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Hermsdorf
Wohlhabendes Bauerndorf im höchsten Teile des waldigen Landrückens (Herrenberg, 210 Meter). Stattliches Schloss der Gräfin Hoyos. Bemerkenswerte mittelalterliche Findlingskirche.
355 Einwohner / 289 ha Feldmark / An der Chaussee Glogau – Neusorge / 10 km von Glogau. Bahnstation: Glogau (10km), Nilbau (7km), Post am Ort
Hermsdorf - das höchste Dorf des Landkreises
Hermsdorf war keine der großen Landgemeinden des Kreises mit seinen rund 350 Einwohnern, mit einem Rittergut und 33 Stellen. Aber es war eine der ältesten, schon 1366 als Hermannsdorf beurkundet. Es war ein wohlhabendes Bauerndorf im höchsten Teil des waldigen Landrückens (Herrenberg 230 m) mit einem stattlichen Schloss.
Hermsdorf, 289 ha Feldmark, liegt an der Straße von Glogau über Polkwitz nach Liegnitz. Bahnstation Nilbau (7 km). Einen Kilometer genau zieht es sich hin, im Oberdorf stand Kilometerstein 9, im Unterdorf bei der letzten Besitzung zeigte der Kilometerstein 10 an: hier ist das Dorf zu Ende. In der Mitte des Dorfes lud das zweistöckige Gasthaus „Prinz von Preußen" zu einem Schoppen ein. Die dabeistehende Brauerei mit Gasthof wurde später Brennerei. In unmittelbarer Nachbarschaft fand sich aber auch die Schule und die alte Kirche mit ihrem Friedhof, und hier vorüber führte der Weg nach dem stattlichen Gutshof mit seinen weiten Scheunen, Remisen, Ställen und dem großen alten Schloss. Dieses Schloss wurde vor und während des ersten Weltkrieges durch zwei Seitenflügel bedeutend erweitert, es enthielt nicht weniger als 50 Zimmer. Nördlich von ihm streckte sich der ausgedehnte Park mit seinen Baumriesen, dem Langenwasser und dem auf einer Anhöhe liegenden altertümlichen Kaffeehaus. Hermsdorf war ein beliebter Ausflugsort
der Glogauer. Sie kamen in den langen Kremsern, die längst von den Autobussen verdrängt sind, in vielen Pferdedroschken, aber auch zu Fuß machten sie ihre Ausflüge hierher und ließen es sich im Gasthaus mit seinem schattigen Garten wohl sein. In der Kegelbahn rollten die Kugeln. Gern besuchten die Ausflügler den schönen, im Sommer angenehm kühlen Park. Hier spielten auch Glogauer „Studenten" Theater.
Vom Gutshofe führte nach Norden zu eine uralte Lindenallee nach dem Lindenberg. Das war ein großer kreisrunder Platz von starken Linden umsäumt. Hier bot sich eine erstaunlich weite Fernsicht, die mancher Fremde nie vermutet hätte. Von diesem Lindenberg blickte das Auge über das Odertal mit seinen Dörfern, Wiesen, Wäldern und Feldern, es sah sogar bis in den Nachbarkreis Fraustadt und bei gutem Wetter bis nach Lissa.
Früher besaß Hermsdorf zwei Windmühlen, die weit ins Land schauten. Eine wurde damals abgebrochen, aber in Polen wieder aufgerichtet, die andere wurde zwar auch niedergerissen, musste aber dem Besitzer Gottlieb Gurke als Heizmaterial dienen. Das geschah, als in Glogau die Dampfmühle gebaut wurde. Die Brauerei verzapfte ein ausgezeichnetes Doppelbier, das weithin versandt und gern getrunken wurde. Der letzte Besitzer aber, Graf Hoyos, verwandelte, wie schon bemerkt, die Brauerei in eine Brennerei denn es kam das bayrische Bier und mit dem selbstgebrauten einheimischen Getränk war es zu Ende.
