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Liebe Heimatfreunde!
Mit dem Beitrag Teil 10 „Der Glogauer Heimatbund und seine Patenstadt Hannover“ ist der für diese Chronik vorgesehene 1. Komplex zur Entstehung des GHB, seine Funktionsträger und Mitarbeiter, die Heimatzeitung und alles, was auf der Leitungsebene für den Heimatbund und seine Mitglieder geplant, organisiert und durchgeführt wurde, abgeschlossen. Darüber sind fast 2 Jahre vergangen. Nicht immer konnte der ursprüngliche Plan (vergleiche NGA 2/2011) eingehalten werden. Es gab Verschiebungen, Zusammenlegungen, Streichungen usw. Am Ende ist nach meiner Meinung aber doch ein Dokument entstanden, das dem Leser einen Einblick in die Geschichte und Entwicklung des Glogauer Heimatbund e.V. gibt und geeignet ist, die Erinnerung an über 60 Jahre GHB als Teil der Nachkriegsgeschichte der heimatvertriebenen Schlesier wachzuhalten und zu bewahren. Ich möchte allen, die an dieser Chronik mitgearbeitet haben herzlich dafür danken. Leider erreicht dieser Dank nicht mehr alle beteiligten Autoren, Prof. Dr. Urbanek und Maria Schalm sind inzwischen (2012) verstorben.
Die einzelnen Kapitel dieser Geschichte des Heimatbundes sind von den Autoren vorwiegend nach im Archiv des GHB vorhandenen Unterlagen und soweit möglich, eigener Erinnerung, geschrieben. Sie sind deshalb z.T. subjektiv und es kann durchaus sein, dass mancher Leser zu bestimmten Dingen aus eigener Erfahrung eine andere Meinung hat, zumal auch die Unterlagen in unserem Archiv nicht immer die gewünschte Auskunft vermitteln konnten. Deshalb ausdrücklich meine Bitte, Wünsche für Korrekturen, sachliche Änderungen, Formulierungen, Erweiterungen usw. an unser Büro oder direkt an mich einzubringen. Sie können in der geplanten späteren Buchveröffentlichung berücksichtigt werden.
Das Vorhaben, in einem 2. Komplex über die Bezirksgruppen und Ortsverbände des GHB zu berichten, ist sehr schwierig. Aus Alters- oder Krankheitsgründen ist es manchem Leiter nicht mehr möglich, selbst über seine Gruppe zu schreiben. Manche Heimatgruppen existieren auch heute nicht mehr. So weit möglich, sollen sie aber auch hier noch einen Eintrag bekommen. Der Herausgeber bemüht sich, aus den vorhandenen Unterlagen über diese Heimatgruppen zu berichten. Das hat aber ur Folge, dass für diesen 2. Komplex unserer Chronik keine Reihenfolge vorgegeben werden kann. Maßgebend ist der Eingang der entsprechenden Beiträge. Die Hauptarbeit für di druckfertigen Manuskripte, die ja in der Diktion und dem Umfang in das Gesamtkonzept dieser Chronik passen müssen, wird vor allem den Herausgeber beanspruchen. Da die für diesen Teil vorgesehenen Berichte stark ortsgebunden sein werden und dem Herausgeber nur aus den schriftlich vorliegenden Unterlagen bekannt sind, können sich leicht Fehler einschleichen. Deshalb gerade zu diesen Beiträgen nochmals die Bitte, Ergänzungen und Änderungswünsche mitzuteilen.
Liebe Heimatfreunde, mit ihrer Hilfe hoffe ich, auch diesen Teil unserer Chronik gut zu Ende zu bringen.
Mit heimatlichen Grüßen
Prof. Dr. A. Palissa
Polkwitz liegt 21 km von Glogau entfernt an der südlichen Kreisgrenze.
Vor dem Krieg war Polkwitz, die Stadt mit den 3 Türmen und einem quadratischen Markt, eine idyllisch gelegene ruhige Kleinstadt im Kreis Glogau.
Die Einwohnerschaft betrug lt. Adressbuch von 1943 1.601 Bürger.
Direkt an der ehemaligen Heeresstraße gelegen, die von Breslau nach Berlin führte.
Die Umbenennung in Heerwegen im Jahre 1938, hatte da wohl ihren Ursprung. Das an Polkwitz angrenzende Bauerndorf Niederpolkwitz (Sandhofen) mit seinen ca. 350 Einwohnern war sehr eng mit der Stadt durch das Schulwesen und die Konfessionen verbunden.
Nach Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung wurde die Stadt und Umgebung im Jahre 1946 mit Polen, die vorwiegend aus den östlichen Gebieten Polens stammten und die ebenfalls ihre ursprüngliche Heimat verloren haben, besiedelt.
