bis zur Vertreibung 1945.

Unser Ort gehört, kirchlich gesehen, nach Schlesiersee, und zwar für beide Religionen. 85 Prozent der Einwohner waren evangelisch, und 15 Prozent gehörten dem katholischen Glauben an. Unseren Konfirmandenunterricht hatten wir in den letzten beiden Schuljahren auch in Schlesiersee. Den Unterricht erteilte uns Pfarrer Graetz. Auch zur Christnacht am Heiligen Abend gingen wir nach Schlesiersee. Diese Andacht wurde immer um 17 Uhr gehalten. Danach beeilten wir uns aber, sehr schnell nach Hause zu kommen, um unsere Geschenke unter dem Weihnachtsbaum freudig in Empfang zu nehmen und dann unsere bekannten schlesischen „Mohnklösel" zu verspeisen.

Wie Schlesiersee war auch Laubegast bis in die zwanziger Jahre ein ruhiges Bauerndörflein, bis in jener Zeit der See für den Wassersport und den Badebetrieb entdeckt und auch kräftig genutzt wurde. Die Gastwirtschaft von Oltmanns mit ihrem großen schattigen Garten, welcher direkt an den See grenzte, tat alles, um den Fremdenverkehr zu heben.

Badekabinen wurden gebaut, ein 80 Meter langer Landungssteg wurde in den Grund des Sees gerammt, damit das Motorboot von Schlesiersee anlegen und damit Gäste auf das Wasser bringen und auch mitnehmen konnte. Paddel- und Ruderboote wurden angeschafft für die Ausflügler, und mit jenen Booten konnte man so manche stille und idyllische Ecke auf dem See aufsuchen. Im großen Garten am Strand entstand auch in jener Zeit das Strandhaus, und so mancher Heimatfreund wird sich auch heute noch gern erinnern, der hier als junger Kavalier mit dem Blick auf den See sein Tanzbein geschwungen hat und in den Armen seine holde Partnerin hielt. Am Ortseingang von Laubegast entstand auch in den zwanziger Jahren eine kleine Gaststätte „Waidmannsruh", welche später von der Familie Günzel ausgebaut und erweitert wurde. Im Sommer herrschte Hochbetrieb am See. Viele Gäste kamen von Glogau, Neusalz und Grünberg per Bahn, Auto und Fahrrad. Außer den zwei Gaststätten gaben zwölf Haushaltungen Zimmer für Übernachtungen an Sommergäste ab. Viele Familien aus Schlesien und Berlin verbrachten in unserem Ort ihren Urlaub. Die Hausbesitzer untereinander wetteiferten mit Blumenschmuck und gepflegten Häusern, dem Ort ein einladendes und freundliches Aussehen zu geben. Die Bewohner des Dorfes insgesamt bildeten eine freundliche, friedliche Gemeinschaft, die auch bei Veranstaltungen mitwirkte und stets dabei war. In unserem kleinen Dorf waren Namen zu finden wie Weiler, Bruse, Büttner, deren Vorfahren bis ins 17. Jahrhundert verfolgt werden konnten.

Die Verwaltung der Gemeinde lag bis 1910 in den Händen des Erbscholtiseibesitzers Karl Hauffe. Danach übernahm Wilhelm Seiler die Amtsgeschäfte bis 1914. Nachfolger wurde Wilhelm Bruse bis 1918. Danach übernahm Hermann Wittich die Amtsgeschäfte, bis er im Jahre 1929 starb. Neugewählt wurde nun als Bürgermeister Otto Bruse. Er amtierte bis zu seinem Tode 1943. Infolge Zusammenlegung der drei Gemeinden Laubegast, Goile und Sperlingswinkel übernahm Gustav Jokisch den Posten als Bürgermeister bis zur Flucht 1945. Unser letzter Schullehrer kam nach dem ersten Weltkrieg nach Laubegast aus der Provinz Posen und unterrichtete hier bis zur Vertreibung 1945. Lehrer Geß war sehr bemüht, mit uns Schulkindern auch im Ort etwas zu bieten; so organisierte er im Sommer Schulfeste, und in der Weihnachtszeit veranstaltete er einen Weihnachtsabend mit den Schulkindern für die Eltern. Es wurden Gedichte vorgetragen, Lieder gesungen und Theaterstücke gespielt. Lehrer und Kinder gaben das Beste her, um Eltern und Gästen zu gefallen. Ende der zwanziger Jahre baute Bruno Schönknecht am Ortsrand in Richtung Schlesiersee ein Haus. Hierbei stieß man auf vorgeschichtliche Urnengräber. Dieses Gräberfeld wurde von Lehrer Geß in Verbindung mit der Landesdenkmalspflege Breslau mit viel Liebe und Sorgfalt freigelegt und geborgen. Die großen Urnen enthielten die Asche der Verstorbenen und waren aus Ton gebrannt. Dazu gehörten noch je Grab etliche kleinere Beigefäße. Jene Gräber stammten aus der Bronzezeit, denn man fand hier bronzene Speerspitzen und auch Kleidernadeln aus dem gleichen Material.

