Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 8, August 2010

Die Apotheken Glogaus - Etwas von ihrer Geschichte

 

von Dr. W. Brachmann

 

1. Die Rats- und Stadtapotheke
Im heimatlichen Schrifttum wird zuweilen gern behauptet, dass die Rats- und Stadtapotheke in Glogau eine der ältesten Schlesiens, ja Deutschlands sei. Man beruft sich dabei auf eine Urkunde vom 25. Januar 1281, die sich noch 1945 im Stadtarchiv befand und die besagt, dass Heinrich III. Herzog von Breslau, seinem Vogt Ludolf das von diesem erkaufte Erbrecht nebst verschiedenen Einkünften verleiht, darunter auch den Zins „de duabus apotecis institorum". Der Stadt war das Recht zugesprochen worden, zwei apotecae aufzurichten, „auf dass Stadt und Land wohl versorgt würde".
Nun verstand man um diese Zeit unter apoteca nicht nur eine Arzneizubereitungsstätte, sondern das Wort war ein Begriff für Warenniederlage schlechthin, erst viel später wurde es ausschließlich auf die Apotheke im heutigen Sinne angewandt. Die in der Urkunde gebrauchte Bezeichnung institor heißt in deutscher Übersetzung Krämer, so dass also in dem Erlass lediglich von zwei Kramläden gesprochen wird.

