Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 3, März 2017

Dem Frühling entgegen

 

 

Ein leises Frühlingsahnen zieht durch unsere Seele, wenn wir auf den März zugehen, wissen wir doch, dass er uns längere Tage, mehr Sonne und Wärme bringt.
Ein fruchtverheißender März ist trocken, denn: „Im März viel Regen, im Sommer kein Segen!"
Oft neigt das frühe Jahr zu Gewittern, die gerade im März selten sind: „Auf Märzendonner folgt ein gutes Jahr; viel Frost und Regen bringt Gefahr!" Solche Märzgewitter brechen die Starre des Winters endgültig und bringen häufig Sturm, wie der Bauer sagt: „Dass große Winde ziehn heran, das zeigen Märzgewitter an!"
Zuweilen bringt der März schon linde Frühlingstage mit wohltuendem Sonnenschein. Dann ruft er die Frühlingsblüher auf den Plan, im Auwald und am Rande des Buchenlaubwaldes die Anemonen mit ihren rötlich angehauchten weißen Blütensternen, die in der Nahe als „Gichtblume" bekannt sind, an den Wiesenrändern das gefleckte Lungenkraut, früher als Heilmittel gegen Lungenkrankheiten verwandt, weil man glaubte, in der Farbenänderung der Blüten eine Beziehung zu der Farbe des arteriellen und venösen Blutes zu erkennen. Der Blütenstiel trägt eine Anzahl zierlicher Röhrenblüten, die im Knospenzustand leuchtend weinrot gefärbt sind, nach dem Erblühen blauviolett werden.
Noch ein erstaunlich widerstandsfähiges Frühlingsblümchen tritt im März auf den Plan: das blaue Leberblümchen mit seinen herzförmig-dreilappigen Blättern, deren Unterseite von dem Pflanzenblutstoff Anthokyan violett gefärbt sind. Die Wissenschaft blieb lange im unklaren, bis sie herausfand, dass Anthokyan die Fähigkeit besitzt, Licht in Wärme zu verwandeln; so ist diese Erscheinung ein wirksamer Frostschutz für das zarte Pflänzchen in kalten Vorfrühlingstagen. Den dunklen Grund feuchter Waldstellen und Waldwiesen belebt im März auch die gelbe Schlüsselblume mit ihren zierlichen Dolden, und das Veilchen macht sich im März auf, uns mit seinem Blühen und einem bezaubernden Wohlgeruch zu erfreuen. Wir finden es im Frühlingswald, aber noch häufiger treffen wir es im Garten an. Da steht es, versteckt unter seinen rundlichen Blättern, und verrät sich meist durch seinen lieblichen Duft. Im Steingarten liebt es die Nachbarschaft von purpurnen Primeln und zartgelben Aurikelkissen. Auch ist ihm der Krokus ein lieber Geselle in der Nachbarschaft. Wenn unter den nur mit gelbleuchtenden Blütenbüscheln besetzten schlanken Zweigen der Kornelkirsche ein Trupp Muscari-Hyazinthen und womöglich noch ein Primeltuff von der Sorte Schneekissen daneben blüht, dann erleben wir den ersten vollen Akkord der beginnenden Frühlingsmusik in unserem Garten.
Ballprimel und Soldanelle, persische Iris und meerblaue Scilla wagen sich Ende März ans Licht, und an sonnigen Plätzen färben sich die ersten Forsythiensträucher gelb. Schattensteinbrech mit seinen ausdrucksvollen Blattrosen, Goldranunkeln neben winterharten Bergenien mit ihrer ornamentalen Laubbildung beleben das Gartenreich farbig, wenn der Haselstrauch blüht und die Hängebirke sich anschickt, ihre Blüten anzustecken.
Im Gemüsegarten bereitet sich zwar manches vor, aber ernten können wir nur Feldsalat, Rapunzeln und Lauchgemüse, wie es - nach Ölinius - schon Kaiser Nero an einem bestimmten Tage jedes Monats zu sich zu nehmen pflegte.
Von Vögeln erfreuen uns im März der Kiebitz, der in hügeligen Wiesen schon zu brüten anfängt, und die überall herzlich begrüßte Schwalbe:

Wenn Marien wird verkündet (25. 3.),
Die Schwalbe sich einfindet.

Drossel und Goldammer folgen, und der Fink schließt sich an. So kommt es, dass wir im März schon ein vielstimmiges Vogelkonzert hören. Im Gebirge ist um diese Zeit oft der Kreuzschnabel zu sehen, wie er mit seinem kräftigen Schnabel die Zapfen der Nadelbäume öffnet und ihnen die Samen entnimmt.
Unter den Bäumen schmückt sich im März die Sal- oder Palmweide mit den samtweichen Kätzchenblüten; von weitem sehen wir sie als Schmuck in der Landschaft stehen, am Wiesensaum oder Bachrand, am Feldrain oder auch an einer Böschung. Mit den Haarflöckchen des Weidensamens legt der Fink, der als Meister des Nestbaus bekannt ist, das Innere seiner Brutstätte aus.
Dunkel spiegeln sich die Äste der Schwarzerle im Bach, die ihre Blütenraupen ähnlich wie die Pappel vor dem Laubausbruch aushängt und an warmen Tagen das Insektenvolk anlockt.
So fängt die Natur im März überall an, sich zu schmücken, um uns an den Frühling glauben zu lassen, dessen Anfang am 20. März im Kalender steht; dieses Datum wartet der Bauer auch meist ab, ehe er mit dem Säen beginnt. Denn eine alte Bauernregel lautet:

„Sä'st du im März zu früh,
Ist's oft vergebliche Müh!"

Aber der März ist die Zeit, wo der Landmann den Boden vorbereitet zur Aufnahme der Saat:
Im Märzen der Bauer
Die Rößlein einspannt,
Er setzt seine Wiesen
Und Felder instand.

Dr. Enzian

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