Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 1, Januar 2015

Die Geschichte und Entwicklung des Glogauer Heimatbund e.V.

11. Die Bezirksgruppen und Ortsgemeinschaften
11.25 Die Bezirksgruppe Franken

von Thomas Kinzel

 

46. Fortsetzung aus NGA12/2014

 

Thomas Kinzel

>Thomas Kinzel<

Als die Bezirksgruppe Franken als 14. Bezirksgruppe im Glogauer Heimatbund 1966 gegründet wurde, waren die einschneidenden Auswirkungen der Kriegsereignisse schon etwas verblichen. Ein Großteil der Glogauer Landbevölkerung hat das Kriegsende 1945 in Oberfranken erlebt. Nicht weil Oberfranken als Zielregion für die Flüchtlingstrecks von Beginn an vorbestimmt war, sondern weil das Schicksal mit dem Einhergehen der Kapitulation des Deutschen Reiches es so mit sich brachte. Die Erteilung der täglichen Marschbefehle blieb aus, in einem Weiterziehen wohin auch immer sah man keinen Sinn mehr, ein Zurück war bald schon verwehrt ... also galt es sich mit den örtlichen Gegebenheiten und dem regionalen Umfeld zu arrangieren. Die Regionen rund um Hof/Saale, Bayreuth/Kulmbach, Lichtenfels, Bamberg und auch Forchheim sollten für viele durch Flüchtlingstrecks zusammengeschlossene Dorfgemeinschaften Endstation werden. Dabei gilt es sich vor Augen zu führen, dass der Anteil der Schlesier an den 1.854 Mio. Vertriebenen, die nach 1945 in Bayern Aufnahme fanden, bei fast 25% lag. Davon wiederum erhielten bereits Ende 1946 etwa 42% eine dauerhafte Bleibe im Regierungsbezirk Oberfranken. Begünstigt sicher auch durch sechs Grenzdurchgangslager im Freistaat Bayern, wobei Hof-Moschendorf wohl den größten Ansturm zu verzeichnen hatte.

Da Oberfranken ähnlich wie Niederschlesien überwiegend landwirtschaftlich geprägt war, fiel es der Glogauer Landbevölkerung in der Folge auch nicht schwer, sich einzugliedern und tatkräftig anzupacken, wo Unterstützung gebraucht wurde. Oft wurden Pferdegespanne und Wagen hiesigen Bauern zur Verfügung gestellt, man verdiente sich im wahrsten Sinne des Wortes das „tägliche Brot“ bei der Mitarbeit. Zudem hatte Oberfranken eine hohe Dichte von Industriearbeitsplätzen, die Verdienstmöglichkeit boten. Die Jahre vergingen und spätestens Mitte der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war für viele Flüchtlinge bzw. Vertriebene klar, dass die angestammte Heimat wohl für alle Zeit verloren ist. Nun galt es den Blick nach Vorn zu richten und eine neue Existenz aufzubauen. Damit einher ging aber auch der Wunsch, Kontakt zu Heimatfreunden neu zu beleben. Die Gründung des Glogauer Heimatbundes 1954 bot dazu die Plattform. Durch Initiative u.a. des Heimatfreundes Richard Werner (ehemals Rauschwitz) versammelten sich 350 bis 400 Heimatfreunde zu einem Heimattreffen am 12. November 1966 im Bürgerbräusaal in Lichtenfels/Ofr. und gründeten die Bezirksgruppe Franken im GHB.

Franken Gergschloß

Neben Hfrd. Richard Werner, der in der Gründungsveranstaltung zum Bezirksgruppenleiter gewählt und bestätigt wurde, stellten sich Hfrd. Bruno Weidemann, Hfrdin. Hertha Körner, Hfrd. Manfred Grosser und Hfrd. Bruno Wünschmann zur Mitarbeit zur Verfügung. Grüße und Wünsche des Bundesvorstandes aus Hannover übermittelte damals Hfrd. Rudolf Berndt, der bei der Veranstaltung zugegen war. Für das zweite Treffen im April 1967 entschied man sich für Bamberg, auch dort fanden sich etwa 250 Glogauer Heimatfreunde ein. Im gleichen Jahr gab es die dritte Zusammenkunft in Neuenmarkt, um den Heimatfreunden im östlichen Teil Frankens ein Stückchen entgegen zu kommen, wie es in den Ausführungen dazu heißt. Für 1968 war als Versammlungsort Forchheim angezeigt und dort die Gaststätte Kronengarten, die auch in den Folgejahren für Heimattreffen der Bezirksgruppe genutzt wurde. Als Gastredner konnte damals der zweite Bürgermeister von Forchheim, Herr Kämpf, der selbst Heimatvertriebener war, gewonnen werden. Die Verbundenheit mit den Heimatvertriebenen setzte später der langjährige Oberbürgermeister, Herr Ritter von Traiteur durch Grußworte und finanzielle Zuwendungen fort.

