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Brostau war vor dem Krieg ein gepflegtes Bauerndorf, etwa 2 km oderaufwärts von Glogau entfernt, mit 1040 Einwohnern (1936), einer kath. und ev. Kirche. Außer einer Ziegelei gab es keine größeren gewerblichen Anlagen. Von den 75 Grundstücksnummern waren 43 Bauernhöfe, die entlang der „Hauptstraße" aufgereiht standen. Die Nähe zu Glogau hatte auch Nachteile. Brostau musste wertvolles Ackerland an die immer größer werdende Stadt abgeben, was zur Folge hatte, dass die Anzahl der Bauern in Brostau zurückging. Nach dem Krieg wurde Brostau 1985 eingemeindet und ist heute ein „Stadtteil" von Glogau.
Nach Flucht und Vertreibung aus der Heimat hat Frau Charlotte Stritzke zusammen mit Helmut Zanke die Anschriften der verstreut in Deutschland lebenden Brostauer gesammelt und zum ersten Mal 1983 zu einem Erinnerungstreffen nach Staffelstein im Frankenland eingeladen, wo viele Brostauer nach Kriegsende Zuflucht gefunden hatten. Auslöser war eigentlich die Beerdigung von zwei Brostauern Alois Winkler und Otto Marx im Juni 1983. Dabei wurde der Wunsch laut, nicht nur bei traurigen Anlässen zusammen zu kommen. So kam es dann im Oktober 1983 zu dem ersten Heimattreffen der Brostauer im „Naturfreundehaus am Dornig" in der Nähe von Staffelstein, eingeladen von Charlotte Stritzke und Helmut Zanke. Es gab dann weitere Heimattreffen im Abstand von 2 Jahren „Am Dornig". Dort wurde es aber bald zu eng, so dass schon das 4. Treffen z.T und alle folgenden ab 1991 im „Grünen Baum" in Staffelstein stattfanden. In den ersten Jahren gab es dabei etwa 120 -150 Teilnehmer.
Die Treffen der ehemaligen Brostauer dienten dazu, die enge Verbundenheit zu erhalten, miteinander Erinnerungen auszutauschen, Bilder, Karten und persönliche Erinnerungsstücke zu zeigen und schlesisches Brauchtum zu pflegen, z. B. durch vorgetragene Gedichte, Erzählungen, Lieder.
Die Brostauer wurden in Staffelstein gut aufgenommen. Die Bewohner der „Adam - Riese - Stadt" sahen die ehemaligen Brostauer eher als eine Bereicherung an, was auch von der Stadtverwaltung unterstützt wurde. So kam es, dass bei diesen Treffen die kleine fränkische Stadt am Obermain „fest in den Händen der ehemaligen Brostauer“ war. Als Teilnehmer wurden beim Treffen 1989 etwa 100 Personen registriert (1994 fast 120).
Wie in jeder Organisation ist die Planung und Durchführung eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Heimattreffen. Umso schmerzlicher war der plötzliche und unerwartete Tod des Heimatfreundes Helmut Zanke am 12.9.1994, für alle Brostauer ein Schock.Charlotte Stritzke nahm die Last der Organisation weiterer Treffen und die Verantwortung für den Bestand der Brostauer Heimatgruppe auf sich, trotz zunehmender gesundheitlicher Beschwerden. So konnte auch 1995 wieder ein Brostauer Treffen in Staffelstein durchgeführt werden. Für alle Teilnehmer war es dabei erfreulich, dass auch der Vorsitzende des GHB, Schelenz, gekommen war. Er hat das Treffen zum Anlass genommen, um einige Brostauer Heimatfreunde mit Urkunden bzw. Ehrennadeln auszuzeichnen. Darunter auch Gerhard Tietz mit der „Silbernen Ehrennadel" für die schönen Diaserien von den Treffen der Brostauer und für die Bilder von den Reisen nach Schlesien. Hfrdin Stritzke hatte in den letzten Jahren immer wieder auch auf die Heimattreffen der Bezirksgruppe Franken hingewiesen. 1997 hat auch eine Gruppe Brostauer und Oderhorster (die oft zu den Brostau-Zusammenkünften kamen), mit 44 Personen am Heimattreffen der Bezirksgruppe Franken am 17. und 18. Mai 1998 in Lichtenfels teilgenommen.
