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Den Auftakt zu diesem Bundesheimattreffen bildete im Stadtzentrum von Hannover am Vorabend eine Diskussion mit der CDU-Landtagsfraktion Niedersachsens, ein Ökumenischer Gottesdienst und schließlich eine kulturelle Darbietung aus Schlesien. Nach dem unrühmlichen Ausscheiden von R. Pawelka musste die ganze Leitung der Landsmannschaft Schlesien neu besetzt, organisiert und zielgerichtet eingesetzt werden. Offenbar ist das auch gelungen. Als neuer Vorsitzendet wurde Stephan Rauhut gewählt. Er steht vor vielen neuen Aufgaben, sowohl organisatorischer aber wohl auch politischer Art. Verlorenes Vertrauen muss erst wieder erworben werden, um die Bedeutung und Rolle der Landsmannschaft wieder zu festigen. Bezeichnend für die jetzige Situation ist wohl, dass es zwar zahlreiche Grußworte von hochrangigen Regierungsmitgliedern gab, aber im Gegensatz zu früheren Deutschlandtreffen der Schlesier war kein Ministerpräsident anwesend.
Zum Schlesiertreffen hatte die Landsmannschaft traditionsgemäß wieder nach Hannover eingeladen. Unter dem Motto „Gemeinsam für Schlesien" gab es für die Teilnehmer im Congress-Centrum Hannover ein umfangreiches Angebot. Wie immer, gehörten Heimatabend, evangelischer und katholischer Gottesdienst, die politische Hauptkundgebung und die Ausstellungen bzw. Darbietungen der schlesischen Heimatkreise zu den Schwerpunkten des Schlesiertreffens. Moderator der Festlichen Stunde in der mit über 6000 Teilnehmen gut gefüllten Niedersachsenhalle war der Präsident der Schlesischen Landesvertretung Dr. Gotthard Schneider. Neben dem Bürgermeister von Hannover Klaus Dieter Scholz und weiteren Rednern sprach Bernd Busemann, Präsident des Niedersächsischen Landtags. Er erinnerte daran, dass nach Kriegsende mit Flucht und Vertreibung Niedersachsen durch die Ostflüchtlinge plötzlich 50% mehr Einwohner hatte. Nach den Anfangsschwierigkeiten haben sich die Ostvertriebenen tatkräftig am Wiederaufbau beteiligt. Ihr Anteil an den Aufbauleistungen der Nachkriegszeit wird häufig viel zu wenig gewürdigt. B. Busemann erinnerte auch an die von den Vertriebenen in den vergangenen 70 Jahren zu Schlesien und seinen heutigen Bewohnern geknüpften Verbindungen und forderte, sie noch zu verstärken. Die Veranstaltung wurde umrahmt von den „Original Beustertaler Blasmusikern" aus Diekholzen, die auch die weiteren Veranstaltungen stimmungsvoll unterstützten.
Der Nachmittag, ebenfalls in der Niedersachsenhalle, stand mit viel Blasmusik, verschiedenen Volkstanz- und Trachtengruppen ganz unter dem Motto „Schlesien grüßt Niedersachsen". Am Sonntag - Vormittag standen die Gottesdienste im Programm. Der evang. in der sogenannten Glashalle mit der Predigt von General Superintendent Martin Herche, der kath. in der Niedersachsenhalle, zelebriert von Weihbischof Dr. Nikolaus Schwertfeger. Beide Gottesdienste waren gut besucht. Beim kath. Pontifikalamt, an dem ich teilnehmen konnte, hat mich besonders berührt, die vielen alten Marienlieder. Es war schon ein Erlebnis, wenn weit über 5000 inbrünstig die Marienlieder „Über die Berge schallt, Geleite durch die Wellen, Segne du Maria" u,a. sangen. Gegen Mittag - nach den Gottesdiensten war dann die Politische Hauptkundgebung in der Niedersachsenhalle angesagt. Es gab diesmal, wohl entsprechend dem neugebildeten Vorstand und seiner Neuorientierung kein Hauptreferat, sondern mehrere kurze Ansprachen, umrahmt wieder von den Beustertaler Blasmusikern und eindrucksvoll von Trachtengruppen und Fahnenträgern zu Beginn und am Ende.