Das Vorhandensein, bzw. die Erschließung großer Kupfervorkommen in den 60er Jahren, deren Abbau und Vermarktung, brachten Polkwitz und der inzwischen eigenständigen Region einen großen wirtschaftlichen Aufschwung. Polkwitz ist eine reiche Stadt mit vielen Neubauten und kulturellen Einrichtungen geworden.
Auch das Volkswagenwerk Wolfsburg hat im ehemaligen Niederpolkwitz eine Produktionsstätte mit ca. 1000 Beschäftigten errichtet.
Unter den annähernd 30.000 Einwohnern gibt es keine deutschen Bewohner mehr.
In den 70er, 80er Jahren fanden bereits einzelne Privatreisen nach Polkwitz und Niederpolkwitz statt, mit unterschiedlichen Kontakten zu deren Bewohnern.
Die ehemaligen Polkwitzer und Niederpolkwitzer Bürger waren im gesamten Bundesgebiet, sowie im Gebiet der ehemaligen DDR verstreut und ansässig geworden.
Die ersten Zusammenkünfte von ihnen fanden zunächst bei den großen Heimattreffen der Schlesier in den 60er, 70er und 80er Jahren statt.
Erstmals im Jahr 1984 lud der Polkwitzer Heimatfreund Hellmuth Rachler eine ihm bekannte Gruppe Heimatfreunde in sein Haus in Kerpen-Horrem b. Köln ein.
Es kamen etwa 20 Personen, vorwiegend ehemalige Schul- und Sportfreunde aus Polkwitz. Die hierbei geknüpften Kontakte wurden aufrechterhalten und erweitert, so dass sich zu einem wieder von H. Rachler organisiertem Treffen 1989 in Heisterbacherrott im „Haus Schlesien“ bereits 44 ehemalige Polkwitzer einfanden.
Nach der Wende 1989/90 konnten jetzt auch Polkwitzer aus dem Osten Deutschlands zu nächsten Treffen nach Heisterbacherrott kommen. H. Rachler hatte abermals eingeladen und es kamen 59 Heimatfreunde.
Die Polkwitzer Heimatgruppe hatte für ihre Zusammenkünfte keinen festen Standort. Die Organisation der jährlich stattfindenden Treffen lag stets bei einzelnen aktiven Polkwitzern.
Die Zusammenkünfte fanden immer an Wochenenden statt: Anreise Freitag – Abreise Sonntag. Der Sonnabend war jeweils der Tag mit Freizeitaktivitäten, z.B. Busfahrten zu Sehenswürdigkeiten in der näheren bzw. weiteren Umgebung der Tagungsstätte.
Natürlich gab es bei unseren Treffen immer genügend Zeit, sich auszutauschen, über Erfahrungen, Erlebnisse und überhaupt über Polkwitz früher und heute zu reden. Das stand in den ersten Jahren bei unseren Treffen immer im Vordergrund. Als dann, ab 1994, die Busfahrten nach Polkwitz im Mittelpunkt der Treffen standen, haben sich die Inhalte und Diskussionen verschoben. Hfrd Krems hat bei diesen Treffen aber auch immer über Probleme, Entscheidungen und überhaupt neues aus dem Vorstand des GHB berichtet.
1992 traf man sich in Wernigerode/Ostharz zum ersten, von der Personenzahl – 128 – größeren Treffen. Darunter viele Teilnehmer aus den „neuen“ Bundesländern.
1993 hatte Hfrd Rachler zu einem Treffen mit 65 Teilnehmern im „Haus-Schlesien“ eingeladen.
1994 in Bad Saarow/Brandenburg. Dort wurden auch die Organisatoren (Sievers, Krems, Polte) von der großen Teilnehmerzahl von 175 Personen überrascht.
Dieses Treffen war erstmalig mit einer Busfahrt in unser altes Polkwitz verbunden. 3 Busse waren dazu nötig. Diese Tagesreise wurde den polnischen Stadtbehörden angekündigt, um die eigene Bevölkerung über die große Besucherzahl entsprechend zu informieren. Die Fahrt nach Polkwitz mit den 3 Bussen verlief leider nicht ganz ohne Probleme. Zunächst wurden wir am Grenzübergang Forst 2 ½ Stunden festgehalten, bevor eine Weiterfahrt möglich war.
Bei der verspäteten Ankunft in Polkwitz wurden wir überraschend zu einem größeren Gebäude mit Saal geleitet. Dort wurde uns ein überaus freundlicher Empfang durch die Stadtbehörden geboten. Empfangsreden, Musik, Folklore u.a. Das war für uns alle eine große Überraschung und von uns zeitlich nicht eingeplant. Die Zeit drängte, denn die Polkwitzer und Niederpolkwitzer wollten dort bei diesem Besuch ihre alten Wohnstätten und vertrauten Straßen und Gassen aufsuchen. So nahm dieser Besuch für die Gastgeber und unsere Heimatfreunde ein wegen der kurzen Zeit, die noch zur Verfügung stand, ein ziemlich unruhiges Ende. Trotzdem war es ein besonderes Erlebnis für viele, erstmalig wieder ehemaligen heimatlichen Boden zu betreten.
