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Das Dorf liegt am Rande der umfangreichen Bruchlandschaft, die sich
bis nach Primkenau hinzieht. Ein Teil derselben war Siedlungsgebiet.
Der Name des Ortes ist abgeleitet von einem Tier, von konziol =
Bock. Kosel gehörte 1383 zum herzoglich-glogauischen Anteil unter
den Herzögen von Teschen. 1905 wurden hier bemerkenswerte Urnenfunde
registriert. Der Ort hatte 1943 412 Einwohner mit einer Feldmark von
846 ha. Er war 20 km von Glogau entfernt. Bahnstationen waren
Klopschen und Oberquell der Strecke Glogau — Sagan.
Die Gemeindevertretung setzte sich 1943 wie folgt zusammen:
Bürgermeister: Landwirt Ernst Jäckel
Beigeordnete: Bauer Adolf Petruschke, Bauer Hermann Kahl
Gemeinderäte: Forstarbeiter Paul Hitzer, Bauer Alfred
Nerlich, Bauer Otto Hoffmann
Kassenwalter: Bauer Alfred Hansel
Schiedsmann: Kaufmann Scheibel in Oberquell
Amtsvorsteher: Bauer Max Müller in Klopschen
Lehrer der Schule war Erich Girnth. Besitzerin des Dominiums war die
Schlesische Landgesellschaft mbH. Elisabeth Rose und Alma Nerlich
betrieben die beiden Gaststätten im Ort.
Im Rahmen einer Schlesienfahrt 1981 im eigenen Auto besuchten
Anneliese Schmidt, Manfred Lange und Dieter Nerlich ihren Heimatort
Kosel. Darüber berichtet Anneliese Schmidt wie folgt: Krummhübel im
Riesengebirge war unser Standquartier. Von hier fuhren wir über
Hirschberg, Jannowitz, Schönau, Goldberg, Haynau, Kotzenau,
Primkenau, Buchendamm, Wiesau und Klopschen nach Kosel. Wir kamen
also von Klopschen nach Kosel und fuhren ganz langsam durch den Ort
bis zur Wirtschaft von Petruschke. Hier wohnt der Bürgermeister, ein
sehr zugänglicher Mann. Er konnte es verstehen, dass wir unsere
Heimat wiedersehen wollten. Die Verständigung war schlecht, deshalb
wollte er für einen geplanten weiteren Besuch einige Tage später
einen Dolmetscher besorgen.
Bei Petruschke stehen noch die Zucker-, Salz- und Mehlgefäße auf dem
Ofenrand. Alte Möbel waren nicht mehr vorhanden. Sie wurden bereits
geplündert, bevor die Polen im Dezember 1945 hier einzogen. Der
Bürgermeister führte uns in seine „gute Stube", und seine Frau
brachte Wurst, Brot und Wodka. Wir gingen dann durch das Dorf zum
Friedhof. Neben dem alten deutschen Friedhof haben die Polen einen
neuen angelegt. Unser deutscher Friedhof ist zur Wildnis geworden.
Wir fanden aber das Grab meiner Großmutter — der Grabstein lag um,
war vermoost und mit Efeu bewachsen — und auch das Grab meines
Vaters. Dagegen konnten Manfred Lange und Dieter Nerlich die
Grabsteine ihrer Angehörigen nicht mehr finden.
Nach dem Besuch des Friedhofs gingen wir die „kleine Seite"
hinunter. Manfred Lange durfte in sein Elternhaus. Der Küchenofen
war noch vorhanden, alles andere aber verschwunden. Wir gingen dann
auf die andere Seite der Straße und freuten uns ganz besonders über
das Storchennest auf dem Scheunendach der Wirtschaft von Gerhard
Nerlich — wie vor 36 Jahren. Das Kriegerdenkmal steht nicht mehr.
Ebenso ist die große Linde am Rande des Schulhofes verschwunden. Das
Schulhaus, mein Geburtshaus, ist heute ein Gasthaus. Das Schloss ist
eine Ruine.
Aber die Bäume, auf denen wir herumgeklettert sind, stehen alle
noch. Der Zaun des Parks ist nicht mehr vorhanden. Das Haus, in dem
die Hitzer Martel gewohnt hat, steht noch. Ebenso die Stallungen und
Scheunen auf dem Gutshof. Mir wurde leider der Eintritt in mein
Elternhaus verwehrt. Obwohl Türen und Fenster neu sind und zum Teil
versetzt wurden, sieht es schlimm aus.
Beim Haus von Gastwirt Rose stand die Tür offen, so dass ich
hineinschauen konnte. Im Treppenhaus steht noch ein alter Schrank.
Die Mauer gegenüber dem Grundstück Rose ist noch vorhanden. Es war
mein Stammplatz, von dem aus ich alles übersehen konnte. Zwischen
unserem Haus und denen von Gülden, Hampel und Reimann wurde eine
Mauer gezogen. Von den schönen Kastanien bei Gastwirt Nerlich war
nur noch eine stehen geblieben. Wir gingen dann weiter zum Haus von
Dieter Nerlich und durften auf den Hof. Hier waren aber nur die
Großeltern und Enkel anwesend, so dass eine Verständigung kaum
möglich war. Die Mutter und die Großmutter von Dieter Nerlich hatten
im Ausgedinge Papiere vergraben, an denen wir interessiert waren.
Das Haus aber stand nicht mehr. Wir vereinbarten einen neuen Termin
für den übernächsten Tag. Über den „Tempel" gingen wir dann zum
Bürgermeister zurück, der uns zum Essen einlud. Dann fuhren wir über
Quaritz nach Neugabel. Die Straße war sehr schlecht, wir fuhren
deshalb über Heidevorwerk zurück. In Neuhof trafen wir die Anna,
eine Deutsche, die mit ihrer Familie dort geblieben war und für
Polen optiert hat, weil sie glaubte, dass es so schlimm nicht werden
könnte. Sie bereut es aber heute sehr. Wir baten sie am übernächsten
Tag mit nach Kosel zu kommen, um als Dolmetscherin zur Verfügung zu
stehen. Am Abend fuhren wir nach Krummhübel zurück.
Am übernächsten Tag also fuhren wir noch einmal nach Kosel, um den
jetzigen Hausherren im Hause von Dieter Nerlich zu sprechen. Mit
Unterstützung der Anna war die Verständigung diesmal besser. Sie
fragte nach den Papieren der früheren Eigentümer, und der jetzige
Bewohner übergab uns einen Plastikbeutel mit vergilbten
Schriftstücken. Wir freuten uns darüber sehr, denn das war ja wohl
einer der Hauptgründe unseres 2. Besuches in Kosel. An diesem Tage
durchstreiften wir noch einmal unser Dorf und schwelgten in
Erinnerungen an unsere Jugendzeit, ganz besonders als wir an Albert
Kohls Grube vorbeikamen. Hier machten wir als Kinder unsere ersten
Schwimmversuche. Wir waren auch an diesem Tage wieder zu Gast beim
Bürgermeister, der uns bestens bewirtete. Nicht alle jetzigen
Bewohner unserer Heimat sind aufgeschlossen und freundlich. An
diesem Tage fuhren wir noch über Quaritz, Heidevorwerk nach Neugabel
und von hier aus über Otterndorf, Sprottau, Bunzlau, Sonnenberg und
Hirschberg nach Krummhübel zurück. |
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