Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 4, April 2017

Erinnerungen an das Heimatdorf Glogischdorf und Glogauer Stadtforst

 

 

Glogischdorf
ist eine friederizianische Waldsiedlung am Rande des Glogauer Stadtforstes. Stark besuchter Ausflugsort. Bemerkenswert die „Alte Eiche" von 5,80 m Umfang (Naturdenkmal).

420 Einwohner; 106 ha Feldmark; An der Chaussee Kuttlau - Glogischdorf; 10 km von Glogau; Bahnstation: Glogischdorf; Post am Ort.

Bürgermeister: Bauer Wilhelm Zemper

Beigeordnete: Angestellter Fritz Linke

Gemeinderäte: Angestellter Otto Nieke, Ortsbauernführer Alfred lllmann, Landwirt Otto Kutzner, Maurer Alfred Schmidt

Kassenwalter: Angestellter Fritz Linke

Standesamt: Kuttlau

Amtsbezirk: Kuttlau

Amtsvorsteher: Adolf Lange

Gendarmerie: Kuttlau

Bahnhofsvorsteher: Richard Jakob, Hermann Pitulla

Postverwalter: Hermann Lange

Amtsgericht: Glogau

Kirchen: Evangelische und Katholische in Kuttlau. Schule am Ort, Lehrer Julius Hoefer, Lehrerin Hildegard Lamert

Gewerbl. Anlagen: Dampfsäge- und Hobelwerk und Holzhandlung (Richard Sparmann)

Gaststätten: Pauline Bernhard und Ida Fischbach

Vereine: Kriegerkameradschaft, Julius Hoefer; Radfahrerverein, Landwirt Otto Reibeholz

Dem Reisenden, der die Bahn von Glogau nach Fraustadt benutzte, grüßte als erste Station Glogischdorf am Südwestrand des Glogauer Stadtforstes.
Dieser Ort, von zuletzt etwa 400 Einwohnern, war gleich Beichau, Brostau, Jätschau, Nilbau, Schloin, Schmarsau oder Ober- und Nieder-Schrepau ursprünglich ein „Cämmereidorf" von Glogau, d. h. es war nicht selbständig, sondern gehörte dem Glogauer Magistrat. Seine Entstehung verdankt Glogischdorf der landesväterlichen Fürsorge Friedrichs des Großen, der durch einen Erlass im Jahre 1773 zur Gründung neuer Dörfer aufgefordert hatte. So erhielt auch der Magistrat von Glogau am 11. Januar 1776 eine solche Direktive zur Gründung eines Dorfes in seinem Kreise, nach einer Geländebesichtigung bestimmte schon im darauffolgenden Monat die Königliche Kriegs- und Domänenkammer, dass in der kleinen Höckrichter Heide an dem Wege nach Kuttlau ein neues Dorf von zwölf Stellen erbaut und jedem Hause wenigstens 9 Morgen Ackerland zugewiesen wurden. Mit Genehmigung der Kammer wurden dann die zwölf neuerrichteten Wirtschaften durch eine Verordnung vom 29. März 1776 Glogischdorf getauft.
120 Jahre lang führte Glogischdorf mit seinen damals etwa 100 Einwohnern ein recht bescheidenes Dasein. Die große Schicksalswende für den Ort, die seinen guten Ruf als Ausflugsort begründete, kam, als dort am 1. Oktober 1894 eine Bahnstation eröffnet wurde. Von dieser Zeit an wurde das bis dahin so ruhige Dörfchen ein beliebtes Ausflugsziel der Glogauer und Fraustädter, die besonders zum Wochenende den früher von Maulbeerbaumen eingesäumten Weg nach dem Bahnhof bevölkerten und in dem am Rande des Ortes gelegenen Gasthof „Zur Alten Eiche" sich von ausgedehnten Spaziergängen stärkten.
Weitere Bedeutung gewann Glogischdorf dann 1897 durch die Errichtung der Sommerfrische Waldhof und eines Kurhauses, in welchem Moor-, Fichtennadel-, Kohlensäure-, Luft- und Sonnenbäder genommen werden konnten. 1903 ließ der Riesengebirgsverein idyllische Waldpromenaden im Eichenwäldchen beim Garten des Waldhofes anlegen. Seit dem 10. Juli 1909 konnten auch schwächliche und gesundheitsgefährdete Glogauer Schulkinder in dem Walderholungsheim bei Glogischdorf, in dessen nächster Umgebung ausgedehnte Grünflächen und der Glogauer Stadtforst als Ozonspender lagen, in frischer Luft eine Erholungszeit verbringen. Im Sommer 1924 siedelte das Walderholungsheim aus der vom Glogauer Magistrat dazu ausgebauten ehemaligen Baracke der Heeresverwaltung in ein früheres Gasthaus unter hohen alten Laubbäumen über. Betreut von Schwestern und Lehrern, konnten hier bis zu 40 Kinder untergebracht werden. Bei schönem Wetter wurde der nicht sehr strenge Schulunterricht unter freiem Himmel im Walde abgehalten.Gruß aus Glogischdorf

>Gruß aus Glogischdorf: Schule, Kriegerdenkmal, Sägewerk und
Fischbach’s Gasthaus<

