Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 4, April 2011

Die Gründung des SC Preußen Glogau vor 100 Jahren

 

von Heinz Knappe

 

In der Osterwoche, am 1. März 1911, trafen sich im Kaisergarten an die 20 junge Männer und hoben unseren Sportverein aus der Taufe. Es waren keine geborenen Glogauer, mit einer Ausnahme: Bruno Lagodzki. Weitere Gründer waren u. a. Bruno Langer, R. Bäcker, Münzer, Schubert, Meier, Breuer und Kurowski. Im Laufe der Zeit kamen neue Anhänger hinzu, und hier tauchen schon ganz vertraute Namen auf: Erhard Scheinichen, Willi und Walter Siegemund, Gebr. Borgmann, Seeliger, Wolf, Herbert Exner, M. Gürke, Paul Kuhnert, G. Stein, Gebr. Krakau und die Hoberg's aus Noßwitz.

SC Preußen Logo

Es war eine schöne, unvergessene Zeit, daheim in unserem schönen Oderstädtchen Glogau. Der Exer, der alte Preußenplatz bei Vent-Schmidt an der Viktoriastraße, das herrliche und leider so wenig benutzte Stadion und unser guter letzter Preußenplatz am Schützenhaus tauchen in der Erinnerung auf. Welch treuen Zuschauerstamm hatten wir doch, ganz gleich, ob die Sportfreunde aus Grünberg, VfB Liegnitz, Schlesien Haynau, ATV 96 Liegnitz, der DSC Neusalz, Blitz Liegnitz, der SC Jauer, Waldenburg 09 oder gar einer der vielen Breslauer Fußballvereine bei uns zu Gast waren. Im Geiste sieht man noch unseren treuen Kassierer „Käpt'n Kamps" an der Kasse stehen, und wie oft fragte er: „Haste Schnee - sprich: Geld?".

Kassierer Kamps

Als Spielfeld diente ein Teil des Exerzierplatzes ... und die Tore durften nicht stehenbleiben und mussten nach dem Spiel wieder abgebaut werden. Der Monatsbeitrag betrug ganze 50 Pfennige, doch musste ein Eintrittsgeld von immerhin 75 Pfennigen entrichtet werden. Das erste Spiel der Preußen fand übrigens gegen den heimischen Turnverein von 1861 statt. Die Turner waren also auch einmal Fußballer! Unserer ersten Mannschaft gehörten stets einige Soldaten an, und darunter waren oft hervorragende Spieler. Unser Club profitierte also von unserer heimatlichen Garnisonstadt! Bis zum Kriegsausbruch im Jahre 1914 errang unsere 1. Mannschaft bereits zweimal die Gaumeisterschaft. Der Verein zählte zu dieser Zeit bereits 110 Mitglieder und unterhielt vier Herren- und drei Jugendmannschaften.
Leider war mit Kriegsausbruch die ganze Preußenherrlichkeit dahin! 90 Mitglieder gingen ins Feld, die meisten davon kamen nicht wieder.

Im Frühjahr 1919 gab es einen Neubeginn. Der Mitbegründer des Clubs, Bruno Langer, wurde zum Vorsitzenden gewählt und als treue Mitarbeiter stellten sich zur Verfügung: Alfred Kalisch, Paul Bieberstein, Erich Siegemund, Adolf Motzigkeit und Fritz Maciowka. Schnell konnte wieder ein regelmäßiger Spielbetrieb durchgeführt werden, und in kurzer Zeit hatten wir wieder eine sehr starke Mannschaft zur Stelle. Durch den Zuzug von Carl-Heinz Döpke, Kurt Scheinichen, Hermann Hampe erhielt der Club in der Verwaltung wertvolle Hilfe. 1922 wurde Kurt Scheinichen Vorsitzender und Carl-Heinz Döpke löste ihn 1927 ab. Und 1933 begann dann die Amtszeit eines Mannes, dessen Name mit dem SC-Preußen ganz eng verbunden ist: Adolf Motzigkeit, uns allen nur als unser „Motz" bekannt. Er leitete die Geschicke unseres Vereins bis zur Vertreibung im Januar 1945 und gemeinsam mit unserem Freund Oskar Siegemund lud er mit Rundschreiben Nr. 1 vom 26. September 1953 alle Vereinsmitglieder zum ersten Treffen in unsere Patenstadt Hannover ein, dem ersten Treffen nach dem unglücklichen zweiten Weltkrieg. Und wie steht es doch in diesem Einladungsrundschreiben?

„Die vergangene Preußenepoche soll wieder ins Gedächtnis zurückgerufen werden. War doch der SC-Preußen Fußballpionier in Niederschlesien. Schon vor dem 1. Weltkrieg stand die Preußenmannschaft im Endspiel um die Südostdeutsche Meisterschaft. Ein Aufstieg ohnegleichen folgte in den Jahren 1924 bis 1944. Nicht nur im Fußball, sondern auch im Handball, Hockey, Boxen, Tischtennis, Leichtathletik waren wir weit über die Grenzen Niederschlesiens bekannt. Und erst unsere Frauen! Zweimal Südostdeutscher Handballmeister gegen stärkste Breslauer Konkurrenz. Es war eine stolze Zeit in echter Sportkameradschaft!"

Über die Fußballer ist stets sehr oft berichtet worden, und es müssten viele unvergessene Namen erwähnt werden. Stellvertretend für viele hier einige unserer Verstorbenen, die sich große Verdienste für den Club erworben haben: Alfred Reitzig, Karl und Hermann Michel, Willi Stasch, Max Gutsche, Lothar Kröhl, Erwin Weimann. Dazu einige unserer Ligaspieler, leider auch schon verstorben: Wilhelm Schneider, Rudi Moll, Enne Vetter, Heinz Meißner, Hellmut Rieger, Günther Dünnebier sowie Heinz Vogel, Willi Kosak, Otto Gehrmann. Unvergessen aber auch Gerhard Lottermoser, Hans Regnault und unsere gute Lis Protzer-Witt. Sie alle nennen wir stellvertretend für alle verstorbenen und noch lebenden Vereinsmitglieder, denn der Raum ist zu klein, um j e d e n erwähnen zu können. Ehrensache aber ist es, auch einmal den Stolz unseres Clubs ganz besonders herauszustellen, nämlich unseren Südostdeutschen Frauen-Handballmeister 1931! Dass unsere schicken Preußenfrauen so groß aufspielen konnten, verdankten sie zum Teil hervorragenden Trainern und Betreuern. Hier seien genannt: Mrugalski, Weiser, Jupp Eickhoff, Sportlehrer Krämer, Emil Behr und Hans Georg Jahn. Aber auch Hans Regnault, als „Onkel Hans" oft der gute Geist der Truppe.

1955 übernahm der Hannoversche Sport-Verein von 1896 die Patenschaft für die Glogauer Sportler. Der damalige erste Vorsitzende von Hannover 96, Bundesbahndirektor Wesemann, empfing zum Zeichen des Dankes den Vereinswimpel und ein Bild aus Glogau. Wesemann erklärte damals, die Stadt Hannover habe 1952 für die Stadt Glogau die Patenschaft übernommen. Es sei daher für „96" keinen Augenblick zweifelhaft gewesen, für die Glogauer „Preußen" auf sportlicher Ebene das gleiche zu tun. Diese Patenschaft sei dem HSV 1896 eine hohe Verpflichtung.
Nach dem Tode unseres unvergessenen „Motz" im Jahre 1968 leitete der Unterzeichner dieses Beitrages die Geschicke des SC-Preußen u.a. durch regelmäßige Rundschreiben bis zum Jahre 2002 weiter.

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