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Sicher ist aber, dass zwei Apotheken als Arzneiversorgungsstätten in Glogau schon recht früh bestanden haben. H. Lutsch, der Verfasser der „Kunstdenkmäler der Provinz Schlesien", erwähnt für 1430 eine Apotheke, und 1449 lebte ein Apotheker Thomas in Glogau; wahrscheinlich war er mit Thomas Stabelwitz identisch, der vorher die Kränzelmarkt-Apotheke in Breslau besessen hatte. Er hatte sie in diesem Jahr an Johannes Reynke für 50 Mark Groschen verkauft. Weiter ist bekannt, dass 1505 Herzog Siegmund von Glogau dem Besitzer der Stadtapotheke, Franz Eysagk, ein Privileg erteilt hat, das von König Wladislaus von Böhmen bestätigt worden ist.
Das Vorhandensein einer zweiten Apotheke ergibt sich auf einer Anordnung des Herzogs von Glogau 1524, nach der der Stadt- und der Ratsapotheke besondere Vergünstigungen zu gewähren seien. Auf die Dauer schienen aber zwei Apotheken zu viel für die Stadt gewesen zu sein. Die Ratsapotheke, die auf der „Malzgasse" gelegen war, wurde dann auch 1563 von dem Besitzer der Stadtapotheke, Gregor Born, aufgekauft und dieser zum Rats- und Stadtapotheker bestellt. Der Rat behielt sich jedoch das Recht vor, die beiden Offizinen, falls notwendig, wieder zu trennen, und diese Trennung ist auch einige Jahre später erfolgt, weil nach dem Tode Borns die auf die noch unter Vormundschaft stehenden Enkel des letzteren übergegangene Apotheke schlecht verwaltet wurde.
So wurde die Ratsapotheke wiedereröffnet und unter Administration des Physikus Menzel gestellt. Am 16. Juni 1611 verkündete Kaiser Matthias, dass Gregor Borns hinterlassene Erben um Konfirmation des vor 105 Jahren erteilten Privilegs gebeten hätten. Der Kaiser kam der Bitte trotz Einspruchs der Ratsherren nach. 1620 erwarb Sigismund Major die Apotheke und erhielt auch gleichzeitig die des Physikus Menzel zugesprochen, die sich anscheinend doch nicht halten konnte und nun wieder mit der Stadtapotheke vereinigt wurde. Der Magistrat machte wiederum den Trennungsvorbehalt und gab einige Jahre darauf tatsächlich die Ratsapotheke Gottfried Lehnert.
Am 20. Januar 1668 schloss dann Caspar Golz, seit 1657 Besitzer der Stadtapotheke, der mit dem Rat eng befreundet war, unter Zugrundelegung seiner der Stadt geleisteten großen Dienste mit dem Magistrat einen Vertrag, nach dem er das Recht erwarb, nach dem Tode Lehnerts die zweite Apotheke für sich, seine Erben und Deszendenten anzukaufen. Golz hatte um 1654 die Stadtapotheke in Bunzlau besessen. Als Lehnert 1666 starb, erwarb Golz die Ratsapotheke für 2500 Taler und ließ sie eingehen. Der Rat hatte ihm zugesichert, dass bei Erfüllung aller seiner Pflichten niemand mehr in Glogau eine Apotheke errichten dürfte. Seit dieser Zeit sind dann die Privilegien der beiden Apotheken immer in einer Hand geblieben.
Trotz dieser Privilegien hatte Golz aber Konkurrenz erhalten. Die Societas Jesu, die sich auch in Glogau niedergelassen und dort ein prächtiges Kolleg mit einer Kirche gebaut hatte, errichtete auf ein Reskript des Kaisers Leopold vom 7. September 1671 eine eigene Apotheke. Zwar sollte sie nur eigenen und wohltätigen Zwecken dienen, doch scheint diese Beschränkung nicht immer durchgeführt worden zu sein. Die bürgerlichen Apotheker (inzwischen war eine neue Apotheke entstanden) führten wiederholt Beschwerde gegen die Geschäftspraxis der Jesuiten. Friedrich der Große untersagte ihnen mit Verfügung vom 12. Mai 1744 eindringlich jedes illegale Wirken, und als dies nichts half, wurde die Apotheke auf Anordnung der Kriegs- und Domänenkammer in Berlin vom 12. April 1763 geschlossen.
Um die Mitte dieses Jahrhunderts besaß Pövel die Rats- und Stadtapotheke, 1775 erwarb sie der Apotheker und kgl. Medizinalassessor Kras, und von diesem kaufte sie 1807 Stritzki, der ein tragisches Ende fand. 1827 übernahm Haenisch die Apotheke und gab sie 1858 seinem Sohn. Dieser starb jedoch bald darauf, und 1862 kam der Betrieb in den Besitz von Niefeld. Diesem wurde das Amt eines Stadtrates übertragen; während seiner Besitzerzeit fand ein Mord- und Raubüberfall auf den Nachtdienst habenden angehenden Apotheker Rohr statt. Um 1880 kaufte F. Löwenberg, früher Besitzer der Stadtapotheke in Bolkenhayn, die Niefeldsche Apotheke, dessen Nachfolger wurde 1889 Dr. Hans Walter. Dieser starb 1898, ein Jahr zuvor hatte er das Geschäft an C. Jantke abgetreten, der vorher die Löwenapotheke in Freystadt besessen hatte. Er starb 1925.
Am 1. Juli 1912 kaufte Kurt Klaproth die Rats- und Stadtapotheke, nachdem er seine Stadtapotheke in Bernstadt veräußert hatte. Bei einer Phosphorexplosion im Arzneikeller kam Klaproth am 14. Juni 1923 ums Leben, und seine hinterbliebene Ehefrau gelangte so in den Besitz der Apotheke. 1928 verheiratete sie sich mit Edgar Arndt und übertrug ihm die Leitung der Apotheke, der er bis zum Russeneinfall musterhaft vorstand.