In unserem Dorf gab es auch eine Feuerspritze aus dem Jahre 1864. Auf der einen Seite der Spritze war groß aufgeschrieben: Spritzenverband „Laubegast-Goile und Aufzug" mit der Jahreszahl 1864. Im Jahre 1928 kam nun an einem Wochentage der Kreisbrandmeister in Uniform mit Kaiser-Wilhelm-Schnauzbart unangemeldet, die Feuerspritze nebst Pflichtfeuerwehr in Augenschein zu nehmen. Es wurde gemächlich Feueralarm geblasen, und noch gemächlicher kamen die Pflichtmänner an. Der Kreisgewaltige setzte natürlich gleich mit einem Donnerwetter über die Organisation ein. Die zweite Pleite gab es, als man nun mit der alten Spritze spritzen wollte. Die Schläuche waren defekt, und der bescheidene Wasserstrahl ging nur drei Meter hoch. Das Ergebnis dieser Übung war: Laubegast bekam eine neue Motorspritze. Unter Brandmeister Otto Seiler wurde die aus 25 Mann bestehende schlagkräftige Freiwillige Feuerwehr gegründet.

Im Jahr war viermal in Schlesiersee Pferde- und Krammarkt. Hier zog jung und alt hinein, um die vielen Buden auf dem Markt zu bewundern und auch als Kind von der Mutter etwas gekauft zu bekommen.

Als Schulkinder hatten wir in Laubegast immer unseren schönen Zeitvertreib. Im Sommer tummelten wir uns im See herum, bauten uns aus einem alten Schweinetrog ein Boot, ausgerüstet mit Steuer, Spitze und Paddeln. Auf dieses Boot waren wir als Kinder sehr stolz. Im Winter, wenn der See zugefroren war, fand man uns mit Schlitten und Schlittschuhen auf dem Eis. Wir machten dann Ausflüge bis zum großen Werder oder nach Schlesiersee beziehungsweise Rädchen. Für uns war dies immer eine große Freude. In unserem Dorf wohnten die Brüder Paul und Emil Scharke. Selbige waren Junggesellen und immer zu großen Spaßen aufgelegt, was zur Aufheiterung des Dorfes beitrug. Paul war gelernter Fleischer und ging daher als Hausschlächter. Eines Tages lud er seine Skatbrüder wieder einmal zu einem zünftigen Abend ein. Da er im ersten Weltkrieg Militärkoch war, servierte er an diesem Abend einen sehr schmackhaften Karnickelbraten. In vorgerückter Stunde zeigte er seinen Gästen das Katzenfell von dem gerichteten Braten, was natürlich bei den Essern zu einer Rebellion führte, aber es war geschehen und gab im Dorf viel zu lachen.

Der eingangs erwähnte Bürstenmacher Bergs wollte mit seinem Geschäftsbetrieb auch damals schon fortschrittlich sein und machte daher an sein Hoftor eine Klingel mit der Aufschrift: „Wer Bürsten will, muss klingeln." Jene Aufschrift wurde damals zweideutig ausgelegt und war daher bald wieder verschwunden. Die 15- bis 20jährigen Burschen des Ortes waren auch zu allerhand Jungenstreichen aufgelegt. Jener Wilhelm Bergs hatte für seine kleine Landwirtschaft einen alten abgemagerten Rappen. Hier machten sich die Burschen aus dem Dorf bei und hatten den Rappen in der Nacht weiß gestrichen, und somit fand Bergs am nächsten Morgen einen Schimmel vor.

