Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 2, Februar 2015

Die Geschichte und Entwicklung des Glogauer Heimatbund e.V.

11. Die Bezirksgruppen und Ortsgemeinschaften
11.25 Die Bezirksgruppe Franken - 2.Teil

von Thomas Kinzel

 

47. Fortsetzung aus NGA01/2015

 

Eine weitere Entwicklung zeichnete sich Mitte der 70er Jahre in der Bezirksgruppe Franken ab: Die Durchführung von gemeinschaftlichen Reisen nach Schlesien. Es gab damals viele Hürden (u.a. mussten die Reisepässe aller Teilnehmer zum polnischen Generalkonsulat nach Köln geschickt werden, um dort die Visa eintragen zu lassen). Letztendlich erfuhren sie durch die Öffnung des Eisernen Vorhangs ihre Blütezeit in den 90er Jahren. Eine der ersten Ortsgemeinschaften, die als Reisegruppe nach Glogau fuhren, waren im Mai 1975 die Niederfelder. Dem Beispiel folgten die Carolather und Brostauer (1976), die Priedemoster (1977), die Hohenborauer und die Lindenkranzer (1979). Bei der Reise war es oft das erste Wiedersehen nach 1945 mit früheren Freunden, mit dem eigenen Geburtshaus in unserem Heimatdorf. Durchgeführt wurden diese Busfahrten von Oberfranken aus zumeist durch das Reiseunternehmen Omnibus Wunder (Hollfeld). Ausgelöst 1974 durch einen Fernsehbeitrag nahm Hfrd. Albert Altwasser (Niederfeld) Kontakt zu Dieter Leeker (damaliger Geschäftsführer des Reiseunternehmens, der selbst aus dem Landkreis Glogau stammte) auf. Treffen der Ortsgemeinschaftsleiter

>Treffen der Ortsgemeinschaftsleiter im „Grünen Baum“ in Bad Staffelstein<

Später wurden diese Fahrten wechselweise begleitet durch die Fahrer Alfred Arnold (Schwiegersohn des Ehepaars Leeker) und Rudolf Bernhard. Bei Fahrten durch das Glogauer Land eignete sich unser allseits beliebter Rudolf nicht nur intime Ortskenntnisse an sondern vermittelte später manche Geschichte auch zu Gehöften bekannter Heimatfreunde, die er im Laufe seiner langen Dienstzeit bereits durch die Glogauer Region chauffierte. Diese Heimatreisen wurden später ergänzt um Fahrten nach Breslau, ins Riesengebirge, nach Oberschlesien und sogar bis nach Ost-/Westpreußen.

Schwer wird es aus der Vielzahl der Mitwirkenden einzelne Personen hervorzuheben, die herausragende Verdienste um die Bezirksgruppe Franken hatten oder in besonderer Erinnerung geblieben sind. Die Bezirksgruppenleiter wurden vorher schon kurz vorgestellt, mit zeitlicher Abfolge von 1966 bis 1972 Hfrd. Richard Werner, von 1972 bis 1986 Hfrd. Manfred Grosser, von 1986 bis heute Hfrd. Thomas Kinzel. Alle Bezirksgruppenleiter erhielten im Laufe ihres Wirkens die große Goldene Ehrennadel, überreicht stets aus der Hand des jeweils amtierenden Bundesvorsitzenden.

