Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 11, November 2019

 

Erinnerungen an das Heimatdorf Langemark früher Tschepplau


mit Kolonie Ingersleben und Marienfeld, Heidevorwerk, Straßenwärterhaus bei Zeiskekrug, Koln. Eichberg






Verkehrsknotenpunkt auf halbem Wege von Glogau nach Schlesiersee. Bedeutendes Bauerndorf mit mehreren Wind- und Motormühlen. Evangelische und katholische Kirche.

1074 Einwohner / 2845 ha Feldmark / An der Chaussee Glogau – Schlesiersee / 14 km von Glogau / Bahnstation: Langemark / Post am Ort

1943 setzte sich die Gemeindevertretung wie folgt zusammen:

Bürgermeister: Landwirt Gustav Kutzner

Beigeordnete: Kaufmann Herbert Weiß, Bauer Robert Stephan

Gemeinderäte: Bauer Bruno Riese, Bauer Albert Strauchmann, Lehrer Ernst Flögel, Landwirt Paul Lindner, Gutsbesitzer Walter Rother, Wirtschaftsvogt Paul Büttner

Kassenwalter war Schuhmachermeister August John.

Weitere Dienstobliegenheiten:

Schiedsmann: Bauer Albert Seifert aus Altkranz

Amtsvorsteher: Kaufmann Herbert Weiß, Stellvertreter Bürgermeister Gustav Kutzner

Standesbeamter: Bauunternehmer Gustav Kutzner

Amtsbezirk: Langemark

Hebamme: Anna Klitscher in Kuttlau

Postagentur: Wilhelm Fröhlich und 2 Zusteller

Bahnhof: Vorsteher Reinhold Eichberg

Polizei: Gendarmerie-Hauptwachtmeister Erich Köhn

Fleisch- und Trichinenbeschau: Erich John

Kirchen: Evangel. Kirche: Pastor Alfred Bayer, Organist Richard Bock; Kath. Kirche: Pfarrer Hackenberg, Organist J. Hollmann. Zum Kirchspiel der evangel. Kirche gehörten noch die Dörfer Altkranz und Höckricht. Auch das Dorf Grochwitz wurde mitbetreut. Als Organe der Kirchengemeinde fungierten der Kirchenvorstand und die Kirchengemeindevertretung.
Gemeinschaftseinrichtungen: Evang. Friedhof, kath. Friedhof, Sportplatz, Feuerwehrgerätehaus, 1 Jugendraum (Hospital), Raum für standesamtl. Trauungen (in der kath. Schule).
Gesundheitswesen: 2 Zahnärzte, 1 Drogerie, 1 Hebamme.
Gewerbebetriebe: 3 Bäckereien, 3 Fleischereien, 6 Kolonialwaren- und Lebensmittelgeschäfte, 4 Windmühlen, 1 mechan. Mühle, 1 Käserei, 5 Gastwirtschaften, 1 Bauunternehmen, 1 Sägewerk mit Holzhandlung, 2 Dachdeckereibetriebe, 1 Klempnerei, 2 Malerbetriebe, 1 Ofensetzbetrieb, 5 Tischlereien (davon 2 voll mechanisch), 2 Stellmachereien, 1 Sattlerei, 3 Schneidereien für Herrenbekleidung und 2 für Damenbekleidung, 5 Schuhmachereien, 1 Schuhgeschäft, 2 Textilwarengeschäfte, 1 Uhrmacher mit Ladengeschäft, 1 Radiogeschäft, 3 Fahrradhandlungen, 1 Gärtnerei, 2 Tankstellen, 1 Haushaltswarengeschäft, 1 Frisör, 2 Geschäfte für Getreide, Düngemittel und Kohle, 1 Korbmacherei.


Der Regenmesser
Eine lustige Begebenheit aus
Ingersleben

Seit 1897 amtierte der „Ferschter" Franz Hoffmann in Ingersleben und betreute die Forsten des Grafen Schlabrendorff, der die Rittergüter Tschepplau und Seppau besaß. Da geschah es nun, dass in irgendeinem Sommer nach dem ersten Weltkrieg die Witterung ungemein trocken war. Es wollte und wollte nicht regnen, obwohl sich die Bewohner der Städte wie auch die Landleute auf den Dörfern Tag für Tag die Hälse geradezu verrenkten, um zu sehen, ob sich denn nicht irgendwo am Himmel ein Wölkchen zeige, das auf nahenden Regen schließen lasse.
Der „Ferschter" hatte sich nun vorgenommen, die durchschnittliche Niederschlagsmenge in seinem Forstbereich zu ermitteln und stellte eines Abends im Obstgarten, der sich beim Forstamt Ingersleben erstreckte, einen Regenmesser auf. Der Zufall wollte es, dass gerade die Mutter Heinrichen vorbeikam, denn sie holte allabendlich an der Pumpe der Försterei das Wasser für ihren Hausgebrauch, weil sie über keine Pumpe und auch über keinen Brunnen verfügte. Sie sah den Förster bei seiner Hantierung und wollte gerne wissen, was Franz Hoffmann da zu tun hatte. Sie grüßte also erst einmal: „Gud'n Oabend, Herr Ferschter!"
Hoffmann antwortete: „Gud'n Abend!"
Und die Mutter Heinrichen fragte nun: „Woas huan's 'n doa?"
Die Antwort des Försters lautete: „Einen Regenmesser, Mutter Heinrichen!"
Von einem Regenmesser hatte die Mutter Heinrichen noch niemals etwas gehört. Ihrer Meinung nach konnte das nichts anderes sein als ein Instrument, mit dem man vorherbestimmen konnte, ob denn nicht endlich der lang ersehnte Regen einträfe. Sie antwortete deshalb: „Doa kenn' se zahn sitt'ne Scheeßdinger heistell'n, doa raant's oa noa nie mei!"
Der Förster mag geschmunzelt haben aber es mangelte ihm offenbar an Zeit, der Mutter Heinrichen zu erklären, was es mit solch' einem Regenmesser auf sich habe. Einige Tage später kommt des Abends die Mutter Heinrichen wieder mit ihren beiden Eimern Wasser an der Pumpe der Försterei holen, und der Zufall will es wieder, dass Franz Hoffmann sich am Regenmesser zu schaffen macht. Die Mutter Heinrichen grüßt: „Gud'n Oabend, Herr Ferschter, woas zeegt denn der Dingerich oah?" Was sollte der Förster auf diese Frage antworten? Er spürte es längst, dass ein Gewitter in der Luft lag. Deshalb erklärte er also der Heinrichen: „Ja, Mutter Heinrichen, in spätestens zwei Tagen kommt Regen!"
Und was der Förster prophezeit hatte, traf auch tatsächlich ein. Nach zwei Tagen ging über dem Glogauer Land ein Gewitter nieder, das die Menschen erfrischte und die lechzende Erde mit kostbarem Regen netzte. Als nun die Mutter Heinrichen am Abend jenes Tages wieder zum Forsthaus kam, um ihr Wasser an der Pumpe zu holen, sah sie den Förster, der sich wieder am Regenmesser zu schaffen machte, um die Niederschlagsmenge abzulesen. Da erklärte die alte Frau dem Förster: „Gud'n Oabend, Herr Ferschter! Eich gleeb, dar Dingerich zeegt doch richtig oah!“



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