Im Dorf war damals noch als etwas sonderbar zu bezeichnen der Hermann Weidner mit Vollbart. Er betrieb seine kleine Landwirtschaft, war gelernter Maurer und Ortssteuererheber. Auch ihm spielten die Burschen gern Streiche. So deckten sie ihm den Schornstein oben mit Brettern ab. Am nächsten Morgen verqualmte die ganze Wohnung, da der Schornstein keinen Zug hatte. Die ländliche Bevölkerung hatte zu damaliger Zeit ihr „stilles Örtchen", bestehend aus einem Holzhäuschen, auf dem Hof an einem Stallgebäude zu stehen. So auch unser lieber Hermann Weidner. Die Burschen des Ortes passten im Hinterhalt nun auf, wie jener Hermann Weidner auf den Abort ging, eilten herbei, kippten das ganze Häuschen samt Weidner nach vorn auf die Tür. Im Häuschen ging ein lautes Geschrei los, und Nachbarn befreiten dann den Gefangenen aus der misslichen Lage.

H. Eckert

Das Dorf Laubegast (Lubogoszcz)

Geschichtliches von Dr. Martin Sprungala

An der Uferregion am Schlawaer See leben seit Urzeiten Menschen, vor allem vom Fischfang und in geringerem Maße auch schon von der Landwirtschaft. Bei Laubegast hat man aus der Zeit um die Zeitenwende bronzezeitliche Funde der Lausitzer Kultur gefunden, die belegen, dass diese Region schon sehr lange vom Menschen besiedelt wird. Aus dem 3. Jahrhundert wurden hier Relikte aus der Zeit der ostgermanischen Kultur gefunden. Schriftliche Zeugnisse stammen jedoch erst aus sehr viel späterer Zeit.

Die erste Beurkundung im Jahre 1208 nennt das Dorf „villam Lubogosch“, das der großpolnische Herzog, Wladyslaw Odonic, dem Zisterzienserkloster Leubus (Lubiaz) schenkt. Ausgestellt wurde dieses Dokument in Glogau, das damals zeitweise im Besitz der Posener Piasten war.

Im Jahre 1311 wird das Dorf Laubegast unter der Bezeichnung „Lubogost“ in einer Urkunde genannt (KDW 2, Nr.940). In diese unruhige Zeit fällt auch die Gründung der Stadt Schlawa (Slawa) nach Magdeburger Recht. Die Region um den Schlawaer See gehörte zu den zwischen Schlesien und Großpolen umstrittenen Grenzregionen. Das niederschlesische Herzogtum Glogau stand damals auf dem Höhepunkt seiner Macht, die bis nach Posen und Kalisch reichte. Herzog Heinrich (Henryk) III. war als Erbe des böhmischen Königs Václav (Wenzel) I. im Jahre 1305 auch in den Besitz von Großpolen gelangt. Mit seinem Tod im Jahre 1309 stand wieder einer der schwierigen Erbteilungen an, die im Laufe ihrer Geschichte die Macht der Piasten ruiniert hatte. Auch in diesem Fall bestanden die Söhne auf eine Erbteilung, mit den abzusehenden verheerenden Folgen für ihr Staatsgebilde. Das Staatsgebiet wurde nach und nach unter die z.T. noch unmündigen Söhne aufgeteilt und ging in den folgenden Jahren durch Fehden untereinander und vor allem im Kampf gegen die Kujawischen Vetter verloren, wodurch es Wladyslaw III. Lokietek gelang seine Macht erheblich zu erweitern und die seit langem angestrebte polnische Königskrone zu gewinnen. Die Glogauer Piasten haben – mal wieder – ihre historische Chance verspielt.

In diese Übergangsphase nach dem Tod des Herzogs Heinrich III. fällt die erste Erwähnung des Dorfes Laubegast, das zusammen mit dem Nachbarort Gole (= Goile/ Gola) dem Zisterzienserkloster Mariensee (Lacus Mariae) in Fehlen (Wielen, latinisiert Velen) geschenkt wird. Dieses Kloster war im Jahre 1278 von deutschen Mönchen aus Paradies im Raume Meseritz gegründet und das geschenkte Gebiet war mit deutschen Kolonisten besiedelt worden. Dem benachbarten Adel missfiel die herzogliche Gunst an die Kirche seit jeher und immer wieder kam es zu Übergriffen auf klösterlichen Besitz, wie es zur Natur von Raubrittern gehört. Die unbewaffneten und wehrlosen Mönchen und Siedler hatten nur die Chance sich durch die Protektion des Herrschers davor zu schützen, daher wurden immer wieder Klagen an den Herzog eingereicht. Da jener an der Sicherung des umstrittenen Gebietes ebenso interessiert war wie am Gedeihen des Klosterbesitzes schenkte Herzog Heinrich IV. von Glogau dem genannten Kloster diese beiden Dörfer, die zu seinem persönlichen Besitz gehört hatten, um die erlittenen Schädigungen wieder auszugleichen.