Der erste Besitzer des Rittergutes Hermsdorf war ein Herr Moderow, dessen junge Frau bald starb. Sie vertrat ein Fräulein Alwine in der Leitung der Hauswirtschaft, die sich bei den Hofleuten sehr großer Beliebtheit erfreute. Zu jener Zeit hatte das Gut nicht weniger als 900 bis 1000 Schafe, von einem Schafmeister und drei Knechten betreut.
Nach einigen Jahren ging das Gut an einen Generalleutnant von Oidmann über, der es später an den jungen Grafen Hoyos verkaufte. Er verehelichte sich mit einer Freiin von Saurma-Jeltsch und die Hochzeit wurde zu einem großen dörflichen Ereignis. Der Graf kaufte später noch die Dominien Klein-Kauer und Oberzauche. Unter seinem Besitz erfolgten zahlreiche Änderungen und Verbesserungen, so ersetzte er das alte „Gesindehaus" durch drei zweiteilige Familienhäuser mit Oberstuben. Schon im Jahre 1922 starb Graf Hoyos. Vorübergehend wurde er in ein offenes Grab gebettet, aus diesem aber gleich nach Beendigung der Trauerfeier wieder herausgehoben und in der Sakristei der Kirche aufgebahrt, bis die Familiengruft fertiggestellt war.
Während die Katholiken ihre Kirche am Ort hatten, waren die Evangelischen in Jakobskirch eingepfarrt. Dafür hatten die Evangelischen ihre Schule in Hermsdorf, die Kinder katholischer Konfession dagegen mussten zum Unterricht nach Jakobskirch laufen.
Für das Alter der Kirche in Hermsdorf spricht eine Glocke, die aus dem Jahre 1494 stammte. In der Kirche befand sich ein Grabstein für einen George von Mutschlitz, gestorben 1625. Durch einen hallenartigen Vorbau gelangte man in das ziemlich kleine Kirchenschiff. Es war eine Filiakirche von Jakobskirch, vom dortigen Pfarramt betraut. An der Ostseite der Kirche befand sich eine Gruft. Der Besitzer des Rittergutes, Graf Hoyos, ließ diese aber zumauern. Steinerne Erinnerungstafeln an den Außenmauern der Kirche bezeugten, dass in Hermsdorf schon vor langer Zeit deutsche Geschlechter gesessen haben.
Gemeindevertretung setzte sich 1943 wie folgt zusammen:
Bürgermeister: Landwirt Gerhard Sander, i.V.: Brennereiverwalter Paul Schultz
Beigeordnete: Landwirt Bruno Pohl und Landwirt Oskar Joachim
Gemeinderäte: Landwirt Richard Tschorsch, Zementarbeiter Richard Müller, Landwirt Oskar Joachim, Landwirt Otto Sproßmann, Förster Franz Haucke, Oberinspektor Ewald Knauer und Treckerführer Paul Reinberg
Kassenwalter: Kaufmann Karl Tesch, i. V. Telegrafenbauarbeiter Emil Tschierschwitz
Hebamme: Anna Kunze, Friedenshagen
Das Standesamt war in Hainbach. Der Ort gehörte zum Amtsbezirk Töppendorf
Amtsvorsteher: Landwirt August Kretschmer
Gendarmerie: Hermsdorf, Hauptwachtmeister Karl Pree
Die Postverwaltung lag in Händen von Kurt Hoffmann.
Amtsgericht: Glogau, Besitzer des Dominiums war Gräfin Carmen Hoyos, Oberinspektor Ewald Knauer, Förster Franz Haucke, die Dominial-Brennerei verwaltete Paul Schulz
Kirchen: Evangelische in Jakobskirch, Katholische am Ort, Pfarrer Kuck. Schule am Ort, Lehrer Kurt Eitner
Gewerbl. Anlagen: Dominial-Brennerei, Besitzer Gräfin Hoyos
Gaststätten: „Prinz von Preußen“, Besitzer Otto Sproßmann.
Die Kriegerkameradschaft wurde von Karl Großmann in Bansau geleitet.
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