Bereits früh kristallisierte sich heraus, dass durch die räumliche Distanz der Heimatfreunde, die der Bezirksgruppe Franken zugehörig waren, Zusammenkünfte konzentriert werden mussten. So verständigte man sich letztlich darauf, jährlich zwei Bezirksgruppentreffen durchzuführen. Als Veranstaltungsorte dienten im Wechsel Neuenmarkt, Bamberg, Lichtenfels und Forchheim. 1971 zeichnete sich ab, dass Hfrd. Richard Werner das Amt des Bezirksgruppenleiters an Hfrd. Manfred Grosser weiterreichen wollte. Dies geschah dann endgültig 1972. Hfrd. Richard Werner stellte sich ab diesem Zeitpunkt weiterhin als Schriftführer zur Verfügung. Mit dem Wechsel einher ging die Einbeziehung von Hfrd. Horst Wünschmann, der Sohn von Bruno Wünschmann, als Kassenführer. Diese verantwortungsvolle Aufgabe oblag Hfrd. Wünschmann bis zu seinem plötzlichen Ableben im Januar 1997.

Neben der Konzentration war eine weitere Herausforderung aufgrund der stets anwachsenden Zahl der Teilnehmer, insbesondere in Lichtenfels, einen geeigneten Saal zu finden. Das Bergschloss (s. Bild) bot sich an, wobei das Pächterehepaar Hojer selbst aus dem Sudetenland stammte. Demzufolge gab es viel Verständnis für unsere Anliegen und manches Entgegenkommen. Der Erfolg blieb nicht aus, die Zahl der Teilnehmer beim alljährlichen Maitreffen der Bezirksgruppe Franken wuchs Ende der 70er und in den 80er Jahren weiter auf über 500 an. Zwischenzeitlich hatten sich zwei Veranstaltungsorte in der Jahresabfolge fest etabliert, im Mai das Frühjahrstreffen in Lichtenfels und im Oktober die Zusammenkunft in Forchheim.

1990 erfolgte der Wechsel in die neu erbaute Stadthalle von Lichtenfels. Bedingt durch die Aufgabe des Ehepaars Hojer und den Entschluss der Caritas, als Besitzer der Liegenschaft Bergschloss, dieses nicht mehr als öffentliche Gaststätte zu betreiben. Die Stadthalle in Lichtenfels wurde danach unser Versammlungsort bis 2004. Die in der Folge stetig zurückgehenden Teilnehmerzahlen zwangen zur Veränderung. 2005 fand deshalb der Wechsel nach Bad Staffelstein statt, der Gasthof Grüner Baum und der im Obergeschoss liegende Saal sollte für viele Jahre ausreichen.

Das Herbsttreffen in Forchheim war mehreren Lokalwechseln unterworfen. Bis 1985 war der Kronengarten unsere Versammlungsstätte. Durch dessen Niedergang erfolgte 1986 der Wechsel in den kleinen Saal der Jahnhalle, in der uns die Familie Kraus jahrelang mit viel Hingabe umsorgte. Nach dem plötzlichen Ableben von Herrn Kraus 1994, ein Tag vor unserem Heimattreffen, musste ein Ausweichlokal gefunden werden, man erinnerte sich an den Kronengarten. Ein Jahr später ging es wieder zurück in die Jahnhalle, so sollte es bis 2007 bleiben. U.a. wegen zurückgehender Teilnehmerzahlen erfolgte 2008 der Wechsel in die Brauereigaststätte Eichhorn, in der uns das Ehepaar Ruck gerne umsorgt. Vorstand 1986

>Der Vorstand der Bez. Gr. Franken 1986.
Links: Manfred Grosser, Bez. Gr. Leiter v. 1972 bis 1986<