Zunächst übernahm Dr. Gotthard Schneider als Präsident der Schlesischen Landesvertretung die Begrüßung der Gäste und die Ehrung der Toten. Es sprachen dann zunächst Hartmut Koschyk als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, dann Boris Pistorius, Niedersächsischer Minister für Inneres und Sport und schließlich Stephan Rauhut als Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien. Unter verschiedenen Gesichtspunkten wurde an Flucht und Vertreibung erinnert und an die Aufbauleistungen der Ostvertriebenen und daran, dass heute Schlesien eine besondere Rolle als Integrationsland spielt. Der Landsmannschaft Schlesien kommt dabei die besondere Aufgabe zu, alle Verbindungen zu Schlesien und seinen heutigen Bewohnern zu fordern und zu stärken. Das gilt besonders auch für die bestehenden deutschen Volksgruppen ihr Deutschtum zu erhalten und zu unterstützen ist notwendig. Dabei ist es wichtig, unser Selbstbewusstsein als Landsmannschaft Schlesien, als Schlesier zu stärken, damit Schlesien wieder eine besonders dynamische Provinz in Europa wird. Die politische Hauptkundgebung und damit auch der offizielle Teil des Deutschlandtreffens war geprägt vom Bekenntnis der Teilnehmer zu ihrer schlesischen Herkunft und wurde vielstimmig am Ende bekräftigt durch das Deutschlandlied.
Das Deutschlandstreffen der Landmannschaft Schlesien ist erfahrungsgemäß nicht nur ein Treffen der Mitglieder der Landsmannschaft, sondern es kommen gern alle Schlesier, um Bekannte zu treffen, schlesisches Gedankengut aufzufrischen, Heimatlieder zu singen, Neues aus und über Schlesien zu erfahren usw. Deshalb war auch diesmal die sogenannte „Eilenriedehalle" Anlaufpunkt und Zentrum für viele Schlesier. An beiden Tagen herrschte hier ein aufgeschlossenes reges Treiben. Es war ein Treffpunkt für viele Teilnehmer, unabhängig von den offiziellen, zeitgebundenen Veranstaltungen. In der Halle waren auf den Tischen Schilder, Fähnchen oder sonstige Kennzeichen der schlesischen Heimatkreise aufgestellt. Am Rande warben Aussteller mit schlesischer Literatur (Bücher und Zeitschriften), auch Erinnerungsstücke an Schlesien wurden angeboten (Fotos, Bilder, mit schlesischen Motiven bedruckte Stoffbeutel, Porzellan u.a.). Natürlich gab es auch Angebote mit schlesischen Streusel- oder Mohnkuchen. Der Stand mit Bockwurst und Kartoffelsalat war stark frequentiert, ebenso war es beim Ausschank der alkoholfreien Getränke. In einer Saalecke, dem schlesischen Dorf, gab es Musik, eine Heimatgruppe trat auch mit Trachten-Volkstänzen auf. Ganz mutige wagten auch ein Tänzchen. Es war ein munteres, lautes Treiben. Die Tische mit den verschiedenen Heimatkreisen waren stets besetzt, man begrüßte sich, redete miteinander und wechselte häufig den Tisch um Bekannte aus anderen Kreisen zu begrüßen. Auch nach dem Ende der offiziellen Veranstaltung in der Niedersachsenhalle, ging es in der Eilenriedehalle munter weiter.
Zwei offizielle Veranstaltungen des Deutschlandtreffens in kleineren Räumen müssen noch genannt werden. Einmal die Schlesische Sommerakademie 2015, die von Prof. Dr. Michael Pietsch moderiert wurde und der sogenannte Mitarbeiterkongress unter dem Thema „Zukunft braucht Veränderung". Unter der Leitung des Bundesvorsitzenden St. Rauhut wurden dabei vor allem die Neuorientierung und die künftigen Aufgabenstellungen der Landsmannschaft diskutiert, insgesamt kann man wohl diesem Bundesheimattreffen einen guten Verlauf zusprechen, vor allem, weil die teilnehmenden Schlesier mitgegangen sind und offenbar zuversichtlich bereit sind, die künftigen Aufgaben der neuen Leitung mitzutragen. Ein besonderes Lob gilt dabei den anwesenden Mitgliedern der Erlebnis- und Folgegeneration, die es sich nicht haben nehmen lassen, trotz ihres Alters und mancherlei Beschwerden an diesem Bundesheimattreffen teilzunehmen. |
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