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Seit längerem steht der Vorstand des Glogauer Heimatbundes mit dem Regionalmuseum in Glogau und dem Schlesischen Museum in Görlitz in Kontakt bzgl. einer Ausstellung, die im Jahr 2015 zum Thema „Flucht und Vertreibung ab 1945“ entstehen soll. In diesem Jahr jährt sich zum 70. Mal das Kriegsende mit all seinen weitreichenden verheerenden Folgen für die Bewohner Glogaus.
Unterbreitet wurde die Idee zu dieser Ausstellung dem Vorstand in einem Brief von dem Beiratsmitglied Dr. Klaus Schneider vom 18.2.2013. Dr. Schneider hat seit sehr vielen Jahren einen sehr engen Kontakt sowohl zum Museum in Glogau als auch in Görlitz.
In seiner Sitzung am 4.4.2013 beriet der Vorstand erstmals über diese Idee und beauftragte den ersten stellvertretenden Vorsitzende Klaus Röhrbein und den Schriftführer Günter Sonnabend mit der Kontaktaufnahme und Beratung in dieser Dreier-Arbeitsgemeinschaft.
Ein erstes Arbeitsgespräch fand am 25.6.2013 in Görlitz statt, bei dem die Grundzüge der Ausstellung und des Mitwirkens des GHB besprochen wurden. Anwesend waren damals neben den GHB-Vertretern Dr. Klaus Schneider aus Leipzig, Museumsleiter Leszek Lenarczyk und sein Stellvertreter Waldemar Hass und die Dolmetscherin Isabella Slawek vom Görlitzer Museum, weiterhin dessen Direktor Dr. Markus Bauer und die Museumsmitarbeiterin Dr. Martina Pietsch.
>von links: Günter Sonnabend, Dr. Martin Sprungala, Klaus-Chr. Röhrbein vor dem Schloss Rothenhorn<
In den folgenden Vorstandssitzungen wurde der Vorstand von seinen Vertretern über den aktuellen Stand informiert. Erst im Jahr 2014 wurde intensiver mit der Planung dieser Ausstellung begonnen und am 27. und 28.10.2014 besuchten Dr. Bauer und Dr. Pietsch die Heimatstube des GHB und informierten sich über die vorhandenen Exponate, die ggf. für die Ausstellung brauchbar wären.
Um rasch beraten zu können, auch um aufgetretene auseinanderdriftende Meinungen zu besprechen berief der Vorsitzende für den 4.11.2014 eine außerordentliche Vorstandssitzung ein, in der die unterschiedlichen Positionen besprochen wurden und der Vorstand seine Richtlinie für die kommenden Gespräche mit den beiden Partnern vereinbarte. Der Vorsitzende informierte Dr. Bauer daraufhin in einem Brief.
Inzwischen hatte es in Polen Kommunalwahlen gegeben und der Stadtpräsident wechselte, was aber an den Plänen nichts änderte, dem Vorstand aber deutlich machte, wie notwendig es sei, mal wieder in Glogau präsent zu sein, um die agierenden Persönlichkeiten kennenzulernen, schließlich ist ein Großteil der seit 2012 gewählten Vorstandsmitglieder vollkommen neu in der Arbeit.
Dank der Vermittlung konnte ein Antrittsbesuch verbunden mit einem Arbeitsgespräch am 11.3.2015 in Glogau durch Dr. Schneider vereinbart werden.
Neben den beiden seit 2013 mit den Gesprächen beauftragten Vorstandsmitgliedern reiste auch der Vorsitzende mit nach Polen. Am 10.3.2015 ging es früh morgens bei regnerisch düsterem Wetter von Dortmund aus auf den Weg gen Osten. In Teutschental wurde nach einer kleinen Rast Günter Sonnabend abgeholt, um dann am Hauptbahnhof in Halle/S. auch noch Klaus Röhrbein abzuholen.
Auf direktem Weg ging es dann gen Glogau. Für Heimatfreund Röhrbein war es der erste Besuch und dementsprechend eine erlebnisreiche Fahrt.
