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In einem Ort mit großem Namen: Großlogisch, der eigentlich zur Gemeinde Wiesau gehört, lebten bis 1945 ca. 550 Einwohner. Zum Ort gehörten 12 bis 15 Bauernhöfe und ca. 30 kleinere Gehöfte. Eigentlich nichts besonderes, aber da war noch das Busunternehmen H. Kiersch. Das Busunternehmen hatte sich 1925 erfolgreich um die Konzession für einen Autobusbetrieb bemüht und die Autobuslinie Glogau - Primkenau eröffnet (siehe: NGA Nr. 4/1990). Besonders die Landbevölkerung, die keine Bahnverbindung hatte, hat dieses bestimmt mit Begeisterung zur Kenntnis genommen und genutzt, denn dadurch wurde der Kontakt mit der Kreisstadt Glogau erleichtert. Mit dieser Geschäftsidee hatte das Busunternehmen Erfolg. Bald darauf (1926) wurde die Verbindung mit Sprottau hergestellt und weitere Verbindungen geplant.
Ich stellte mir die Frage: War das alles?
Nicht lange musste ich suchen, und zu meiner Freude fand ich in „Der Chronik der Gemeinde Kauer" folgenden Vermerk: „ Am 30. 04. 1929 wurde eine für den Verkehr mit der Stadt Glogau sehr wichtige Neuordnung eingeführt. Das Autobusunternehmen Kiersch aus Großlogisch, das im Kreise bereits einige Autobuslinien betreibt, richtete an diesem Tag eine neue Linie Glogau - Schrien und zurück ein. An den Markttagen Dienstag und Freitag sollte der Autobus zunächst verkehren und auch unseren Ort befahren. Dadurch wurde eine sehr günstige Verbindung mit der Kreisstadt eingeführt, die von den Bewohnern auch rege benutzt wird. "
Das Busunternehmen H. Kiersch hatte demnach ein Tochterunternehmen in Schrien gegründet. Der bescheidene Kommentar des Chronisten - des Lehrers H. Kurzbuch - zu diesem Ereignis, lässt die Freude der Dorfbewohner, die sonst immer 4,5 km zur Bahnstation Brieg a/O laufen mussten, nur erahnen.
Zwar ist Schrien von Großlogisch nur ca. 10 km entfernt, aber es muss sich für die Firma Kiersch gelohnt haben, Aus eigener Erfahrung ist mir bekannt, dass diese Busverbindung bis 1944 aufrechterhalten wurde. Mindestens einmal im Monat fuhr meine Tante nach Glogau, um dort einiges zu erledigen, und ich als sechs/siebenjähriger Knabe konnte sie oft begleiten. Jede Fahrt war für mich sehr attraktiv, denn außer einem Stück Torte in einer Konditorei durfte ich in einem Papierladen (ich glaube es war bei Carl Bermel) am Markt immer ein neues Papier-Flugzeugmodel (zum selber Basteln) aussuchen. Dieses Modell klebte dann mein Onkel (Pfarrer in Gr. Kauer) unter meiner Aufsicht zusammen.
Auch eine weitere, nicht selbstverständliche Busverbindung ist dem aufmerksamen Chronisten nicht entgangen. So schreibt er unter dem Datum 12. 11. 1934 folgendes:
„Um den Landbewohnern Gelegenheit zu geben, gute Theatervorstellungen besuchen zu können, wird versucht, besondere Autobuslinien für Theaterbesucher einzurichten. Die Autos holen die Landbewohner ab und bringen sie nach Theaterschluss wieder zurück Die Preise betragen in Preisgruppen für den 1-n Platz 2,20 M, 2-n Platz 1,80 M, 3-n Platz 1,50 M. einschließlich Autofahrt. Von diesem Angebot wird Gebrauch gemacht. Ein Autobus mit über 40 Teilnehmern aus Dalkau und Groß Kauer holt die Theaterbesucher zu sieben Vorstellungen ab, die sich allerdings für sämtliche Vorstellungen verpflichten müssen. "
Ich gehe davon aus, dass die erwähnten sieben Vorstellungen auf die Wintermonate verteilt waren. Auch muss diese Maßnahme für das Glogauer Theater vorteilhaft gewesen sein, denn für das Jahr 1935 und 1936 dokumentiert der fleißige Chronist: „Auch in diesem Jahr (10. 12. 1935) finden wieder Theaterfahrten nach Glogau statt. Es wurden 5 Vorstellungen besucht. Die Preise betragen 2,20, 1,80 oder 1,40 M. für die Vorstellung einschließlich Fahrt. "
(Zur Information: laut „Chronik" war 1933 der Arbeitslohn eines Maurers 2RM/Tag). Und weiter notiert der Chronist: „Auch in diesem Jahr (1936) werden für
die Landgemeinde wieder Theaterfahrten nach Glogau veranstaltet. Es finden wieder 6 Vorstellungen statt, zu denen die Teilnehmer wieder durch einen Autobus abgeholt werden. Auch für die Schulkinder wurde eine Weihnachtsaufführung veranstaltet, an der sich einige Kinder der hiesigen Schule beteiligten. "
Leider hinterließ der Chronist keine weiteren Notizen zu diesem Thema.