Es gab nun jährlich weitere Zusammenkünfte von Polkwitzern und Niederpolkwitzern mit einer durchschnittlichen Teilnehmerzahl von 110 Personen, in verschiedenen Orten Deutschlands.
Die Organisatoren dieser Treffen waren:
Heinz Scholz, Karlsruhe (Der mit seiner künstlerischen Begabung die Gestaltung der Einladungen übernahm)
Wilfried Polte, Bad Honnef
Dieter Krems, Hannover
Gretel Rapp, Sprecherin der Niederpolkwitzer. Sie trug wesentlich zum Gelingen der Treffen bei.
Es fanden auch im Zusammenhang mit unseren Treffen weitere 5 Fahrten nach Polkwitz statt.
Insgesamt kann man sagen, dass die alten Polkwitzer von den heutigen Bewohnern freundlich empfangen bzw. aufgenommen wurden. Besonders hat Herr Roman Tomczak, als Dolmetscher auf angenehme und freundschaftliche Weise zu diesen Kontakten beigetragen.
Bei einem Polkwitz-Besuch im Jahre 1999 hatten die Organisatoren der Besuchsfahrt, D. Krems und W. Polte, einen verabredeten Besuchstermin beim Bürgermeister von Polkwitz. Anwesend waren Dolmetscher und weitere Persönlichkeiten der Stadt.
Angesprochen wurde insbesondere das Verhältnis zum Glogauer Heimatbund. Ein weiteres Thema, das von D. Krems und W. Polte angesprochen wurde, war die Anregung unseres Hfrdes Thomas Morgenroth, in den USA ansässig, an das Fehlen einer Gedenkstätte, die aus historischen Gründen an die frühere deutsche Bevölkerung erinnert. Der Bürgermeister nahm diesen Punkt positiv auf und beauftragte andere Vertreter der Stadt, sich dieser Sache anzunehmen. Herr Tomczak, Vorsitzender der Freunde des „Polkwitzer Landes“ führte mit uns die entscheidenden Gespräche.Nach mehreren Gesprächen und Briefwechseln einigte man sich auf das Anbringen einer Gedenktafel.
Ein Teil der Polkwitzer Bürger einigte sich nach Diskussionen einstimmig auf folgenden Text in deutsch und polnisch: „Zur Erinnerung an die einst deutsche Bevölkerung dieser Stadt - im Namen der Versöhnung.“
Die Kosten für die Tafel sollten von den Polkwitzer Heimatfreunden durch Spenden finanziert werden.
Spendenaufrufe erfolgten, Geld war vorhanden. Als Standort der Tafel einigte man sich auf die Anbringung an der Vorderfront des „Alten Rathauses“. Die Einweihung war für den 22. April 2001 vorgesehen. Eine größere Gruppe Polkwitzer hatte ihre Teilnahme zugesagt. Die Einladung an prominente Gäste erfolgte von polnischer Seite aus. Mit Datum vom 20.03.2001 kam ein Schreiben von Herrn Tomczak mit folgendem Inhalt: „Herr Krems es gibt eine Katastrophe! Der Stadtrat von Polkowice hat den Text in unserer Fassung abgelehnt und wünscht eine Textänderung, in der das Wort „deutsch“ nicht mehr vorkommt.“ Nach einer Blitzumfrage bei den Mitgliedern, kamen unsere Polkwitzer Hfrde zu der Auffassung, dem polnischen Verhandlungspartner mitzuteilen, dass wir die Stadtratsentscheidung sehr bedauern, aber unter diesen Umständen ganz auf die Anbringung einer Gedenktafel verzichten. Die eingegangenen Spenden wurden innerhalb von 14 Tagen an die Spender zurücküberwiesen.
Bei unserem Treffen 2008 in Wernigerode/Harz stellten wir die Frage, ob wir bereits in diesem Jahr unsere Heimattreffen beenden, oder noch einmal ein Treffen in Görlitz 2009 stattfinden lassen sollten, verbunden mit einer abschließenden Tagesfahrt nach Polkwitz.
Die Mehrheit stimmte für Görlitz. Es wurde unsere letzte Gruppenfahrt nach Polkwitz.
Begründung dieser Frageaktion: Die zunehmenden Schwierigkeiten der Heimatfreunde, aus gesundheitlichen Gründen an unseren Treffen teilzunehmen, da die Heimatfreunde weite Anfahrtswege haben, die nicht ohne Strapazen ablaufen.
Mündliche und schriftliche Kontakte untereinander bestehen weiterhin.
Informationen sind für alle weiterhin über den Glogauer Heimatbund zu erhalten, besonders durch den Neuen Glogauer Anzeiger.
Damit ist aber offenbar das Bestehen der Ortsgemeinschaft Polkwitz/ Niederpolkwitz beendet.
Dieter Krems |
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