Nach einer Rast und Tankpause auf dem Rastplatz ?arska Wie? (dt. Sohr-Neundorf, Kr. Görlitz) ging es bei Bunzlau (Boles?awiec) auf die Wojewodschaftsstraße DW 297 (Droga wojewódzka) gen Sprottau (Szprotawa), wo wir auf die Landstraße (Droga krajowa) Nr. 12 abbogen. Diese durchquert ganz Polen von der deutschen Grenze bis zur Ukraine, durch Glogau, Fraustadt (Wschowa) und Lissa (Leszno) geht wie weiter bis nach Kalisch (Kalisz) und Petrikau (Petrików Trybunalski), die vor 1920 bereits in Russisch-Polen lagen, und weiter gen Ukraine.
Mit Przemków (Primkenau) erreichten wir den alten Kreis Glogau; heute gehört die kleine, nach dem jüngsten Sohn Konrad II. von Glogau, Primko I. (Przemys?aw/ Primislaus), benannte einst deutschrechtliche Stadt zum Kreis Polkwitz (Polkowice). Polkwitz hat durch den Kupferabbau erheblich an Einwohnern gewonnen und zählt heute 22.500 Bewohner.
Es ging dann weiter nach Buczyna (Buchwald) und Radwanice (Wiesau). Es wurde bereits dunkel, als wir Glogau von Südwesten aus erreichten. Wir erfuhren von unserem Reisebegleiter, dass die heutige Stadt Glogau weit gen Südwesten ausgeufert ist und durch den Kupferabbau fast 69.000 Einwohner zählt. Die heutige Stadt wurde quasi neben den Ruinen der alten Ortschaft errichtet.
Als Unterkunft hatten wir aus Kostengründen das Schlosshotel Rothenhorn in Heyersdorf (J?drzychowice, Kr. Fraustadt) ausgewählt. Der neue Eigentümer, Martin Schmuck, der aus Münster stammt und erst seit kurzem hier lebt, begrüßte uns ebenso wie sein vierköpfiges Hunderudel, das uns eifrig beschnupperte und freudig ableckte. Der Schutz durch Hunde war schon unter Sigrun von Schlichting stets eine wichtige Sache.
Nach dem Abendessen berichtete uns Herr Schmuck, wie es gekommen ist, dass es ihn vom fernen Münster hierher verschlagen hat und warum er sich vorgenommen hat, den Wiederaufbau des Schlosses, den Frau von Schlichting († 2009) nicht mehr realisieren konnte, in Angriff nehmen will. Er hat inzwischen mit der ehemaligen Hausdame von Frau von Schlichting, mit Beata, eine Familie gegründet und startet hier einen Neuanfang.
Empfang beim Glogauer Stadtpräsidenten
Am folgenden Tag (11.3.2015) waren wir um 9 Uhr zum Empfang beim neu gewählten Glogauer Stadtpräsidenten Rafael Rokaszewicz eingeladen. Im Rathausfoyer trafen wir uns mit Dr. Klaus Schneider, der ebenfalls bereits am Vortag angereist war, und begaben uns in die 1. Etage ins Vorzimmer des Stadtpräsidenten. Der Übersetzer Cezary M?y?czak begrüßte uns freudig mit den Worten: „Wir kennen uns ja schon.“
Kurz darauf kam der jugendlich wirkende Stadtpräsident Rokaszewicz, begrüßte uns und bat uns in sein Besprechungszimmer. Ich hatte mich vorab über ihn informiert. Herr Rokaszewicz wurde 1973 in Glogau geboren und ist Mitglied der polnischen sozialdemokratischen Partei. Sein Vater, war in den Jahren 1978-80 Erster Sekretär des Stadtkomitees in Glogau. R. Rokaszewicz hat in Grünberg (Zielona Góra) Maschinenbau studiert, sich dann in einem Aufbaustudium in Breslau im Bereich Wirtschaft weitergebildet, um anschließend bei der Generaldirektion für den Straßenbau und in der Kommunalverwaltung zu arbeiten. Seit 2008 war er stellvertretender Landrat, von 2010 bis 2014 Landrat (Starost) des Kreises Glogau – seit Ende November nun Oberbürgermeister, d. h. Stadtpräsident von Glogau.
