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Kaum jemand wird mit dem Namen Qindao, oder seiner deutschen Schreibweise Tsingtau, etwas anfangen können, geschweige denn wissen, was dort Glogauer zu suchen hatten. Eine historische Projektseite im Internet beschäftigt sich mit der ehemaligen deutschen Kolonie Tsingtau speziell mit den Soldaten, die sie 1914 verteidigten. Vor allem biographische Daten der damals hier eingesetzten Soldaten sucht diese Projektseite.
Schon 2005 fragte der Betreiber der Seite, Hans-Joachim Schmidt, mich nach zwei Personen aus dem Kreis Fraustadt, da er gehört hatte, dass ich Fachmann für diese Region war. Nun, 13 Jahre später, kam an ihn eine Anfrage aus Polen heraus, aus dieser Region. Die Internetseite www.tsingtau.info hat inzwischen große Fortschritte gemacht und sie ist es wert, den Lesern vorgestellt zu werden.
Es sind die aus den Kurzbiographien teilweise erkennbaren Motivationen der Ostasienreisenden nach China zu gehen und ihr Schicksal, das sie so interessant macht. Es ist die volle Bandbreite der Entwicklung aller Menschen aus den preußischen Ostgebieten zu jener Zeit. Es sind darunter Polen, die für ihr wiederentstehendes Heimatland optieren und auf dem Heimweg in den Bolschewisten-Krieg geraten, es sind Menschen, die sich für Deutschland entscheiden, aber auch diejenigen, die im Fernen Osten bleiben und dort weiterhin ihre Zukunft suchen.
Die deutsche Kolonie Kiautschou (1898-1919)
Das 1871 erst entstandene Deutsche Kaiserreich träumte von seinem „Platz an der Sonne“ und beteiligte sich am Rennen um Kolonien, das weitgehend schon gelaufen war. China gehörte zu den großen und mächtigen Staaten, die sich dem Zugriff der europäischen Staaten verweigert. Um dennoch mit China gewinnbringenden Handel ausüben zu können, verkauften die Briten die Droge Opium nach China und ließen das Land so ausbluten. Die Bemühungen des Kaisers gegen den Drogenhandel führten zum Ersten (1839-42) und Zweiten Opiumkrieg (1856-60). Durch ihre maritime Überlegenheit erzwangen sie die Öffnung Chinas. Großbritannien erwarb damals seine Kolonie Hongkong (1841 besetzt, 1843 Kronkolonie). Auch andere europäische Staaten erzwangen sich Handelsstützpunkte in China.
Bereits 1845 erklärte Portugal einseitig Macau zu seinem Freihafen. Vor allem Shanghai wurde zum europäischen Handelsstützpunkt. Selbst eine jüdische Gemeinde entstand hier.
Im Jahr 1898 wurde Qingdao, die „blaugrüne Insel“, was ihr Name bedeutet zur deutschen Kolonie, die bis heute für ihr Bier nach deutscher Brauweise bekannt ist. Erneut war es ein äußerer Anlass, ein Übergriff auf deutsche Missionare, den auch die deutsche Regierung zum Anlass nahm militärisch einzugreifen und China einen Pachtvertrag auf 99 Jahre abzupressen (6.3.1898). Das gesamte „Deutsche Schutzgebiet“ hieß Kiautschou. Die baulichen Spuren der Deutschen sind bis heute hier sichtbar.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs griffen die mit England verbündeten Japaner die deutsche Kolonie an und belagerten sie drei Monate lang. Den 5.000 Deutschen stand eine Übermacht von 30.000 Japanern gegenüber.
Am 7.11.1914 kapitulierte die Garnison und die deutschen Soldaten, darunter auch zahlreiche Posener, gingen in japanische Gefangenschaft, bzw. entkamen auf anderen Schiffen, die dann im weiteren Kriegsverlauf in der Regel in US-Gefangenschaft gerieten.
Durch das deutsche Engagement sahen sich die Briten bedroht und erzwangen am 1.7.1898 ihrerseits die Pacht des benachbarten Gebiets Weihaiwei. Seit jener Zeit suchte Großbritannien engere Beziehungen zu Japan, die ihrerseits ihr Interesse am Erwerb eigener Kolonien entwickelten.
Die Belagerung von Tsingtau (1914)
Am 30.1.1902 wurde die Anglo-Japanisch Allianz unterzeichnet. Japans Expansion führte zum Russisch-Japanischen Krieg (1905), den sie rasch für sich entscheiden konnten. Bei Kriegsausbruch 1914 entschied sich die japanische Regierung, den Briten im Krieg beizustehen und forderte vom Deutschen Reich am 15.8.1914 ultimativ bis zum 23. August den Abzug alle deutscher Kriegsschiffe aus chinesischen und japanischen Gewässern und die Übergabe von Tsingtau. Nach Ablauf der Frist erfolgte die Blockade Tsingtaus von See her. Das Ostasiengeschwader befand sich damals aber weitab im Süden und nahm nicht an den Kämpfen um die Kolonie Kiautschou teil.
