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Unser Glogau war „nur" eine Mittelstadt, der unteren Grenze noch erheblich näher als der oberen, und doch trug es ein deutliches Kennzeichen einer größeren Stadt. Unverkennbar war für jeden Fremden die „City", das Geschäftsviertel, Markt, Preußische Straße, Mälzstraße, der Anfang der Hohenzollernstraße. Draußen in der Vorstadt aber ragten die hohen Schlote empor, arbeiteten die Maschinen, dröhnten Hämmer, rollten schwere Lastwagen heran und hinaus. Glogau war auch keine Industriestadt im großen Sinne, und doch wäre es ein Irrtum gewesen, jenen Bezirk gering einzuschätzen. Die Ofenfabrik von Hoffmeister, die Brauerei Berthold, die Eisengießerei Sempke, die Turmuhrenfabrik, die Hutfabrik Riedel, noch weiter draußen die Stärkefabrik, alles im Raum der Rüstervorstadt, ergänzt durch die Betriebswerkstatt der Eisenbahn und hinweisend auf bedeutende Ausdehnungsmöglichkeiten, die zweifellos genutzt worden wären, wenn eben nicht das Unheil des zweiten Weltkrieges sich auf Deutschland herabgesenkt hätte.
>Die Ofenfabrik A. Hoffmeister<
>Glogau – Vorstadt , Rüsterstraße<
Auch nach dieser Richtung hin sich auszudehnen, ist Glogau nicht leicht gemacht worden, da auch hier militärische Interessen den städtischen entgegenstanden. 1834 wurde um die an der Herrndorfer Straße liegenden Pulverhäuser eine große Schanze errichtet, die den Namen Rüsterfort erhielt. Sie wurde damals unter dem Gesichtspunkt erbaut,
durch ihre Geschütze zur Rechten die Oder bis zur Fröbeler oder Herrndorfer Fähre bestreichen zu können. Die in den 1860er Jahren eintretende Wohnungsnot veranlasst den Magistrat, mit der Militärbehörde wieder in Verhandlungen einzutreten, um Festungsgelände anzukaufen, das die Ausdehnung der Stadt ermöglichte. Es gab aber keinen hartnäckigeren Verhandlungspartner als den Militärfiskus, der, als die Stadt ein Gelände von Brostau kaufte, seine Hand auf einen Teil hiervon legte, der dem Fort zugeschlagen wurde. Neben anderen Nachteilen von diesem „Geschäft" hatte die Stadt noch den, dass der dort draußen liegende Rüstergarten in den neuen Bezirk fiel und infolgedessen die Erweiterung der Stadt verhindert wurde. Auch als um 1900 die Entfestigung Glogaus erfolgte, die nicht gleichbedeutend war mit voller Aufhebung des militärischen Charakters der Stadt — musste sie geldlich erheblich bluten, trotzdem von dem Millionenbetrag für das aufgelassene Gelände vom Fiskus Abzüge für militärische Einrichtungen zugestanden wurden. Auf dem dafür bestimmten Land entstanden die neue Pionierkaserne und der Pionierübungsplatz. 1905 waren die Neu- und Umbauten am Rüsterfort, das in Verbindung mit dem neuen Übungsplatz dem Pionierbataillon dienen sollte, vollendet, und es begann der Bau des Kasernements.
Industrieviertel, Kaserne, Pionierübungsplatz, das waren die Kennzeichen jener Stadtgegend, die nun auch als Wohnbezirk aufgeschlossen werden konnte. Wir erinnern an die Bebauung der Herrndorfer, Rüster-, Berndt-, Hoffmeisterstraße und des Beichauer Weges. Es war ein in sich geschlossener Stadtteil, in dem wie eine kleine aber anmutige Insel, von der Straße aus kaum sichtbar, die Schrebergartenkolonie „Rosengarten" lag. Kein Mensch konnte beim Entstehen dieses ganzen Bezirks natürlich ahnen, wieviel Dornen die Zukunft für die gesamte Stadt barg.
>Hoffmeisterstraße Ecke Beichauer Weg< |
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