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Als letzter Besitzer des Gutes und Schlosses Schwusen möchte ich heute etwas von unserem alten, lieben Schwusen erzählen. Es war ein urdeutsches Dorf, das an der Mündung der Bartsch an die Oder lag, 14 Kilometer von der Kreisstadt Glogau entfernt. Durch seine schöne Lage an den beiden Flüssen war es ein beliebtes Ausflugsziel der Glogauer, die an schönen Sonntagen mit einem Ausflugsdampfer dorthin kamen und das „Strandhotel" sowie auch den durch seine alten Bäume und seine Ruhe beliebten, hoch über der Flussniederung gelegenen, Schlosspark besuchten.
Mittelpunkt von Schwusen war - so kann man wohl sagen - das imposante Schloss im Renaissancestil mit seinen vierzig Räumen. In seinem großen Saal und im Treppenhaus hingen lange Jahre zwei riesige Gemälde von Professor Richard Knötel, von denen das eine den „Recognoscierungsritt Friedrichs des Großen vor Glogau im Siebenjährigen Krieg" darstellte. Sie sind später in den Besitz des Hotels „Deutsches Haus" in Glogau übergegangen.
Vom Turm des Schlosses hatte man eine weite Aussicht bis zu den Dalkauer Bergen hinüber. Besonders bei großen Hochwassern, die im Frühjahr oft vorkamen, bot sich vom Schlossturm ein interessantes Bild über die weithin überschwemmten Wiesen, Waldstücke und Felder. Die Gemarkung von Hortingen (früher Tschwirtschen), dem zum Rittergut Schwusen gehörenden Nachbargut, lag ausschließlich in der Oderniederung. Wohl waren die Felder durch einen hohen und breiten Oderdamm geschützt, aber durch Druckwasser konnten sie doch erheblich überschwemmt werden.
Vor dem Schloss jenseits der Bartsch lag die „Herrnhofwiese". Sie war von mehreren alten Eichen bestanden: Dort fanden in früheren Jahren große Kinderfeste statt, besonders zum Geburtstag meiner Schwester Luise am 26. Juli. Dort waren dann Würstelbuden, Kletterstangen und wohl auch ein Karussell zu finden. Besonders in der Erinnerung verwurzelt blieb das Kinderfest am 26. Juli 1914, das - wie konnte es anders sein - unter dem Eindruck des gerade ausbrechenden Ersten Weltkrieges stand.
Das Schloss stammte aus dem 16. und 17. Jahrhundert und befand sich einst im Besitz der Grafen von Potworowsky, die auf dem Friedhof an der Ruine der ehemaligen katholischen Kirche, die im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde, noch eine Grabstätte hatten. Später besaßen Schwusen die Grafen von Egloffstein, deren Familiengruft mitten im Schlosspark zu finden war. Im Jahre 1864 - also vor etwa 150 Jahren - gingen Rittergut und Schloss Schwusen in den Besitz meines Großvaters Alfred Gilka über, der vordem in Berlin wohnte und Mitbegründer der bekannten Firma „I. A. Gilka-Liköre" war.
Der Name Bötzow stammt von meiner Großmutter, die ebenfalls aus Berlin stammte. Ihre Familie betrieb eine Bierbrauerei in, der Breslauer Allee; das „Bötzow-Bier" war in Berlin und darüber hinaus gut bekannt. Sowohl die Likörfabrik wie auch die Brauerei sind 1945 bei der Besetzung durch die Russen zerstört worden.
Im Jahre 1888 - dem Drei-Kaiser-Jahr - erhielt das Schloss nach einem größeren Umbau seine endgültige Gestalt. Leider ist es ganz am Schluss des zweiten Weltkrieges durch Beschuss von seiten der Russen in Flammen aufgegangen und zur Ruine geworden. Inzwischen ist diese Schlossruine völlig beseitigt.
Zu den markantesten Gebäuden des Gutes gehörte die Brennerei mit ihrem hohen Schornstein, der moderne Saatgutspeicher mit der Saatreinigungsanlage, der Kuhstall mit seiner sechzig Kopf großen Herdbuchherde, der Windmotor mit dem Windrad, das Magazin, ein früherer Salzspeicher, die große Hofscheune, auf deren First - mit einem Wagenrad als Unterlage - lange Jahre hindurch ein Storchenpaar nistete. |
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