Ausgestellt wurde dieses Dokument in dem herzoglichen Dorf Ylegin (= Ilgen/ Lgin), das hiermit auch erstmals urkundlich genannt wird. Unter den Zeugen erscheint auch ein „Thederico de Rechenberg, militibus“, der Soldat Dietrich von Rechenberg, ein Mitglied der späteren Grundherren der Herrschaft Schlawa, zu der auch Laubegast gehören wird.

Der weitere Verlauf der Geschichte teilte dann dieses Grenzgebiet endgültig in eine Zugehörigkeit zu Großpolen oder zu Schlesien. Laubegast wurde schlesisch, während das Klostergebiet zu Großpolen kam. Wann genau und wie diese Grenzziehung erfolgte, ist anhand der Quellenlage nur schwer nachzuvollziehen. Für die Bevölkerung waren diese Jahre eine schwere Zeit. Heftige Regenfälle vernichteten über drei Jahre hinweg die Ernten und es herrschte im Lande Hunger, der soweit ging, dass es zu Fällen von Kannibalismus kam. 1316 folgte dem Hunger eine Pestepidemie. 1335 wird der bis dahin zu Schlesien gehörende Kreis Kosten (Koscian) Teil des Königreichs Polen, vermutlich war das Klostergebiet damals noch umstritten, denn 1336 schenkt der Glogauer Herzog dem Abt und Konvent von Fehlen das große Dorf Swos (= Schwusen) und im folgenden Jahr holen die Mönche vom schlesischen Lehnsherren, dem böhmischen König, die Erlaubnis ein hierher übersiedeln zu dürfen. Dass diese Entwicklung dem polnischen König missfallen musste, ist selbstverständlich. Die Eroberung des Fraustädter Landes im Jahr 1343 durch Kazimierz III. Wielki verhinderte die Übersiedlung. Das Klostergebiet gehörte seitdem zur Wojewodschaft Großpolen, also zum Königreich Polen, während die jüngst erworbenen Güter Laubegast, Goile und Schwusen beim Herzogtum Glogau blieben.

In den folgenden Jahrzehnten schweigen die Urkunden bezüglich Laubegast. Es ist zu vermuten, dass das Dorf wieder zum herzoglichen Besitz zählte. Das Zisterzienserkloster wurde vom polnischen König in der Folgezeit durch verschiedene Dörfer entschädigt, damit es in seiner Existenz nicht bedroht war. 1379 erhielt es das Vorkaufsrecht für das Schulzenamt in Weine. Kurze Zeit darauf (1382) starb die Dynastie der polnischen Piasten aus und Herzog Heinrich VII. Rampold von Glogau nutzte die Gelegenheit, um das Fraustädter Land oder gar ganz Großpolen zurückzuerobern. Er scheiterte und wurde noch nicht einmal von der (deutschen) Bevölkerung im Fraustädter Land unterstützt. Im Jahr 1408 erhielt das Kloster die Dörfer Blotnik, Radomierz, Biala Góra, das Gut Zaborowo und die Stadt Priment (Przemet). Damit war die Orientierung weiter gen Osten abgeschlossen.

