Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 5,Mai 2013

Wenn der Flieder blüht...in Carolath

 

 

Die Fliederblüte in Carolath veranlasste in jedem Jahr viele Glogauer, eine Dampferfahrt in das Fliederparadies an der Oder zu unternehmen. Am Schützenhaus lag der Dampfer, in dicken Wolken quoll es aus seinem Schornstein, das Deck füllte sich, dann drehten sich die Schaufelräder und stromab ging's ... Beichau gleitet vorüber, Beuthen taucht auf, am rechten Oderufer steigt das Schloss von Carolath auf seiner Höhe auf, niederschauend auf den Strom. Und wie unten die Oderwellen unter dem anlegenden Dampfer wirbeln, so schwingen Duftwellen durch die Lüfte, nicht nur der Geruchssinn nimmt sie auf - man fühlte sie förmlich - Blüte im Fliederparadies Carolath.
Es birgt soviel heimlich Reizvolles, dieses kleine kostbare Juwel am Oderstrand. Amethystfarben ist sein Glanz zur Zeit der Fliederblüte, zarter Schimmer, der alles schier märchenhaft umhüllt. Selbst das alte Kirchlein hebt stolz sein Türmchen aus den Kronen der Eichen und Birken, die es treu umhegen. Welche herrlichen Ausblicke vom Oderdamm bis hinüber nach Beuthen. Wer vergisst den Blick von der Adelheidshöhe, wer den Schöneichdamm mit seinen ehrwürdigen Baumriesen. Wie viele sind in ihrem Schatten dahingewandelt, einst auch der Dichter Emanuel Geibel, der Schöpfer so manchen unvergänglichen Liedes. An einsamen Birkenhügeln liegt die Schönheit des Landes hingeschmiegt und schaut träumend in den Glanz der Sonne. An versteckten Waldweihern sitzt sie und lauscht dem Gesang der Vögel. Dann die Carolather Heide mit ihren kleinen Anhöhen und dem leuchtenden Heidekraut im Herbst.
Die Sonne neigt sich dem Horizont zu. Glühend rot flammt ihr gewaltiger Ball. Vom Strom her klingt schrill ein Signal: Heimfahrt. Dunkler färbt sich das Firmament; an dem im Osten Frau Luna aufsteigt. Vorbei, es war einmal!Carolath Adeleitshöhe

Die Adelheidshöhe

Wo Emanuel Geibel dichtete


Aus dem Heimatbuch des Kreises Freystadt, erschienen im Verlag von Adolf Kern in Beuthen vor mehr als 80 Jahren, wollen wir hier über den Dichter Emanuel Geibel erzählen, der oft genug Gast in Carolath war.
Fürstenschloss, Kirche, Adelheidshöhe und der breite Oderstrom zu Carolath waren die Symbole unseres auf stolzer Oder-Anhöhe von Eichengrün in weitem Kranze malerisch umrahmten Heimatfleckchens und damit auch der Grundbegriff unseres weiten deutschen Vaterlandes. Carolath, klang doch dein Name schon wie Poesie! Poesie war viel in unserer Väter Land zu finden.
Carolath, mit einer „hohen Brücke" und einem „Wasserturm" geziert, war für uns Kinder das Paradies. Wie gern gingen wir am Wochentagabend oder am Sonntagnachmittag nach dem Kindergottesdienst an der schindelgedeckten, grün umrankten alten Weinpresse vorüber, den „hohen Steg" hinan, hin bis zur Adelheidshöhe, von der die fürstliche Fahne wehte, um einen Rundblick in die Lande zu tun.Ca

>Das Geibelhaus; es lag zwischen Beuthen und Carolath; hier lebte der Dichter Emanuel Geibel, der Sänger des Mailiedes „Der Mai ist gekommen“ und des Liedes: „Wer recht in Freuden wandern will“.<


Zu unseren Füßen liegen die Carolather Weinberge und am Horizont winken die Türme der Stadt Glogau. Von dort aus zieht sich dann das Silberband des großen Oderstromes, nahe unsern Füßen, an der Altstadt Beuthen rasch vorüber. Dann liegt vor uns, schräg über von Beuthen, im Grün uralter Eichen und Kastanien versteckt, auf einem Wiesenplane, hart am Strom, das nun verfallene, einst so schöne Geibelhäuschen, im Volksmunde Kardeitsch (Cottage) genannt, mit seinem graugrünen Strohdache, seinen Butzenscheiben, seinen wie Kastanienblüten leuchtendrot getünchten Außenwänden und seiner einst von blauen Waldreben schön umzogenen Sommerlaube.
Dort hörten wir um 1850 den Dichter Emanuel Geibel seine frohen Lieder singen. Wir sehen ihn im Geiste den laubgeschmückten Kahn besteigen und auf leichten Wellen dem im Abendsonnenscheine in den wiegenden Fluten sich widerspiegelnden schönen Tempelschlosse zufahren, um an der leider längst entschwundenen „Sommerbrücke" - einem japanischen Pavillon - zu landen, wo unterm dichten Eichendach Fürst Heinrichs eigene Kapelle zur Nachmittags- und Abendzeit ihre Weisen spielte, bis der Mondschein goldene Brücken nach Hegewald baute.
Wir sehen unsern Sänger ein andermal auf dem am Pfarrgarten beginnenden alten Schönaichdamme wandern, unter den vielhundertjährigen Eichen, die ihr schützendes Dach über Tausende von Veilchenblüten breiten. Links ab führt sie dann der kleine Damm (Poetensteg von uns genannt) über den Schönaichgraben, an der Baumschule vorüber wieder zur Höhe hinauf, zur Lindenlaube, die mit Rundblick und Rundbank zur Rast einladet. Die Kirschallee am oberen Lehnenhang oder der Nussbaumweg an der Buchenchaussee führen dann zur Adelheidshöhe zurück.
Der Name des Dichters Emanuel Geibel klang wohl in keinem andern Winkel Deutschlands so oft wieder wie in unserer Heimat. Auf der steilen Höhe des Schlesisch-Tarnauer-See-Ufers thront das Geibel-Schlösschen. Am Fuße der Carolather Höhe schlängelt sich der Geibel-Damm entlang. Auf einer verborgenen Waldwiese des Beuthen-Carolather Oderwalde steht das schweigsame Geibelhäuschen und Beuthen besitzt eine Geibelstraße. Heinrichslust ist voll von Geibel-Erinnerungen, denn dort weilte der Dichter oft als Gast des Fürsten Heinrich. Nach der Entlassung des Dichters aus dem Münchener Hofdienst gelang es der Fürstin, ihn ein Ehrengehalt von König Wilhelm I. zu erwirken. Die letzten Jahre des Dichters waren von körperlichen Schmerzen heimgesucht, am 6. April 1884 erlöste ihn der Tod von allen Lasten des Lebens.

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