In dem konstruktiven Gespräch machten wir uns nicht nur miteinander bekannt, sondern entwickelten auch Ideen künftiger Zusammenarbeit. Klaus Röhrbein erwähnte, dass er aus der Presse erfahren hatte, dass der Stadtpräsident am Wochenende zuvor in der Partnerstadt Langenhagen, in der er selber wohnt und seit Langem in die Partnerschaft mit involviert ist, war und schlug auch in diesem Bereich eine engere Zusammenarbeit vor. Der Vorsitzende sprach eine Einladung in die Räumlichkeiten des GHB in Hannover aus, sobald der nächste Besuch in Langenhagen anstehen würde.
Herr Rokaszewicz dankte für die seit langem bestehende gute Zusammenarbeit und verwies auf den Geschichtsverein Tow. Ziemia G?ogowska (TZG), dem er bis vor kurzem vorstand. Um Interessenskollisionen zu verhindern musste er auf den Vorsitz verzichten, steht aber weiterhin mit ihm in engem Kontakt.
Dr. Schneider wies darauf hin, dass der größte Sohn der Stadt, Andreas Gryphius, im nächsten Jahr 400 Jahre alt wird. Der Stadtpräsident bekundete, wie sehr es ihn störe, dass das alte Stadttheater noch immer als Ruine neben dem Rathaus stehe. Dr. Schneider brachte dabei die Idee zur Sprache, ob man nicht die zerstörte Büste von Gryphius, die einst im Portal des Stadttheaters stand, durch einen schlesischen Künstler rekonstruieren könne. Diese Idee begeisterte auch den Herrn Stadtpräsidenten.
Zum Abschluss des Besuches überreichte Herr Rokaszewicz jedem eine Tasche mit Informationsmaterial über Glogau und es wurde ein Erinnerungsfoto gemacht.
Auf Bitten von Dr. Schneider zeigte uns Herr M?y?czak noch alte Glogauer Bilder, die der GHB vor Jahren gestiftet hatte und die jetzt einen Gang im Rathaus zieren, mit den Namen der Stifter und deren Adresse im ehemaligen deutschen Glogau in polnischer und deutscher Sprache.
Da wir noch etwas Zeit hatten, nutzten wir die Gelegenheit für einen kleinen Rundgang durch die Stadt. Diese Gelegenheit mit Zeitzeugen durch Glogau zu gehen, wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Vor am offenen Kellergewölbe vor dem Rathaus, das nun aber von den wuchernden Pflanzen befreit worden ist, ging es an der Ruine der Stadtpfarrkirche vorbei zur gekennzeichneten Baulücke des Schifflein Christi und dann gen Burg.
Arbeitsgespräch im Glogauer Regionalmuseum
Für 11 Uhr war das Arbeitsgespräch im Glogauer Regionalmuseum angesetzt. Es fand im Büro des Direktors im 2. Stock statt. Anwesend waren neben den Vertretern des GHB der Direktor Leszek Lenarczyk, sein Stellvertreter Waldemar Hass, der Mitarbeiter Jerzy Dymitryszyn und die Dolmetscherin. Kurz darauf trafen auch Dr. Markus Bauer und Dr. Martina Pietsch ein.
Herr Lenarczyk begrüßte die Angereisten und konnte mit Freude bekunden, dass die Fördergelder aus dem Ministerium bewilligt worden seien, somit könne die Arbeit nun in ihre intensive Phase eintreten. Er stellte nochmals die Idee der Ausstellung vor, die später sein Mitarbeiter Dymitryszyn konkretisierte. Die Ausstellung soll aus drei Teilen bestehen. Ein kreisrunder Ausstellungsteil soll sich mit dem Vorkriegs-Glogau beschäftigen, etwas die Zeit 1937 bis 1945. Ziel ist es, das Leben der einfachen Menschen darzustellen und ihre Schicksale. Hierzu benötigt das Museum die Exponate das GHB im Original als Leihgaben.
Durch einen schmalen Korridor, der das Jahr 1945 darstellen soll, wird der Besucher dann in den zweiten Kreis geführt, die Zeit der Ansiedlung der polnischen Vertriebenen nach 1945.
In dem Teil 1945 soll die Zeit des Kriegsendes, die Evakuierung der Deutschen, die Zeit des Kampfes und die Eroberung der Festung Glogau mit der sowjetischen Besatzungszeit dargestellt werden.