Interessant wäre, weshalb hat das Glogauer Theater solche Idee entwickelt, um Besucher in den Saal zu bekommen? Sicher, zu der Zeit entstanden das Publikum erfolgreich vom Theater ablenkende neue Medien, (Kino, Sportveranstaltungen), was natürlich die finanziellen Schwierigkeiten des Theaters noch vertiefte. Man bedenke, der Umbau in den drei Jahren (1926 - 29) hat ca. 275.000, RM gekostet (siehe: „Das war Glogau", Seite 400) und nur Dank finanzieller Zuschüsse von der Stadt, konnte das Glogauer Theater erhalten bleiben. Auch das Theatergesetz 15. 5. 1934 hatte Änderungen unter den Bühnenschaffenden verursacht. Die auf das Publikum wirkende Anziehungskraft der bekannten, aber durch das Gesetz entlassenen Schauspieler, war geschwächt worden. Waren das die einzigen Gründe?
Die Theater-Manager wollten mit Recht die guten Chaussee-Verbindungen der Dörfer mit Glogau nutzen. Die Chausseen in Richtung Glogau (alles Obstbaumalleen) waren gut befahrbar, wenn auch nicht asphaltiert. Die Wege nach und von Groß Kauer waren schon 1894 (Klopschen - Groß Kauer) und 1895 (Groß Kauer - Quaritz- Beuthen/O - Fröbel) erbaut worden. Nur mit der Chaussee nach Dalkau hat es etwas gedauert. Diese Straße wurde erst am 10. Oktober 1905 dem Verkehr übergeben (berichtet die „Chronik"). Da diese Straße mit Eschen bepflanzt war, wurde die Dalkauer Chaussee zu einem Problem. So berichtet der Chronist folgendes:
„In der Zeit nach Weihnachten 1935 ändert sich das Landschaftsbild unserer Gegend dadurch, dass die schöne Eschenallee an der Landstraße nach Dalkau niedergelegt wird. Die Besitzer der anliegenden Felder führten schon seit langem Klage darüber, dass diese Allee den Ertrag ihrer Felder erheblich mindert. Bei allem Verständnis für diesen Standpunkt der Anlieger, wird die Beseitigung dieser herrlichen, schattenspendenden Allee von allen Naturfreunden beklagt. An die Straße sollen Kirschbäume gepflanzt werden. "
Diese erschütternde Notiz wird ein Jahr später um folgende gute Nachricht ergänzt: Im Herbst 1936 wird die Chaussee nach Dalkau mit Kirschbäumen bepflanzt.
Ja, diese Kirschbäume! Bis 1944 haben sie sich prächtig entwickelt. So habe ich diese Straße, die einige Monate im Herbst 1944 mein Schulweg war, in Erinnerung. Auch später, als 1947 die Grundschule in Dalkau (dann aber schon Dalków) wieder funktionierte, war diese Kirschbaumallee Grund, dass ich zur Kirschenerntezeit immer spät nach Hause kam (siehe auch: „Meine Schulzeit.." - NGA Nr. 1/2006, Seite 5).
Jetzt sind diese Wege mit einer Asphaltdecke ausgestattet, denn ein Schulbus sammelt in den Dörfern Groß Kauer, Dalkau und anderen die Kinder ein und befördert sie zur großen, neugebauten Schule nach Gaworzyce (alias Quaritz). |
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