Auch bei den Brostauern wurde der Kreis mit der Zeit immer kleiner. Der Vorschlag von Frau Stritzke, sich künftig öfter und zwar jährlich einmal im Birkenhof Staffelstein zusammenzufinden wurde gern angenommen. So kamen zum Treffen am 14. Juni 1999 54 Teilnehmer. Dabei wurde auch das Museum der Stadt besucht, wo sich eine ständige Ausstellung mit Erinnerungsstücken an Brostau befindet. Die Stadt hatte dafür eine Vitrine zur Verfügung gestellt. Sie enthält: Das Buch über Brostau (von Stritzke und Seifert), eine Ehrenliste der Opfer von Krieg und Vertreibung aus der Gemeinde Brostau (zusammengestellt von Ch. Stritzke), ferner Bilder, Fotos, eine Landkarte u.a.
Ab 2004 ging es unserer Heimatfreundin Ch. Stritzke gesundheitlich immer schlechter, so dass sie überlegen musste, wie es mit der Heimatgruppe und den Treffen in Staffelstein weitergehen konnte. Es waren ja 2003 immer noch 47 Personen nach Staffelstein gekommen.
Über 20 Jahre hat Charlotte Stritzke als Sprecherin der Brostauer Heimatfreunde Verantwortung getragen, die Brostauer zusammengehalten, die Treffen in Staffelstein organisiert und die Erinnerung an die Heimat und an Schlesien gepflegt. Dann ging es nicht mehr. Sie war gesundheitlich so angeschlagen, dass sie die Verantwortung für die Brostauer Ortsgemeinschaft nicht weiter tragen konnte. Da sich kein Nachfolger fand, hatte sie schon 1995 vorgeschlagen, die Brostauer Treffen künftig immer zusammen mit den Heimattreffen der Bezirksgruppe Franken in Lichtenfels durchzuführen. Es wurde zunächst für einige Jahre auch so gehandhabt, bis der Brostauer Kreis dann so klein geworden war, dass man sich ab 2000 wieder jährlich in Staffelstein traf. Im August 2004 war dann das letzte Heimattreffen unter ihrer Leitung in Staffelstein. Die Brostauer wurden künftig immer zu den Heimattreffen der Bezirksgruppe Franken eingeladen. Zu ihrem Leiter Thomas Kinzel bestand seit Jahren eine gute Verbindung. Seit 2004 haben also auch keine Treffen der Brostauer in Staffelstein mehr stattgefunden.
Die verbliebenen Brostauer haben sich der Franken-Gruppe angeschlossen. Die guten persönlichen Beziehungen der Brostauer untereinander sind aber geblieben.
Die Verbindungen der ehemaligen Brostauer zu den heutigen polnischen Bewohnern ihres Dorfes sind im Laufe der Jahre eng, ja zum Teil auch freundschaftlich geworden. Durch den Besuch zunächst nur einzelner Personen, später von ganzen Gruppen Brostauer Heimatfreunde entwickelten sich aus gegenseitiger Achtung und Verständnis für das Schicksal der vertriebenen Deutschen und der aus dem Osten zwangsevakuierten jetzigen polnischen Bewohnern viele gute persönliche Beziehungen.
Frau Stritzke war 1977 das erste Mal nach dem Krieg wieder in Brostau (und Glogau). Das ganze Dorf wirkte damals grau und traurig. Manches fehlte, was ihr vertraut war. Das Bild der ganzen Landschaft um Glogau hat durch den Kupferabbau in der Region um Glogau schwer gelitten. Teilweise mussten wegen der Vergiftung der Böden durch die Abwässer auch die Bewohner manche Dörfer aufgeben, z.B. Rabsen, wo nur noch die Kirche als Ruine steht. Bei ihren späteren Reisen sahen sie und die ehemaligen Brostauer dann, wie nach jahrzehntelangem Verfall mit der Eingemeindung Brostaus in Glogau (am 1. Juli 1985) auch das Dorf sich wieder wandelte. Die Häuser wurden restauriert, das ganze Dorf war wieder ansehnlich und sauber. Es wurde wieder zum Brostau unserer Erinnerung.
