Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 12, Dezember 2015

Adolph von Menzel - vor 200 Jahren in Breslau geboren

 

von Dr. Hans-Ludwig Abmeier

 

Adolph von Menzel

Der Name Menzel war in Schlesien nicht selten, sondern eher häufig und in Nieder- und Mittelschlesien weitverbreitet. Als bedeutendster Träger dieses Namens ist der geniale Maler Adolph von Menzel zu betrachten, der im 19. Jahrhundert zu großem Ruhm gelangte.
Das deutsche Kulturland Schlesien hat viele erfolgreiche Männer und Frauen hervorgebracht, nicht nur die immer wieder beschworenen Nobelpreisträger, kann aber auf dem Gebiet der Malerei nicht so sehr glänzen wie in anderen Bereichen. Der sehr geschätzte Hochbarockmaler Michael Willmann arbeitete zwar in den schlesischen Klöstern Grüssau und Leubus (1706 in Leubus gestorben) kam aber im ostpreußischen Königsberg auf die Welt.
Adolph Menzel wurde am 8. Dezember 1815 in Breslau geboren, als Sohn von Carl Erdmann Menzel, der damals Vorsteher einer Mädchenschule war, aber später eine Steindruckerei, eine lithographische Anstalt, besaß. - Wir Glogauer älteren Semesters denken jetzt vielleicht gleich an »unsere» Zierdruckanstalt Lindenruh, und ich erinnere mich gut an den dort beschäftigten Herrn Haas, der täglich seinen Weg von der Wohnung in der Stadtmitte nahm, in jeder Hand einen Kasten tragend, hin zum Arbeitsplatz "vor den Toren" von Rauschwitz. (Und ich denke auch an seinen Sohn Wolfgang, meinen Klassenkameraden im Gymnasium Fridericianum, der anscheinend als Matrose auf Urlaub 1945 bei der Verteidigung seiner Heimatstadt gefallen ist. Wolfgangs älterer Bruder wurde Jesuitenpriester.) -
"Früh krümmt sich, was ein Häkchen werden will" besagt ein Sprichwort. Und so zeigte sich bei Adolph Menzel schon als Junge die Neigung zum Malen. Da Breslau Garnisonstadt war und er in einer militärisch geprägten Umgebung wohnte, sah er jeden Tag Soldaten in ihrem Dienst und ihrer Freizeit, und so wurden die Männer "im bunten Rock" zu einem das kindliche Gemüt stark berührenden und dann künstlerischen Niederschlag, findenden Hauptthema.
Im Jahre 1830 zog Adolphs Vater, von finanziellen Problemen geplagt, mit der Familie nach Berlin, was im Laufe der Zeit sehr viele Schlesier taten, die das Land an der Oder mit der Stadt an der Spree vertauschten, weil sie dort beruflich/wirtschaftlich auf eine bessere Zukunft hofften - und tatsächlich nicht unerheblich zur Steigerung der Leistungskraft und des Ansehens der Hauptstadt Preußens und dann auch des jungen Deutschen Reiches beitrugen.
Der Umzug nach Berlin tat Adolph Menzel gut. Er fand zu anderen Kunstbeflissenen und lernte viel, das meiste jedoch als Autodidakt. Im Grunde war er Zeichner und blieb immer ein Solcher, wohl nicht primär ein Maler. Der Durchbruch zur Bekanntheit begann 1839, als er den Auftrag erhielt, das drei Jahre später erschienene Buch "Leben Friedrichs des Großen" von Franz Kugler zu illustrieren.
"Mit fanatischem Arbeitswillen und heroischer Arbeitskraft, wie sie ihn zeitlebens beherrschten, eroberte sich der Fünfundzwanzigjährige eine umfassende Vorstellung von der Persönlichkeit und der Umwelt seines Helden. Er besaß einen historischen Sinn wie kein anderer Künstler in diesem rückblickenden Zeitalter" (Grisebach). Für die Buchreihe "Werke Friedrichs des Großen" schuf er zahlreiche Holzschnitte, und für das Buch "Die Armee Friedrichs des Großen in ihrer Uniformierung" (1857) fertigte er rund 600 farbige Lithographien an. So wurde er zum "Historienmaler", zum