Außer den eingespielten Zusammenkünften in Lichtenfels und Forchheim gab es noch drei abweichende Veranstaltungsorte bzw. Treffen. Das Erste fand 1997 in Hof/Saale statt. Grund war der Versuch für ein neu zu etablierendes Heimattreffen in der nordöstlichen Region Oberfrankens. Der alte Wartesaal im Bahnhof bot einen geeigneten Rahmen. Eine Fortführung erwies sich mangels Teilnehmer als nicht zweckmäßig, obwohl der Diavortrag mit alten Ansichten von Glogau sehr positiv aufgenommen wurde. Dagegen gab es einen besonderen Höhepunkt im Jahr 2003, als Lichtenfels als Veranstaltungsort für das Bundesheimattreffen auserkoren wurde. Ein anspruchsvolles Rahmenprogramm fand großen Zuspruch (Jugendblasorchester Pödeldorf und Eichendorff Tanzgruppe Forchheim) und die Versorgung mit schlesischer Wellwurst, u.a. aus der Hand des uns seit vielen Jahren begleitenden Pastoralreferenten Josef Rössler und seinen gewandten Helferinnen, wird wohl manchem Teilnehmer noch lange in schmunzelnder Erinnerung geblieben sein. Zur Nachdenklichkeit und Erinnerung an die Vertreibungsgeschehnisse, 60 Jahre zuvor, gab es im Januar 2005 einen ökumenischen Gedenkgottesdienst in der Dreieinigkeitskirche in Bad Staffelstein, durchgeführt von Pfarrerin Sabine Schmid-Hagen und dem kath. Pastoralreferent i.R. Josef Rössler. Einleitende Worte sprach der Bezirksgruppenleiter Thomas Kinzel. Bei dem anschließenden Zusammensein im Gemeindehaus nahmen über 100 Heimatfreunde teil. Hfrd. Friedhelm Haun aus Kulmbach erfreute die Anwesenden mit einer lebhaft vorgetragenen Diareihe über Schlesien.

>Links: Thomas Kinzel, der künftige Bez. Gr. Leiter von Franken. Rechts: Hans-Joachim Schelenz, Bundesvorsitzender des Glogauer Heimatbund e.V. (1986)<

Ortsgemeinschaften waren bei allen Zusammenkünften stets zahlreich vertreten, alleine Vorbrücken/Priedemost war in Lichtenfels mit über 100 Heimatfreunden lange Zeit die stärkste Gruppe. Aber auch die Heimatfreunde aus Gramschütz, Lindenkranz, Brostau, Niederfeld, Hohenborau und Carolath-Reinberg sowie Rostersdorf waren zahlreich vertreten. Oft begann es in Lichtenfels bereits am Freitag, als erste Heimatfreunde, die aus allen Regionen Deutschlands anreisten, eintrafen. Ein abendliches Zusammensein wurde im „Preußischen Hof“, in der „Walachei“ oder im „Alten Fritz“ vereinbart. Hotels und Pensionen in und um Lichtenfels herum waren gut belegt. Dies blieb auch den Stadtverantwortlichen nicht verborgen. Der damals amtierende erste Bürgermeister Dr. Günther Hauptmann (geboren in Eger/Sudetenland) sagte gerne zu, wenn er um Grußworte zur Eröffnung unserer Veranstaltung am Samstagmittag gebeten wurde. In Erinnerung bleiben seine stets dem Anlass geschuldeten Ausführungen, lobende Worte zum Verdienst der Vertriebenen am Wiederaufbau der Bundesrepublik und sein mit viel Beifall begleitetes Kommen und Gehen. Nicht unerwähnt bleiben darf auch die oft hohe Zahl der Teilnehmer aus der damaligen DDR. Es hatte sich im Laufe der Jahre über innerdeutsche Grenzen hinweg herumgesprochen, dass das Bezirksgruppentreffen in Lichtenfels ein Wiedersehen ehemaliger Schulfreunde, Nachbarn oder verwandtschaftlich verbundener Familienangehöriger ermöglichte. Eine schöne Geste sei an dieser Stelle in Erinnerung gebracht. Jeder Besucher aus der DDR wurde – aus den Einnahmen der Bezirksgruppe – mit einem kleinen Geldbetrag bedacht, um Getränke und Essen während des heimatlichen Zusammenseins zu bestreiten. Es wurde gelacht, geweint und viele Erinnerungen ausgetauscht … immer machten auch Bilder aus alter und neuer Zeit die Runde. Manche Anregung wurde aus dem Kreis der sich treffenden Heimatfreunde heraus in die Tat umgesetzt. So ist z.B. das Buch von Heimatfreund Alwin Hennig – Priedemost, Ort und Landschaft – nur entstanden, weil die vorher im NGA publizierten Einzelaufsätze durch die Heimattreffen und die Beiträge einzelner Heimatfreunde (u.a. der Heimatfreunde Alfred Kinzel, Otto Fischbach und Richard Scholz) um ein Vielfaches ergänzt worden sind. Gleiches gilt für das Buch über Rostersdorf. Nach dem Ableben seiner Ehefrau Ruth war Hfrd. Becker aus der Ortsgemeinschaft die treibende Kraft für die Aufbereitung der Geschichte des Heimatortes, später vollendete Hfrd. Erich Gliesche gemeinsam mit seiner Tochter, im Rahmen der Forchheimer Treffen dieses Werk. Und auch die Publikation über Brostau (von Hfrdn. Charlotte Stritzke und Hfrd. Bruno Seifert) findet ihren Ursprung in den regelmäßigen Zusammenkünften.

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