Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 2, Februar 2020
Turmhauben für die Jesuitenkirche in Glogau aus russischem Stahl
Von Hans-Joachim Breske
Zum Thema Jesuiten Kirche in Glogau (jetzt „Bozego Ciala“ – Fronleichnamskirche), hatte ich im Dez.2007 und im Nov. 2010 Aufsätze (im NGA) geschrieben. Im Zweiten Schriftstück habe ich die Meinung geäußert: „Dass die fehlenden Turmhauben mit dem Turmschmuck leicht ergänzt werden können.“ Denn, wie ich meinte: „Es bietet sich doch an, dass in der Mitte der Stadt, am schön aufgebauten Markplatz, ein weiteres Gebäude – als Gegengewicht zum politischen Machtsymbol (dem Rathaus) – die ihm zustehende Pracht zurückerhält“.
An die „stumpfen Türme“ habe ich nicht gedacht. Mit dem Aufbau der Kirche hatte man schon 1957 intensiv begonnen. Die erste hl. Messe nach dem Krieg wurde zwar schon Weihnachten 1959 inmitten von Gerüsten gefeiert, aber bis zum endgültigen Abschluss der Arbeiten am ganzen Gebäudekomplex dauerte es bis Dez. 1989. Die Türme im Renaissancestil wurden zwar hergerichtet, aber ohne ihre charakteristischen Hauben. Da diese eigentlich nur ein dekoratives Element darstellen, beschränkte man sich (ich nehme an, aus Geldmangel) auf zwei Kreuze. Die eigenartigen Turmhauben mit Schmuck baute man nicht (Foto 2).
Nun etwas Geschichte. Die bekannten Türme, die beim Bau der Frontwand zwischen 1713 bis 1715 errichtet waren, hatten zu der Zeit spitze Hauben in ganz anderer Form erhalten.
Gemäß Literatur und einem Kupferstich, hatten die Turmhauben die Form ähnlich der Spitze des Rathauses. Diese brannten aber am 13. Mai 1758 zusammen mit der Kirche ab. Nach dem Brand stand das Gebäude – als Ruine – fast 40 Jahre unbenutzt. Im Jahr 1796 wurde die Kirche neu eingeweiht aber bald wurde die Kirche wieder entweiht. Von 1806 bis 1826 diente das Kircheninnere: Dem napoleonischen und denen mit ihnen verbündeten Militär als Pferdestall, Heulager (großer Brand im Innerem), Ochsenstall u.s.w. und ab 1814 bis 1820 dem preußischen Heer. Bis 1826 verwahrloste das Gebäude um 1827 wieder als Kirche und den Hauben (ob mit Schmuck - ?) eingeweiht zu werden. Man kann annehmen, dass in der Zeit auch der uns bekannte Haubenschmuck entstanden ist.
Die Turmhauben (bis 1945) waren ein achteckiges 6,30 m hohes gezogenes Mauerwerk. Darüber befand sich auf jedem Turm eine Turmbekrönung in Form einer runden, mit Kupferblech gedeckten Kuppel. Auf dieser Kuppel befand sich der imposante Turmschmuck: Um eine Kugel (Ø 64 cm) wand sich eine Schlange mit offenem Rachen, darüber stand ein Kelch (97 cm), der von einem Kreuz (1,20 m) überragt war (siehe Foto 3). Der Turmschmuck beider Türme wurde im Jahr 1928 von Malermeister Strauch neu vergoldet. Damals waren die Türme bis zur Kreuzspitze 49,05 m hoch. Leider liegen mir keine genauen Angaben betreffend der neuen Turmhauben und des Schmuckforms vor, aber gemäß dem Artikel im „Tygodnik Glogowski“ vom 20.12.2019 (von Grazyna Szyszka) hat man sich große Mühe gegeben, alles gemäß dem Original zu erstellen.
Laut o.g. Artikel, ist alles in Russland hergestellt worden und ist am 17.12.2019 in Glogów angekommen und sollte bis Weihnachten aufgebaut werden. Die Kuppel auf der Betonhaube ist aus Kupferblech, auf dieser befinden sich die Erdkugel aus nichtrostendem vergoldetem Stahlblech, darüber ein vergoldeter Kelch und das Kreuz. Alles zusammen wiegt ca. 33 t.
Dank meines Freundes, Herrn Antoni Bok (dem ich hiermit danken möchte), kann ich zwei Fotos präsentieren, die die Türme und den neuen Turmschmuck in neuer Vollendung zeigen. (nur 1 Foto)
Die Frage, weshalb in Russland alles angefertigt wurde, ist leicht zu erklären. Frau Szyszka berichtet: „Man habe in Polen keinen Fertiger gefunden, deshalb haben Fachleute-Spezialisten, die jetzt auch die Kuppeln der orthodoxen Kirchen in Russland fertigen die Arbei-ten ausgeführt. Das Geld haben sowohl der Rat der Stadt, das Kulturministerium der Woiwodschaft, die Gemeinde Glogów und auch Private Spender zu-sammengetragen.“
Von einem der Türme wird es möglich sein, die Stadt zu betrachten, worauf ich mich schon jetzt freue.