2. Die Hofapotheke
Schon im Ausgang des Mittelalters lebte in Glogau der Magister Peter als Hofapotheker des Herzogs Heinrich von Schlesien und Glogau. Am 28. Mai 1331 hat ihm dieser „um seiner getreuen Dienste willen, den Fundus (Grund u. Boden) des alten Schlosses zu Glogau bei der Marienkirche auf dem Dome samt allen Gärten, Plätzen und Gräben in der Ausdehnung bis an die Oder und an die Kurien der Kanoniker" zum Geschenk gemacht.Hofapotheke
Natürlich steht dieser „Peter apothecarius" in keinem Zusammenhang mit der Hofapotheke, Markt 22, die von Friedrich dem Großen ein Gründungsprivileg erhielt. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts bewarb sich der Apotheker Albinus aus Fraustadt - wahrscheinlich war er ein Sohn des Besitzers der Fraustädter Mohrenapotheke - um die Genehmigung zur Errichtung einer Apotheke in Glogau. Der Magistrat widersprach dem Gesuch unter Hinweis auf die zwei Exklusivprivilegien der Rats- und Stadtapotheke. Auch der Physikus verneinte in einem Gutachten die Notwendigkeit einer neuen Apotheke. Trotzdem erteilte Friedrich der Große am 21. Oktober 1744 dem Albinus ein Privileg für eine zweite Apotheke, die den Titel einer Hofapotheke erhielt. Auch die Beschwerde der Besitzerin der Rats- und Stadtapotheke, der Witwe Pöwel, verlief ergebnislos. Wenn sie sich rechtzeitig entschlossen hätte, eins ihrer beiden Privilegien zu veräußern, hätte sich die Neugründung wahrscheinlich verhindern lassen. Albinus war Assessor im Collegium Medicum et Sanitatis in Glogau. Wer nach ihm Besitzer der Hofapotheke wurde, ist nicht bekannt, doch als einer seiner Nachfolger im Collegium Medicum wird 1792 der Apotheker Zebul erwähnt.
1887 ging die Apotheke in andere Hände über. 1894 war Georg Maertens ihr Besitzer, 1910 verkaufte er sie an Max Lomnitz. Schon lange war den Besitzern der Rats- und Stadtapotheke sowie der inzwischen gegründeten Schlossapotheke die Bezeichnung „Königliche Hofapotheke" ein Dorn im Auge. Gegen Lomnitz erwirkten sie nun eine polizeiliche Verfügung, diese Firmierung zu unterlassen. In den Akten des Magistrats fand sich jedoch ein Schreiben des Ministeriums des Königlichen Hauses vom 16. Dezember 1885, das besagt, dass dem Besitzer einer von Friedrich dem Großen privilegierten Apotheke, auch wenn ihm persönlich das Prädikat eines Königlichen Hofapothekers nicht verliehen worden ist, die Befugnis zusteht, seine Apotheke als Königliche Hofapotheke zu bezeichnen. Daraufhin wurde die polizeiliche Verfügung gegen Lomnitz zurückgenommen.
Am 1. März 1934 pachtete Ernst Krause die Apotheke, am 1. Juli 1939 erwarb er sie käuflich. Bald jedoch wurde er als Heeresapotheker zur Wehrmacht eingezogen, so dass er nicht lange mehr im Genuss seines Besitzes war.

3. Die Schlossapotheke
Eine dritte Apotheke wurde im Jahre 1896 ausgeschrieben. Sie wurde an Rudolf Lehmann verliehen und von diesem am 18. November 1897 eröffnet. C. Jantke, der gerade die Rats- und Stadtapotheke erworben hatte, strengte gegen die Stadt und gegen Lehmann einen Prozess wegen Durchbrechung seines Exklusivprivilegs an, der über vier Jahre dauerte, ohne dass eine Entscheidung in der ersten Instanz ergangen wäre. Es kam zu einem Vergleich, nach dem die Stadt 4000 Mark und Lehmann 2000 Mark als Entschädigung zu zahlen bereit waren. Infolge der Privilegierung der Hofapotheke 1784 war das Exklusivprivileg schon durchbrochen und entwertet worden.
Lehmann gab die Apotheke 1906 an den Staat zurück, da er eine Konzession in Hannover erhalten hatte, und am 28. Juli 1906 kam die Schlossapotheke erneut zur Ausschreibung. Empfänger war Johannes Lehmann, ein Namensvetter des Vorbesitzers. 1912 verlegte er die Apotheke aus Mieträumen in ein eigenes, modernes Eckgrundstück, Lange Straße Nr. 42. Am 1. Juli 1937 verpachtete Lehmann die Apotheke an Curt Morgenbesser, der seit 1945 verschollen ist.

4. Die Reichsapotheke
Sie ist die jüngste Apotheke der Stadt Glogau und wurde im September 1927 im Grundstück Friedrichplatz Nr. 2 von Georg Martick eröffnet. 1938 übernahm sie Max Günther als Pächter.

Mit der Zerstörung der Stadt haben auch Glogaus Apotheken zu bestehen aufgehört.

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