Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 8, August 2019

 

Erinnerungen an das Heimatdorf Kunzendorf

mit der Kolonie Greif







Kunzendorf

Ein Bauerndorf - 1507 ha Feldmark - in abwechslungsreicher Bruchlandschaft an der Straße Wiesau - Heerwegen gelegen mit einer ev. Bethauskirche und einer sehr alten katholischen Kirche. Es handelt sich um eine deutsche Dorfgründung. Der Name Kunzendorf ist abgeleitet von Konrad. Der Ort hieß 1305 Conradi villa und Cuncindorf. Die kath. Kirche wurde um 1500 erbaut, die Pfarrei gehörte zum Archipresbyteriat Polkwitz. Die Figurengrabmäler stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. 1741 erhielt Kunzendorf einen evangelischen Geistlichen (Pastor Linke) aus dem Hauptquartier des Prinzen Leopold von Dessau in Rauschwitz. Die ersten Gottesdienste wurden ab 1741 in einer Scheune abgehalten, bis 1786 eine neue ev. Kirche (Bethaus) erbaut worden war. Die Einwohnerzahlen betrugen 1756 = 516 Personen, 1845 = 754, 1858 = 808 und 1910 = 516 Personen. Zuletzt hatte Kunzendorf 525 Einwohner. Der kleine Ort Greif gehörte mit zur Gemeinde Kunzendorf. Die Entfernung zur Kreisstadt Glogau betrug 21 km, Bahnstation war Klopschen.

>evangelische Bethauskirche<

Das Rittergut mit 2 Schäfereien und einer Brennerei gehörten dem Prinzen Johann-Georg zu Schleswig-Holstein-Glücksburg. In der einen Schäferei wurde Schweinezucht betrieben, in der anderen Schafzucht. Das Kontingent der Brennerei belief sich auf 64 000 Liter. Der letzte Inspektor auf Gut Kunzendorf war Erwin Nicke, der auch Lehrlinge ausbildete.

Schloss Kunzendorf wurde von Carl Gotthard Langhans erbaut, der auch das Brandenburger Tor in Berlin und andere Bauwerke in Schlesien schuf. Er stammte aus Landeshut im Riesengebirge. Von 1500 ha Feldmark gehörten etwa 500 dem Gut, Wald und Wiese einbegriffen. Die Bauernhöfe waren mittlerer Größe.

1943 setzte sich die Gemeindevertretung wie folgt zusammen:

Bürgermeister: Sattlermeister Paul Lissel

Beigeordnete: Fritz Kunze, Bauer Richard Schmidt und Bauer Wilhelm Kleske

Gemeinderäte: Bauer Eduard Adam, Händler Richard Rudolph, Bauer Rudolf Wuttke, Landwirt Oswald Richter, Arbeiter Johann Jakubek

Außerdem waren vorhanden:
Zwei Tischlereien von Otto Arlt und Willi Karschunke, zwei Schmieden von Robert Walter und Gustav Karschunke, eine Bäckerei mit Kaufladen von Alfred Kunze und ein Gemischtwarenladen von Anna Dittmann, eine Sattlerei von Paul Lissel, der nach Gustav Fiedler viele Jahre Bürgermeister war und 1944 nach Heerwegen verzog, eine Schneiderei von Alfred Kurz, eine Viehhandlung mit Nutz-und Schlachtvieh von Herbert Schwerdtner und eine Kohlenhandlung von Fritz Kunze, der auch als Fleischbeschauer tätig war. Zu erwähnen wäre noch die Spar- und Darlehnskasse, die von Herrn Hermann Niedergesäß geführt wurde. Als Standesbeamter war Gustav Adam tätig. Bürgermeister war zuletzt Malermeister Martin Dittmann, Schiedsmann war Fritz Kunze, der auch stellv. Bürgermeister war.

Das Gut Greif - etwa 150 ha - gehörte bis 1938 der Familie Pohl, dann erwarb es die Gutsverwaltung Kunzendorf. Das Gut Greif war unter der Familie Pohl Lehrgut und bekannt für vorbildliche Ausbildung weiblicher Lehrlinge. Kunzendorf hatte eine evangelische Schule, die katholischen Kinder gingen ab 3. Schuljahr in die Schule nach Buchendamm (vorher Thamm). Die Lehrer in Kunzendorf waren Kantor Stempell, der nach Wiesau verzog, und Lehrer Wonneberger.


Der Geistliche an der ev. Kirche war zuletzt Pastor Schuster, der auch die Gemeinden Neuhammer und Neudeck betreute. In der kath. Kirche in Kunzendorf wurde nur alle drei Wochen ein Gottesdienst abgehalten, da die Gemeinde überwiegend aus evangelischen Christen bestand. Die Hauptkirche für die kath. Gemeindemitglieder war in Groß-Logisch. Im Ort waren zwei Gasthäuser mit Saal, das von Paul Riediger und das von Emma Köhler. Paul Riediger führte gleichzeitig eine Schlachterei.



zum Seitenanfang



zum Seitenanfang