Kaiser Wilhelm II. erklärte die Verteidigung von Tsingtau zur obersten Priorität, denn er fürchtete einen Prestigeverlust beim Fall der Stadt, dennoch konnte sich die weit unterlegene Garnison langfristig nicht halten. Der erste Angriff erfolgte am 2.9.1914. Ende des Monats war die Stadt bereits vollständig eingeschlossen.
Zum Geburtstag des Tennos wollten die Japaner die Stadt erobert haben und starteten am 31.10.1914 einen Generalangriff, doch die Deutschen konnten sich noch eine Woche lang behaupten. Am 7.11.1914 ergaben sich die deutschen Truppen gemeinsam mit ihren österreich-ungarischen Alliierten unter ehrenvollen Bedingungen.
Die meisten deutschen Zivilisten konnten in Tsingtau bleiben, die Soldaten kamen in japanische Lager.
Die Kriegsgefangenenlager waren häufig bereits 1905 mit russischen Kriegsgefangenen versehen gewesen. Sie wurden nun behelfsmäßig wieder eingerichtet und erst später ausgebaut. Die Art der Lager war höchst unterschiedlich in der Behandlung ihrer Gefangenen, je nach Auffassung und Aufgabenverständnis der Lagerkommandanten. Inspektionen, vor allem durch US-Amerikaner kamen mehr oder weniger vor, nach 1917 durch die Schweizer.
>Tsingtau 1914<
Die Deutschen errichteten Hilfsgesellschaften in China (Peking, Shanghai) und Japan (Tokyo, Yokohama, Kobe). Hilfe an die Gefangenen leisteten auch deutsche Firmen wie Siemens und Krupp.
Es gab insgesamt 16 Gefangenenlager in Japan: Aonogahara 1915-20, Bando 1917-20, Fukuoka 1914-18, Himeji 1914-15, Kumamoto 1914-15, Kurume 1914-20, Murugame 1914-17, Matsuyama 1914-17, Nagoya 1914-20, Narashino 1915-20, Ninoshima 1917-20, Oita 1914-18, Osaka 1914-17, Shizuoka 1914-18, Tokyo-Asakusa 1914-15 und Tokushima 1914-17.
Die meisten Gefangenen wurden im Dezember 1919 und im Januar 1920 entlassen. Durch den Versailler Friedensvertrag verlor das Deutsche Reich seine chinesische Kolonie endgültig an Japan.
Zur Erinnerung an den Krieg wurde am 7.11.1931 ein Denkmal n die Gefallenen der Belagerung von 1914 eingeweiht.
Die Glogauer Kriegsgefangenen
Max Fiedler, geb. in Glogau/ Brostau, bei der Zolldirektion in Wladiwostok in Rußland tätig, bei Kriegsbeginn Seesoldat, 11.1914 gefangen im Lager Matsuyama, 1917 verlegt ins Lager Bando, 12.1919 entlassen.
Linus Golz, geb. in Groß Weidisch, Kr. Glogau, bei Kriegsbeginn Obermatrosenartillerist der Abteilung Kiautschou, 11.1914 im Lager Osaka, 1917 verlegt ins Lager Ninoshima, 12.1919 entlassen (mit Foto)
Arthur Hanisch aus Lauban, Steuermannsmaat schrieb 1916 aus dem Lager Shizuoka an seinen Bruder Oswald Hanisch, Glogau, Mälzstr.27
Josef Karolczak, geb. in Geyersdorf, Kr. Fraustadt, Matrose, 11.1914 Gefangenschaft, im Lager Kumamoto, Heimatort Salisch im Kr. Glogau, 1915 verlegt ins Lager Kurume, 9.2.1917 zu zwei Monaten Zuchthaus wegen Körperverletzung verurteilt, 12.1919 entlassen.
Joseph Mache, geb. Neuhaus, Kr. Münsterberg, Matrosenartillerist, 11.1914 gefangen, im Lager Osaka (Heimatort Kosel), 1917 im Lager Ninoshima (Heimatort Patschkau, Kr. Glogau)
Oscar Tschorn, geb. Glogau, 1907 Ingenieur bei der Marinewerkstatt Tsingtau, 1914 Gefreiter des Landsturms, 11.1914 gefangen, im Lager Himeji, 1915 verlegt nach Aonogahra, 12.1919 entlassen |
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