Mit Ehrennadeln weiterhin ausgezeichnet wurden Hfrd. Horst Wünschmann, Hfrdn. Klara Kretschmer, Hfrdn. Charlotte Stritzke (Brostau), Christa und Gustav Kießling (Carolath), Hfrd. Gerhard Webers (Gutendorf), Hfrdn. Elfriede Scherer sowie Inge und Georg Hoffmann (Hohenborau), Hfrdn. Margarete Minger sowie Eva und Walter Radenz (Lindenkranz), Hildegard und Georg Kaupper (Niederfeld) sowie Hfrd. Richard Scholz (Vorbrücken).
Eine besondere Würdigung verdienen darüber hinaus Vater Bruno und Sohn Horst Wünschmann, die sich mit großem Engagement in die Bezirksgruppe Franken eingebracht haben. Erinnert sei gerne nochmals an die Hfrdn. Klara Kretschmer, die bis ins hohe Alter († 4.2.2003) alle Bezirksgruppenleiter durch ihre Mitarbeit erfreute. Ebenso die Heimatfreunde aus den befreundeten Bezirksgruppen (regelmäßig nahm Erich Sieber aus Braunschweig teil) und die Aktiven der bereits genannten Ortsgemeinschaften, die mit Aufrufen zur Teilnahme und manchen Handreichungen die Bezirksgruppentreffen unterstützt haben. Für die Ausgestaltung der Räumlichkeiten stellte immer die Gärtnerei unseres Heimatfreundes Gotthard Mahler (Lichtenfels) Blumenschmuck zur Verfügung. Ein gern gesehener Gast war auch Hans Weilandt (Gramschütz) aus Kaufbeuren. Unvergessen bleibt ebenso unser über viele Jahre hinweg ältester Teilnehmer, Max Jakob aus Musternick, der noch im Alter von über 100 Jahren die Zusammenkünfte mit heimatlichen Musikstücken, gespielt auf dem Schifferklavier, bereicherte.
Einen herausragenden Platz in der Geschichte der Bezirksgruppe Franken nimmt Hfrd. Richard Scholz von der Ortsgemeinschaft Vorbrücken/ Priedemost ein. Oft stellte er seine eigene Sammlung historischer Landkarten aus Schlesien während der Zusammenkünfte aus, zeigte in eigens dafür angefertigten Rahmen alte Glogauer Ansichtskarten zur Freude und regem Erinnerungsaustausch der Besucher. Er engagierte sich in der Vorbereitung mit vielen Handreichungen, nahm die Absprache zur Durchführung ökumenischer Gottesdienste vor und vertritt, wenn nötig, den amtierenden Bezirksgruppenleiter. Letztendlich ist er bis zum heutigen Tage Schriftführer der Bezirksgruppe und gleichzeitig Leiter der Ortsgemeinschaft Priedemost und das mit fast 90 Jahren.
Wo immer auch bekannt und möglich, waren es die drei Bezirksgruppenleiter, die beim Ableben von Heimatfreunden/-freundinnen an deren Gräbern – namens des Glogauer Heimatbundes – würdigende Nachrufe sprachen und Heimaterde mit auf den Weg gaben. Meist wurde dem Verstorbenen für sein Bekenntnis zur Heimat mit den Worten gedankt, „Treu geblieben bis zuletzt“.

>Heimattreffen 2006 in Forchheim<

Einige Gedanken zum Schluss
Die Bezirksgruppe veranstaltete im Mai 2014 – einhergehend mit dem 31. Bundesheimattreffen – ihr 93. Treffen im Frankenland, nach nunmehr fast 70 Jahren der Trennung von der schlesischen Heimat und 60 Jahre nach Gründung des Glogauer Heimatbundes. All das wäre nicht möglich gewesen ohne die Heimatfreundinnen und -freunde, die seit 1966 mit mancherlei Beweggründen dabei waren und sind ... und denen die größte Anerkennung gebührt. Für die Einen war es ein jährlich wiederkehrender Ausflug in die eigene Vergangenheit, für die Anderen ein Zusammentreffen mit lieben (Jugend-)Freunden. Für Dritte wurde es zum Familientreffen, für Vierte bot sich die Möglichkeit schlesisches Kulturgut zu erhalten bzw. zu sammeln, in Worten, Schriften und Bildern. Alle aber verband die Liebe zur Heimat und die innige Verbundenheit mit Glogau Stadt und Land. Bleibt der Wunsch des Schreibers dieser Zeilen, dass diese gelebte Geschichte der Vorfahren den kommenden Generationen bewusst wird und dazu beiträgt, sich auf eigene Wurzeln zu besinnen. Ein geflügeltes Wort besagt, „wer an der Spitze des Baumes Früchte sehen will, der nähre seine Wurzeln“. Unsere Eltern, Großeltern usw. haben die Wurzeln genährt, sind wir nicht heute deren Früchte? Damit einher gehend noch ein Gedanke zur Gegenwart und Zukunft von Schlesien. Polen ist unser Nachbar, Europa das „Haus“ indem wir alle friedlich leben und uns freundschaftlich verbinden wollen. Die Nachfahren der Schlesier, Sudetenländer, Pommern, Ostpreußen etc. können wesentlich dazu beitragen, dass dies auch gelingt ... nicht aus der Distanz zum Fremden sondern aus der Nähe zur eigenen Familiengeschichte.

Im schlesischen Dialekt gesprochen begegnete man Ereignissen der Vergangenheit, Gegenwart und Prophezeihungen zur Zukunft oft mit den Ausrufen: „Nu, do hot ersch ja.“ oder „Nu, do sitt ersch schund“.

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