Im zweiten Kreis wird das Schicksal der polnischen Vertriebenen gezeigt, deren Herkunftsgebiete in der heutigen Ukraine und Weißrussland liegen. Herr Lenarczyk betonte, dass auch seine Großeltern und Eltern aus der Ukraine stammten und ein Vertreibungsschicksal – so wie die Deutschen – erleiden mussten. Er betonte, dass die Deutschen damals unter einer Diktatur – den Nazis – lebten, so wie sie unter der sowjetischen. „Unsere damalige legitime Regierung befand sich im Exil in London“, betonte er. Dr. Sprungala zeigte sich über diese heutige interessante Sicht der Geschichte positiv überrascht: „Das ist eine sehr interessante Sicht der Geschichte.“
Das erste Gespräch zwischen den drei Vertretern wurde deutlich, dass alle gewillt waren, die Ausstellung zu realisieren und zu einem Erfolg werden zu lassen. Herr Lenarczyk betonte, dass sie sehr gerne die Exponate nähmen, die ihnen der GHB bereit ist, zur Verfügung zu stellen. Er würde nun geduldig auf die Entscheidung des Vorstands warten.
Auch das Museum in Görlitz bot seine fachmännische Hilfe und Unterstützung an. Dr. Sprungala betonte, dass der Vorstand des GHB aus ehrenamtlichen Mitarbeitern bestehen, aus Laien auf diesem musealen Gebiet und man gerne auf den Rat der hauptamtlichen Kräfte zurückgreifen wolle, damit die Ausstellung für alle Seiten ein voller Erfolg ist. Der Vorsitzende bat daher um einen engen Informationsaustausch. Herr Lenarczyk kündigte an, dass ein deutschsprachiges Konzept erstellt werden würde, man sich auf deutsche Wissenschaftler konzentrieren wolle, damit die Geschichte auch aus deutscher Sicht fachlich korrekt dargestellt wird. Dieses Konzept wurde dem Schlesischen Museum zu Görlitz zugeleitet und auf die Bitte von Dr. Sprungala antwortete er, dass auch der GHB selbstverständlich ein Exemplar bekommen würde.
Mit einem Erinnerungsfoto endete auch dieses Arbeitsgespräch.
Besichtigungen und kulturelle Gespräche
Den Rest des Nachmittags nutzten wir, um unsere Stadtführung mit Zeitzeugen fortzusetzen, auch wenn das Wetter kalt und ungemütlich war. Da wir bereits unterkühlt waren, schlug Dr. Sprungala eine Rundfahrt durch sein Ur-Arbeitsgebiet, das Primenter Klosterland und den Kreis Fraustadt vor.
Auch dieser Abend endete bei interessanten Gesprächen in der Schlossbibliothek. Neben Martin Schmuck stieß auch der Germanist Przemys?aw Zielnica aus Weine (Wijewo)/ Schlawa (S?awa) und die Tochter der ehemaligen Gutsbesitzer in Kunzendorf (Sieroszowice) Inge Spiegel-Silomon (78) hinzu.
Es war ein literarischer Abend. Przemek Zielnica ist zzt. dabei das dritte gemeinsame Werk mit Dr. Sprungala zu übersetzen und zu veröffentlichen. Die erste Veröffentlichung aus dem Jahr 2011 waren die seit 2000 in regionalen Zeitungen erschienen Dorfgeschichten, die erweitert wurden zur „Geschichte der Dörfer in der Glogau-Posener Grenzregion. Ein kurzer historischer Überblick“ (polnisch: Wsie na pograniczu g?ogowsko-wielkopolskim. Zarys dziejów wybranych miejscowo?ci, S?awa – Wijewo 2010, 336 Seiten, deutsch und polnisch). Der große Erfolg dieser Arbeit, die inzwischen erheblich erweitert, aber noch nicht übersetzt wurde, führte zur nächsten Publikation. Im Jahr 2011 bat die Stadtverwaltung S?awa das Kalendarium zur Stadtgeschichte von Dr. Sprungala veröffentlichen zu dürfen, das 2012 als offizielles Buch zum 700-jährigen Stadtjubiläum unter dem Titel „Kronika S?awy i okulic/ Chronik der Stadt Slawa und der Umgebung“ erschien. Coautor für die Zeit ab 1945 war der Schlawaer Gymnasiallehrer Artur Pacyga.