An Wald war Glogischdorf ja besonders reich. Die Holzbestände seiner Umgebung erfreuten sich von jeher eines guten Absatzes. Die erzielten Preise waren - zur Erleichterung des Glogauer Stadtsäckels - meist höher als die Holzpreise der weiteren Waldgebiete. Es war da nur natürlich, dass der Ort, der sich auf seinen Waldbestand stützen konnte, auch Sägewerksindustrie und Holzhandel hatte. An erster Stelle verdient hier die Firma Sparmann, Sägewerk und Holzhandel, genannt zu werden. In der Landwirtschaft waren die Anwesen gesunde Bauernhöfe kleiner und mittlerer Größe. Einen Gutshof gab es in Glogischdorf nicht.
Glogischdorf historische Postkarte

> H. Schulz’s Gasthaus u. Garten, Bahnhof, 600 jährige historische Eiche, Försterei<

Wer hat dich, du schöner Wald . . .
Ja, wer hat dich aufgebaut, du schöner Stadtforst, zehn Bahnminuten von Glogau entfernt, in knapp zweistündiger Wanderung bequem zu erreichen, du Ziel von Hunderten, von Tausenden naturhungrigen Glogauer, du finanzielle „Korsettstange" unseres gemeindlichen Haushaltsplanes. Wir wissen, schon 700 Jahre rauscht der Wind durch dich hindurch, seit der erste Teil von dir durch die junge Stadt erworben wurde. Aber schon lange vorher standest du da, nur keiner kann sagen, wie lange! Unzählige deiner Stämme sind im Laufe der Zeit zur Erde gesunken, einst vielleicht verfault, dann, als die Waldwildnis sich in Waldwirtschaft wandelte, nutzbar gemacht; aus unzähligen Samen entstanden neue Bäume, einer neben dem andern. Spiegelbild des Menschengeschlechts im Werden und Vergehen. Bäume wuchsen und fielen — der Wald blieb.Glogischdorf Stadtforst

>Restauration und Vergnügungs-Lokal Schoebel-Polke, Villa und Badehaus<

Wer das Rauschen will verstehen, muss im Wald zu zweien gehn, sagt ein lyrischer Dichter. Der durfte aber nicht an einem schönen Sommersonntagvormittag unter deinem grünen Laubdach wandeln wollen, denn entweder schon in morgenlufterfüllter Stunde zog es viele zu dir hinaus oder mit dem ersten Nachmittagszug nach Fraustadt zog es die Menge zu dir hin. Station Glogischdorf - die Türen des Zuges entließen den Strom der Waldsehnsüchtigen der Rest aber entquoll den Wagen an der Haltestelle Stadtforst. Dann ging es auf mancherlei Wegen nach dem Gasthaus Stadtforst, das schlicht und doch gemütlich Rast bot, dann aber unter neuem Pächter gründliche Umwandlung erfuhr, schön und gemütlich. Hier drin ließ sich's auch für den wohl sein, der eine winterliche Wanderung nach dem Stadtforst nicht scheute oder sich vom „Benzinross“ hinaustragen ließ. Und im Sommer war es unter den Bäumen zwar nicht zum Träumen; aber war es ein Sonntag hell und klar, ging es abends wieder zur Haltestelle oder nach Glogischdorf zurück, so nahm jeder ein Stück frohen Sinnes mit nach Haus.
Wer aber die rechte Poesie unseres Stadtforstes auskosten wollte, der zog zur Urlaubszeit in den nahen Wald. Und konnte er sich's leisten - teuer war es bestimmt nicht - nahm er in Glogischdorf Ferienquartier und atmete köstliche Waldluft am frühen Morgen wie am späten Abend. Dann unter die Bäume, auf stillen Wegen, wenn keine Menschenflut sie belebte, wenn die Weihe der Natur über dem Walde lag. Hörst du, wie der Specht hämmert? Still, still, Kuckuck, wie lange leb ich? Eins, zwei, drei, zehn, zwanzig, ach, hör auf, du loser Vogel, du narrst mich doch nur! Tief atmete die Lunge den harzigen Duft unter Kiefern, hell schaute das Auge die Lichtreflexe, die die Sonne durch das Laubdach auf den Waldboden zauberte.Glogischdorf Die alte Eiche

>Die „Alte Eiche“ bei Glogischdorf<

Weit dehnte sich die Brust im Waldesodem.
Ein Abend sinkt hernieder auf stille Flur. Fern im Westen rötet sich die Sonne, ihr scheidender Strahl vergoldet die Wipfel der Bäume. Von weitem klingt Glockengeläut über die Felder, ein leiser Wind bringt die Zweige in Bewegung. Tiefes Schweigen umfängt mich im Walde, der im Dunkel versinkt. Andacht erfüllt an diesem Abend die Seele, die Stimmung, da dieser Tag zur Nacht sich neigt, lässt in mir Eichendorffs Worte schwingen: „Wohl den Meister will ich loben, solang noch mein Stimm erschallt."
K. Göbel +

Glogauer Stadtforst


An der Chaussee Glogau-Guhlau, Abzweig Bertholdstr.; 11 km von Glogau; Bahnstation: Glogischdorf (3 km); Stadtforst-Haltestelle Mai bis September

Post: Kuttlau


Bes. Stadtgemeinde Glogau.

Verwalter: Komm, Forstmeister Marrhausen

Betriebsbeamte: Revierförster Prüfert in Höckricht, Revierförster Schmidt in Glogischdorf, Revierförster Erbe in Guhlau, Revierförster Cichos im Forsthaus, Revierförster Dreifloß, Forstsekretär Beisert

Amtsbezirk: Guhlau.

Amtsvorsteher: Holzhändler Paul Riesner, Guhlau

Gendarmerie: Langemark

Standesamt: Kuttlau, Konrad Holzapfel. Kaufmann

Amtsgericht: Glogau

Forsthaus-Lokal: Pächter Gastwirt Artur Maluche

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