Die Geschichte Laubegasts entwickelte sich in eine andere Richtung. Im Jahre 1468 verkaufte Herzog Heinrich XI. die Herrschaft Schlawa an Melchior v. Rechenberg zu Windisch Borau. Ob damals bereits Laubegast dazu gerechnet wurde, ist nicht erwähnt. 1478 kommt es zum letzten Eroberungsversuch des Fraustädter Landes durch den Glogauer Herzog Johann II. von Sagan. 1481 zieht der zum Raubritter degenerierte Herzog auch die Herrschaft Schlawa ein, ehe er dann selber gestürzt wird.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts erreichten die Rechenberger den Höhepunkt ihrer Macht in Schlesien. Die Grundherrschaft ist auf mehrere Zweige der Familie oftmals in Gütergemeinschaft verteilt. Der bedeutendste Mann jener Zeit war Hans von Rechenberg, der Grundherr von Schlawa. Im Grenzgebiet herrscht zu dieser Zeit eine besonders harmonische Phase der Geschichte, denn der piastische Glogauer Herzog Sigismund (Zygmunt I. Stary) ist gleichzeitig König von Polen. Im Jahre 1506 gewährt er Hans von Rechenberg die Bitte auf Verringerung der Abgaben für ihre Güter. Genannt werden: Slave (Schlawa), Stronzeke (Alt Strunz), Redichen (Rädchen), Lobgast (Laubegast), von Windischen Borau und Lynde, ...“ (KDS 24, Nr. 65).

Laubegast wird 1510 von Hans und Nickel von Rechenberg „erblich und ewiglich um 150 und etliche ungarische Gulden“ als Eigengut gekauft. (KDS 24, Nr. 69), woraus man schließen kann, daß Laubegast nicht ab 1468 zum Besitz der Rechenberger gehört hatte, sondern vielleicht nur gepachtet worden war.

Hans von Rechenberg war ein Freund Martin Luthers und führte schon früh in seiner Schlosskapelle die evangelische Konfession ein, die dann auch in den Dörfern seines Herrschaftsbereiches verbreitet wurde. Auf diese Weise wurden auch die Bewohner von Laubegast Protestanten. Als im 17. Jahrhundert die Gegenreformation in Schlesien wirksam wurde, war es zu spät für eine Reform der Missstände in der katholischen Kirche. Man konnte den Protestanten zwar ihre Kirchen wegnehmen, doch ihrer Glaubensauslegung blieben sie treu.

Im 17. Jahrhundert tobte auch in Schlesien der Dreißigjährige Krieg, der in weiten Teilen ein Glaubenskrieg war. Als 1634 der evangelische Balthasar von Rechenberg kinderlos starb, übertrug der Kaiser die Herrschaft Schlawa an den damaligen Landeshauptmann Barwitz, Freiherrn Johann Franz von Fernemont († 1667), über. Er führte im Auftrag des Kaisers hier die Gegenreformation durch. 1654 musste die Kirche in Schlawa an die Katholiken zurückgegeben werden, obwohl in der Herrschaft kaum mehr ein Katholik lebte. Die Bewohner von Laubegast blieben ihrem angestammten Ritus jedoch treu. Wie sie dies bewerkstelligten, ist aufgrund der mangelhaften Quellenlage nicht mehr nachzuvollziehen. Offensichtlich war der Grundherr aber nicht allzu rigide bei der Umsetzung der kaiserlichen Politik. Mit dem Jahr 1740 änderte sich die Situation grundlegend. Friedrich II. von Preußen war in Schlesien eingefallen und entriss in drei langen, verlustreichen Kriegen den Habsburgern diese reiche Provinz. Durch die berühmte Glaubenstoleranz der Hohenzollern, die selber Protestanten waren, wurde auch in Schlawa die freie Glaubensausübung gewährt und die Stadt erhielt wieder eine evangelische Kirche.

Mit dem Jahr 1793 wurde die seit dem Mittelalter bestehende Grenze beseitigt, indem Preußen sich von Polen große Teile aneignete. Für die Bewohner von Laubegast war dies von untergeordneter Bedeutung. Sie lebten seit Jahrhunderten nach dem Zyklus der Natur, geprägt von den Notwendigkeiten der Landwirtschaft und Fischerei.

Im Jahr 1819 wurde in Schlesien eine Verwaltungsreform umgesetzt, die auch Laubegast betraf. Seit dem Mittelalter war Glogau das übergeordnete Zentrum, nun wurde die Herrschaft Schlawa dem Kreis Freystadt (Kozuchów) zugeordnet. Erst als dieser Kreis 1932 aufgelöst wurde, kehrte Laubegast und die zur Herrschaft gehörenden Dörfer zum Kreis Glogau zurück. Die Nationalsozialisten haben die Auflösung des Kreises Freystadt zwar kurze Zeit später wieder rückgängig gemacht, aber die fernab gelegenen Gebiete um Freystadt blieben, was durchaus sinnvoll war, bei Glogau.