Seit Ende 2012 übersetzt Przemek Zielnica nun die Chronik der Stadt Fraustadt, die in diesem Jahr fertiggestellt werden soll.
Auch Frau Spiegel-Silomon ist seit einigen Jahren schriftstellerisch tätig. Sie ist die Tochter des Kunzendorfer Schlossbesitzers Karl Schulz und sie zog es 2014 – trotz ihres Alters – zurück in die Heimat. Auslöser für den Kontakt zwischen ihr und Herrn Schmuck war dessen Artikel in der Dezemberausgabe im NGA. Auch dies ist ein Erfolg unserer Arbeit – der GHB verbindet Menschen.
Frau Spiegel-Silomon hat in den letzten Jahren eine Reihe autobiographischer Schriften herausgegeben, nachdem sie bereits 1988 ein „Lehrbuch der Puppenschneiderei (Schnittmuster)“ veröffentlicht hatte. Speziell mit ihrer schlesischen Heimat beschäftigt sich das Werk „Hinter starken Mauer. Die Menschen vom Kunzendorfer Hof“, das 2013 in Görlitz erschien. Bereits 2011 publizierte sie die Familiengeschichte ihres Mannes, den sie viele Jahre pflegte, nachdem er an Alzheimer erkrankt war: „Sielmönken – Eine Familie aus Ostfriesland“ (bei Emden gelegen). Und im vergangenen Jahr erschienen gleich drei Bücher: „Eine Kindheit in Lubmin 1938 – 1942“ (bei Greifswald gelegen), „Mitternachtsvasen“ – die Zeit nach 1945 und „Das schleichende Unheil. Ich bin nicht mehr der, der ich mal war“, das sich mit der Erkrankung ihres Mannes Johann beschäftigt.
Wir sahen, dass wir uns für das richtige Quartier – mit Kulturprogramm – entschieden hatten.
Buchpräsentation im Meseritzer Museum
Für den zweiten Tag hatte Dr. Sprungala in anderer ehrenamtlicher Funktion eine Einladung zu einer Buchpräsentation Meseritz (Mi?dzyrzecz) erhalten. Der Heimatkreis Meseritz unterhält seit vielen Jahren einen guten Kontakt zum Regionalmuseum in Polen und dort ist 2012 eine Dauerausstellung eröffnet worden, die sich vor allem den deutschen Bewohnern widmet. Dieses interessante Beispiel wollten die Mitreisenden gerne auch einmal kennenlernen, um Vergleichen zu können.
Durch die Kreise Fraustadt (Wschowa) und Wollstein (Wolsztyn) ging es nach Meseritz. Die dortige Burg ist noch im mittelalterlichen archaischen Stil zu erkennen und beeindruckte uns. Im Museum zeigte sich der Museumsdirektor Andrzej Kirmiel erstaunt und erfreut Dr. Sprungala bei der Präsentation des von ihm verfassten Buches über die Geschichte von Stadt und Region zu sehen. Der Heimatkreis hat diese polnischsprachige Arbeit nach besten Möglichkeiten unterstützt, damit die historische Wahrheit publik wird. Die Vorabbesprechung durch Dr. Wolfgang Kessler, dem ehemaligen Direktor der wissenschaftlichen Martin Opitz-Bibliothek in Herne, fiel überaus positiv aus: „Der Ansatz Kirmiels ist nicht nur historiographisch, sondern insbesondere für den Bereich der kulturellen innovativ und wird dazu beitragen, Vorurteile abzubauen. Die Unterstützung der Drucklegung kann ich nur wärmstens empfehlen.“
Um 13 Uhr erfolgte dann der Vortrag des Autors – leider nur auf polnisch. Aber er vergaß nicht, die aus Deutschland angereisten Vertreter des Glogauer Heimatkreises zu begrüßen. Es war eine sehr würdige Veranstaltung in dem repräsentativen Saal, in dem auch bereits 2012 die Dauerausstellung eingeweiht worden war. Von den Wänden schauten uns die ehemaligen polnischen und deutschen Bewohner des Kreises Meseritz von den Sargporträtbildern an und gaben der Veranstaltung einen authentischen Rahmen.
Die große Zahl der gezeigten Bilder aus dem Bestand des Museums, die zum Großteil auch das vorgestellte Buch zieren, machte den Vortrag auch für uns nicht polnischsprachige Zuhörer interessant.