Geschichtsmaler, mit dem Konzentrieren auf Preußen und Friedrich II., genannt der Große, an dessen Beliebtheit, an dessen Populärwerden, er einen ganz erheblichen Anteil besaß. Verankerung des respektvoll-lobenden Gedenkens an den 1786 verstorbenen Herrschers in Herz und Kopf der Bürger!
Menzel war künstlerisch hochbegabt, "wucherte" mit seinem Talent, brachte es zur Entfaltung, beobachtete genau und zeichnete mit Detailverliebtheit, auch Einzelheiten ins Blickfeld rückend. Von herausragenden Bildern seien genannt:
Die Tafelrunde von Sanssouci,
Das Flötenkonzert (Der König spielte Querflöte),
Abendgesellschaft in Sanssouci,
Ansprache Friedrichs des Großen an seine Generale vor der Schlacht bei Leuthen,
Friedrich und die Bittflehenden,
Aufbahrung der Märzgefallenen (1848 in Berlin).
Es wäre viel zu eng betrachtet, wenn man Menzel lediglich als den "Maler des großen Königs und seiner Zeit" sehen wollte. Der Meister schaute auch exakt auf das zivil-bürgerliche Leben der Zeit, in der er selbst lebte, also auf das 19. Jahrhundert und gab seine Eindrücke bildlich wieder. Außerdem erschloss er der deutschen Malkunst einen wichtigen, zukunftsträchtigen neuen Themenbereich: Die industrielle Welt. Der kleingewachsene und mit 60 Jahren nach damaliger Zeit schon alte Mann fuhr nach Königshütte in Oberschlesien und sah sich die Arbeit im dortigen Eisenwalzwerk, das Eisenbahnschienen herstellte, an. Nach einigen Studien vor Ort entstand - ihm nicht leichtfallend - 1875 das Gemälde "Das Eisenwalzwerk", über das Professor Dr. Hubertus Lossow (Berlin) schrieb: "Für die Zeit, in der dieses Bild entstand ... waren Menzels künstlerische Mittel erstaunlich modern, war der Gegenstand neu und seine künstlerische Behandlung vollendet. . . .‘Das Eisenwalzwerk‘ darf als eines seiner Hauptwerke gelten. Es spricht eine künstlerische Sprache, die der klaren, nüchternen Persönlichkeit Menzels ebenso entsprach wie dem Stilwollen seiner Zeit." - Auch Menzel gehörte viele Darstellungen einzelner Personen und Milieustudien bezeugen Menzels Schaffensfreudigkeit und fachmännische Stärken.
Man kann die 1898 durch Kaiser und König Wilhelm II. erfolgte Erhebung des körperlich zwergenhaften Mannes aber großen Meisters, der die "kleine Exzellenz" genannt wurde, in den Adelsstand in erster Linie als obrigkeitlichen Dank für die Bilder zum Ruhme der Hohenzollern werten, muss aber auch auf die Ehrungen um den Bereich von Kunst und Wissenschaft hinweisen. Menzel wurde Vizekanzler der Friedensklasse des Ordens Pour le mérite für Wissenschaft und Künste, dann Kanzler ebendort, Ehrenmitglied der St. Petersburger Akademie der Künste, Auswärtiges Mitglied der Belgischen Akademie der Künste und Mitglied der Akademien in Paris und London. Die Berliner Universität verlieh ihm den Ehrendoktortitel, und er wurde zum Geheimen Rat ernannt. Er war ein deutscher Schlesier, ein Breslauer und ein Berliner; beide Städte zeichneten ihn mit dem Ehrenbürgerbrief aus.
Am 9. Februar 1905 starb Adolph von Menzel im Alter von 89 Jahren in Berlin. An seiner Beerdigung in Berlin-Kreuzberg nahm eine große Menschenmenge teil, auch das Kaiserpaar.
Der erste Beitrag der Buchreihe "Schlesische Lebensbilder" ist Menzel gewidmet. Univ.-Prof. Dr. Grisebach schrieb dort 1922: “Adolph Menzel aber ist bis heute der einzige Schlesier, der sich über seine Heimat und über Deutschland hinaus einen Namen von hohem Rang in der Kunstgeschichte erworben hat." Gilt dieser Satz auch noch heute? Wird man jetzt des 200. Geburtstages von Menzel gedenken? Der "Volkskalender für Schlesier 2015“ hat das bereits getan.

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