Durch das Zusammenleben mit den Nachbarn und dem Wachstum der Wirtschaft, das auch Handwerker ins Dorf holte, kamen auch katholische Einwohner nach Laubegast. Es waren dies oftmals deutsch- und polnischsprachige Landarbeiter, die hier im Laufe der Generationen auch kleine Höfe erwarben. Nach 1920 optierte jedoch die Mehrzahl der wenigen Polen und verließen Laubegast. Zu den evangelischen Familien im Dorf gehörten vor dem Krieg: Altmann, Becker, Bruse, Büttner, Eckert, Güntzel, Klette, Niere, Wittig und Zyrus. Zu den Katholiken: Kalmutzke, Schönknecht, Spotak, Tartsch und Woitschiski.

Neben den althergebrachten Erwerbsmöglichkeiten kamen im 19. Jahrhundert die Handwerksberufe und im 20. Jahrhundert, seit den ausgehenden 20er Jahren auch der Tourismus, der in der Folgezeit eine immer größere Bedeutung für Laubegast (Lubogoszcz) erlangte.

Auch im Fall von Laubegast zerstört der verbrecherische Weltkrieg die jahrhundertelange Dorfgemeinschaft. Im Januar 1945 kam der Räumungsbefehl, da sich die Rote Armee Glogau näherte. Eine Rückkehr war auch hier nicht mehr möglich.

Das Vorwerk Sperlingswinkel (Wróblów)

Auch das Vorwerk Sperlingswinkel erscheint nicht auf der Grenzkarte von 1538-31, so dass man nicht mehr herausfinden kann, wann der Ort entstand, vermutlich erst in späterer Zeit. Das Vorwerk wurde von Laubegast aus gen schlesisch-polnische Grenze vorangetrieben. Das Gebiet gehörte zur Gutsherrschaft Schlawa.

In der Erhebung des Jahres 1765 wurden hier 6 Gärtner, 15 Häusler und 1 Handwerker registriert. Ausführlicher ist dagegen die folgende Aufstellung. 1791 befand sich hier ein Vorwerk mit 1 Kretscham (= Dorfkrug), 6 Gärtner, 14 Häusler und 1 Müller (letzter Müller war Robert Dohnt), zudem 3 andere Häuser. Für 26 Feuerstellen musste Steuer entrichtet werden. Im Dorf lebten 138 Einwohner.

1845 gab es in Sperlingswinkel 32 Häuser in denen 162 Menschen lebten, darunter 79 Katholiken. Neben dem Vorwerk gab es hier eine Windmühle und ein Sägewerk.

Hier lebten zuletzt folgende Familien: Altmann, Bartsch, Brauer, Daum, Dieke, Dohnt, Faulhaber, Fäustel, Fischbach, Flieger, Hemmerling, Lange, Paech, Peschel, Scharke und Weiß. Und polnischer Herkunft sind folgende Namen: Kowalewicz, Lemanski, Lipowicz und Wasinski. Wie die Namen zeigen, stammen sie vor allem aus den östlicher gelegenen Dörfern des Kirchspiels Brenno. Aber auch aus den deutschen katholischen Dörfern stammten Einwohner, so die Familie Flieger, die es in großer Anzahl in den Klosterdörfer gab.

Kirchlich gehörte Sperlingswinkel zu Schlawa, nach 1919 wurde der Ort jedoch aus dem Kirchenverband St. Michael in Schlawa herausgelöst und der durch die Grenzziehung amputierten katholischen Kirche in Lache zugeteilt. Die Evangelischen gingen weiterhin, wie gewohnt, nach Schlawa.

Die Bevölkerung war gering. 1895 lebten hier 143 Personen. Der Anteil der Katholiken lag mit 39 bei 27 %, der der Evangelischen bei 73 %.

Das Vorwerk wurde nach 1920 aufgelöst und seine 34,96 Hektar Land parzelliert und an Optanten aus den nun polnischen Gebieten vergeben.

Im Jahr 1945 musste auch in Sperlingswinkel die Bevölkerung fliehen und durfte nicht mehr zurückkehren.

Das abseits gelegene Dorf entwickelte sich auch jetzt nicht, dafür aber wuchs die Stadt Slawa über die Gemeindegrenze entlang der Hauptstraße weiter. Hier entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten ein Gewerbegebiet, vom dem vor allem seine Schlachtereien und wurstverarbeitenden Betrieb überregional bekannt wurden.