Nach dem Vortrag Kirmiels folgten lobende Worte der Vertreter der kulturellen und politischen Vertreter auf den Autor, dem mit einer Vielzahl an Blumensträußen und Lobreden gedankt wurde.
In seiner zurückhaltenden Art blieb nun A. Kirmiel nichts anderes übrig, als zu danken und zum kleinen Imbiss und zu Gesprächen einzuladen. Er selbst war lange Zeit mit dem Signieren des Buches beschäftigt.
Für uns „Glogauer“ öffnete er sogar extra die Dauerausstellung, so dass wir uns diese auch noch ansehen und ein Bild machen konnten. Er schenkte sogar jedem von uns noch das deutschsprachige Buch zur Ausstellungseröffnung im Jahr 2012.
Das eindeutige Urteil meiner Mitreisenden war, dass es eine tolle Ausstellung ist, eine würdige Veranstaltung war und wir froh sind, wenn uns so etwas in G?ogów auch gelingt.
Unter den Gästen befand sich auch der Archäologe und Doktorand Maksymilian Frackowiak von dem Verein Pomost in Posen, der sich vor allem um die Exhumierung von Kriegstoten bemüht. Er teilte uns mit, dass man im vergangenen Jahr bei Bauarbeiten an der Straße nach Raudten ein Massengrab mit 50 Soldaten gefunden und geborgen habe. Die sterblichen Überreste wurden feierlich auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Breslau (Wroc?aw) beigesetzt.
Arbeitsgespräch bei Antoni Bok vom TZG
Am letzten Tag unserer Reise (13.3.2015) waren wir noch zum Arbeitsgespräch mit dem Glogauer Geschichtsverein eingeladen. Der TZG hatte früher ein Büro in der Glogau Burg, direkt gegenüber dem Eingang. Seit einiger Zeit befindet sich dessen Geschäftsstelle im ehemaligen Krankenhaus, der heutigen Fachhochschule Pa?stwowa Wy?sza Szko?a Zawodowa, in der Piotra Skargi 5. Im Parterre in Nr. 10 befindet sich das Zimmer des TZG. Die Pförtnerin zeigte uns den Weg dorthin.
Antoni Bok erläuterte uns, dass auch noch ein weiterer Mitarbeiter kommen würde. Zbigniew Mazurek ist bereits in Rente, obwohl er noch sehr jugendlich wirkt. Er war Leiter des örtlichen Kreiswehrersatzamtes. Beim Militär kann man früh in Rente gehen, erklärte man uns. Auch seine Familie hat ein Vertriebenenschicksal erlitten; sie stammt aus Stanislau (ukr. Iwano-Frankiwsk, pl. Stanis?awów) in der West-Ukraine und kam nach dem Krieg nach Langenau im Kreis Hirschberg.
Herr Bok führte aus, was sein Verein in letzter Zeit erarbeitet hat und dass er nun kommissarischer Vorsitzender sei. Er fragte auch nach unseren Arbeitsergebnissen und wies sehr deutlich darauf hin, dass die Zeit unter der sowjetischen Kommandantur schlecht erforscht ist. Bereits im Mai 1945 waren die ersten polnischen Kolonisten da und die Lage der Deutschen in Glogau verschlechterte sich rapide, obwohl Stalin bereits Ende April den Befehl erteilt hatte, die Drangsalierung der deutschen Zivilbevölkerung einzustellen. Er betonte, dass sich die Lage der Deutschen jedoch durch ihre Internierung in der Hindenburg-Kaserne durch polnische Milizen verschlechterte.
Um 10:15 Uhr gingen wir gemeinsam in die Bibliothek, wo uns Herr Bok die Bücher des Vereins zeigen wollte, die in die Schuleinrichtung integriert wurden. Kurz darauf kam auch die Bibliotheksdirektorin Urszula Zi?ba zu uns. Sie schenkte uns jedem ein Buch über ihr Haus und einen archäologischen Band, an dem sie beteiligt war.
Zurück im Büro sprachen wir über potentielle gemeinsame Arbeiten.
Gegen 12 Uhr verabschiedeten wir uns, dankten auch ihm für die herzliche Gastfreundschaft und begaben uns auf den weiten Heimatweg, zurück nach Deutschland. |
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