Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 9, September 2013

Die Geschichte und Entwicklung des Glogauer Heimatbund e.V.

11. Die Bezirksgruppen und Ortsgemeinschaften
11.10 Die Ortsgemeinschaft Hohenborau

Nach Unterlagen von Elfriede Scherer und Willi Kunert zusammengestellt von Prof. A. Palissa

 

31. Fortsetzung aus NGA08/2013

 

Elfriede Scherer

Willi Kunert

Nur wenigen Mitglieder des GHB wird der Name dieser Heimatgruppe „Hohenborau" etwas sagen und schon gar nicht unseren Mitbürgern in der Bundesrepublik. Deshalb ein paar Zeilen zu unserem Heimatdorf, seine Lage und Geschichte im Kreis Glogau. Nach einer Überlieferung wurde der Ort gegen Ende des 15. Jahrhunderts von Fabian von Schöneich gegründet. Er gehörte ursprünglich
zum Kreis Freystadt, kam aber dann mit der Gebietsreform 1933 zum Kreis Glogau. Hohenborau liegt als Walddorf in der Carolather Heide, etwa 25 km von Glogau entfernt zwischen Carolath und Schlesiersee (Schlawa). Bahnstationen waren Beuthen/Oder (11 km) oder Neusalz (15 km). Hohenborau war ein Bauerndorf. 1940 zählte es etwa 450 evangelische Einwohner, nur eine Familie war katholisch. Es gab eine Schule, aber keine Kirche. Einen eigenen Friedhof hatte das Dorf erst seit 1837. Die ev. Kinder besuchten die Kirche in Carolath, eine kath. Kirche gab es in Beuthen/Oder. Zum Ort gehörten eine Brennerei (auf dem Dominium) und eine Mühle. Es gab ferner ein Lebensmittelgeschäft mit Backwaren und eine Bäckerei. 2 Schuhmacher waren da. 1 Mal in der Woche hat ein Fleischer aus Carolath seine Waren angeboten. Außerdem war noch eine Tischlerei vorhanden und zwei Gaststätten. Hohenborau war ein sehr „beschauliches" Dorf.
Doch dann kam der Krieg. In Hohenborau waren es 27, die nicht mehr zurück kehrten. Auch die verbliebenen Dorfbewohner wurden nicht verschont. Am 23.1.45 kam die Abschiedsstunde von unserem geliebten Dorf, von unserer Heimat. Mit etwa 25 Bauernwagen waren wir etwa 8 Wochen unterwegs in Zielrichtung Bayern. Es kamen aber nicht alle an. 4 Fuhrwerke mussten schon in Thüringen aufgeben, weil die Pferde krank wurden. In Lichtenfels war schließlich Endstation für den Treck. Wir wurden auf die umliegenden Dörfer Seubelsdorf und Marktzeuln verteilt, unseren neuen Wohnsitz. Einige hatten auch schon in Naila den Treck verlassen.

Karte Hohenborau

1948 beschloss dann Adolf Bergmann und einige ehemalige Hohenborauer, zu einem Heimattreffen einzuladen. Es wurde im Gasthaus Klemens in Seubelsdorf ein Freudentag für die Hohenborauer und man beschloss, jedes Jahr ein solches Heimattreffen zu organisieren. 1948 war also das Gründungsjahr unserer Ortsgemeinschaft. Es zeigte sich aber bald, dass die Entfernung zwischen den neuen Wohnorten der Mitglieder so groß waren, dass man sich einigte, die Heimattreffen künftig im Wechsel zwischen Seubelsdorf und Naila durchzuführen. Das Interesse an Naila ließ aber bald nach, so dass man sich in den Folgejahren in Grundfeld bei Seubelsdorf/Lichtenfels traf. Die Teilnehmerzahlen an unseren Heimattreffen blieben in den Anfangsjahren mit etwa 80 Personen immer gleich. Erstaunlich und erfreulich war, dass damals auch junge Menschen an unserer Heimatgruppe Interesse zeigten, was später leider nicht mehr der Fall war. Unsere Heimattreffen waren vor allem immer geprägt von Erinnerungen an die Heimat. Immer wieder kamen aus der Vergangenheit neue Fotos hervor, an denen sich alle erfreuen konnten. Gedichte und Erzählungen wurden vorgetragen, Informationen aus dem GHB vom Gruppensprecher mitgeteilt und diskutiert. Natürlich wurde auch gesungen und gelegentlich das Tanzbein geschwungen.

>Treffen der Hohenborauer in Grundfeld. Die Aufnahme entstand etwa zwischen 1965/1970<


Um die Organisation der Treffen in Grundfeld hat sich in diesen Jahren immer Familie Baumgart gekümmert. Aus Altersgründen konnten sie das leider nur bis ca. 1979 tun. Ab 1980 kümmerte sich Hfrd Klaus Werner aus Sonnefeld um die Hohenborauer. Er organisierte nun die Heimattreffen, welche dann in der Gaststätte „Weißes Lamm“ in Marktzeuln/Lichtenfels stattfanden. Im Dezember 2003 verstarb er, 66jährig und viel zu früh.

>Treffen der Hohenborauer Heimatfreunde 1993 in Marktzeuln<


Ab diesem Zeitpunkt übernahmen Frau Scherer und Herr Kunert die Geschicke der Ortsgemeinschaft in ihre Hände.
Die Teilnehmerzahl der Hohenborauer wurde mit den Jahren immer geringer. Sterbefälle und Alter machten sich stark bemerkbar. Erfreulicherweise kamen aber immer wieder Heimatfreunde aus den damaligen Nachbargemeinden zu unseren Zusammenkünften, so dass wir (jetzt, 2011) immer noch mit etwa 50 Personen rechnen können.
Sobald es möglich war, wurden auch Busreisen nach Schlesien organisiert. Unsere Teilnehmer an den Busreisen waren überrascht von der freundlichen Aufnahme durch die Polen. Dauerhafte Beziehungen haben sich daraus aber nicht ergeben.
Die Zeit unserer Busreisen ist aber nun vorbei, vor allem, weil die Strapazen einer solchen Reise für unsere Heimatfreunde nicht mehr zumutbar sind. Dafür haben wir die Kontakte zu unseren benachbarten Ortsgemeinschaften immer gepflegt und auch Gegenbesuche gemacht.
Unsere Heimatfreunde Elfriede Scherer und Willi Kunert weilen leider nicht mehr unter uns. Sie haben sich in den letzten Jahren viel um unsere Heimatgruppe gekümmert und auch an diesem Text für den Beitrag der Hohenborauer Ortsgemeinschaft zur Chronik des GHB mitgewirkt. Ihr plötzlicher Tod 2012 hat uns sehr getroffen! Ob die Hohenborauer Heimatfreunde noch die Kraft aufbringen, ihre Heimatgruppe zu erhalten und vielleicht auch einen neuen Sprecher zu finden, ist völlig offen.

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