Die guten Beziehungen der ehemaligen Brostauer zu den jetzigen polnischen Bewohnern ermöglichte es auch, dass 2005 zur Erinnerung an die vor 60 Jahren erfolgte Vertreibung der deutschen Bewohner des Ortes eine hl. Messe in der katholischen Laurentius-Kirche gehalten wurde. Pfarrer Tokarczyk förderte auch die Bemühungen, eine Gedenktafel zur Erinnerung an die deutschen Bewohner, die 1945 ihre Heimat verlassen mussten, im Kirchenbereich aufzustellen. So konnten am 18. Mai 2005 in einem feierlichen Akt zwei Gedenktafeln (eine mit deutscher Inschrift, eine 2. in polnisch) aufgestellt werden.
Die Finanzierung erfolgte durch Spenden der ehemaligen Brostauer. Die Gedenktafeln wurden in zwei Nischen an der Friedhofsmauer aufgestellt.
Ihr deutscher Text:
Zur Erinnerung an die ehemaligen deutschen Bewohner von Brostau, die hier seit Generationen lebten.
Durch die Kriegsereignisse mussten sie Ende Januar 1945 die Heimat verlassen.
In Liebe bleiben sie und ihre Nachkommen Brostau verbunden
Brostau 2005
Die Gedenktafeln sind ein Zeichen der Verständigung und gegenseitigen Achtung zwischen deutschen und polnischen Bewohnern Brostaus.
Bleibt noch über die zahlreichen Busreisen der Brostauer in ihr Heimatdorf zu berichten, wobei auch viele andere Gegenden Schlesiens und auch darüber hinaus besucht wurden. Natürlich stand im Vordergrund immer die Frage, was ist aus unserem schönen Brostau geworden, hat es sich weiter entwickelt und wie sieht es heute dort aus. Steht unser Haus noch und wer wohnt jetzt dort? Aus den sporadischen Besuchen haben sich auch feste, sogar freundschaftliche Beziehungen entwickelt. Die von Hfdin Stritzke geknüpften Verbindungen zu Brostau und Glogau haben z.B. auch zu einem Schreiben des damaligen Stadtpräsidenten von Glogau, Jacek Zielinski an Frau Stritzke geführt, worin er sich für das Buch „Brostau bei Glogau - aus einem niederschlesischen Dorf“ (von Charlotte Stritzke und Bruno Seifert) bedankt und darauf hinweist, dass das ganze Brostau jetzt unter Denkmalsschutz steht und gepflegt wird; der spindelförmige Dorfkern bleibt auch bei notwendigen Sanierungsarbeiten erhalten..
Die mehrtägigen Reisen der Brostauer führten aber auch durch andere schlesische Landesteile. Schlawa (Schlesiersee) und das Riesengebirge standen immer auf dem Programm. Die Kirche Wang und die Schneekoppe wurden besucht, aber auch der Annaberg, der Wohnsitz Gerhart Hauptmanns in Agnetendorf, Neiße, Breslau, Liegnitz, Bunzlau und andere schlesische Städte oder wichtige historische Orte. Die Busfahrten machten vielen Teilnehmern wieder bewusst, wie groß, vielfältig und schön Schlesien ist. Eine Busfahrt führte sogar bis nach Ostpreußen und in die masurische Seenplatte.
Charlotte Stritzke hat sich durch ihre Liebe zu Brostau, durch ihre Heimatverbundenheit und ihr jahrzehntlanges Bemühen um die Ortsgemeinschaft Brostau viele Verdienste um den GHB und für versöhnliche, gute Beziehungen zu den heutigen polnischen Bewohnern, unseren Nachbarn erworben. Die Würdigung mit der Verleihung der „Großen Goldenen Ehrennadel" des Glogauer Heimatbundes 2012 kann nur ein kleines Dankeschön für diese treue Schlesierin sein.
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