Als ein Individuum mit scharf umrissener Eigenart erwuchs mit geschichtlicher Notwendigkeit das staatliche evangelische Gymnasium zu Glogau. Jede Wendung der Kampfes- und Leidensgeschichte des schlesischen Protestantismus spiegelt sich in seinem Schicksale wider, so beginnt die ausgezeichnete Festschrift von Dr. Muth. Unter dem Hochdruck der Gegenreformation ging der vorwiegend evangelische Stadtrat tatkräftig vor und führte im Jahre 1567 den evangelischen Schulunterricht ein, der allerdings durch kaiserlichen Befehl rasch unterdrückt wurde. Ein zweiter Versuch im Jahre 1571 aber glückte. Joachim Specht, der erste Seelsorger der evangelischen Gemeinde, dürfte wohl als der Begründer der Schule angesehen werden. Pridmann wurde der erste Rektor. Als Unterrichtsraum diente die Trinkstube unter dem Rathaus. Der langjährige Streit zwischen dem katholischen Domkapitel und der Stadt wegen der neuen Schule endete mit dem Siege der letzteren, indem die evangelische Gemeinde sich im Jahre 1581 gewaltsam in den Besitz der Stadtpfarrkirche und des daneben gelegenen katholischen Schulgebäudes setzte. Der streitbaren Bürgerschaft gelang es, allen Versuchen der katholischen Geistlichkeit und der kaiserlichen Regierung zum Trotz, bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1628) im Besitz von Kirche und Schule sich zu behaupten. Getragen von der edelsten Opferwilligkeit der fast ganz der neuen Lehre anhängenden Bürgerschaft, erlebt die Glogauer Lateinschule, die nach der vortrefflichen Schulordnung der Stadt Breslau organisiert war, im scharfen Wettbewerb mit dem gerade damals blühenden akademischen Gymnasium in dem nahen Beuthen a. O. ihren höchsten Glanz. Dieses ganze reich gesegnete Schulleben ging zugrunde in den Stürmen des Dreißigjährigen Krieges nach jener verhängnisvollen Oktobernacht des Jahres 1628, wo die Lichtensteiner Dragoner in die friedliche Stadt eindrangen und durch gewaltsame Unterdrückung die Herrschaft der Gegenreformation aufzurichten begannen. Pfarrkirche und Schulgebäude kamen wieder in die Hände der Katholiken; gleich den evangelischen Geistlichen mussten auch die Lehrer der evangelischen Schule den Wanderstab ergreifen. Zwar gab Wallenstein ebenso wie Torstenfon den Evangelischen die Erlaubnis, in einem Privathause sich ihr Schifflein Christi und eine Schule einzurichten, aber die Bürgerschaft der verwüsteten und verarmten Stadt, wo von einst 697 nur noch 240 evangelische Bürger übrig waren, konnte nur mit größter Mühe die Kosten für eine eigene Schle aufbringen. Und als im Jahre 1650 die Schweden endlich abzogen, wurde von der kaiserlichen Regierung das Schifflein Christi gesperrt, die Schule geschlossen. Hier endet die Geschichte der ersten evangelischen Gemeindeschule, als deren Fortsetzung das heutige staatliche evangelische Gymnasium angesehen werden muss. Durch den Westfälischen Frieden erhielten bekanntlich die Städte Glogau, Schweidnitz und Jauer die Erlaubnis zum Bau von Gotteshäusern; da der Friedensvertrag aber von Schulen nichts besagte, blieben alle Bemühungen der Glogauer Bürgerschaft, ihren Kindern eine evangelische Schulbildung zu ermöglichen, ergebnislos. Als um die Mitte des 16. Jahrhunderts die Gegenreformation in dem habsburgischen Schlesien und so auch in Glogau immer bedrohlicher wurde, bestand bei den zahlreichen Evangelischen der begreifliche Argwohn, die katholische Pfarrschule bemühe sich, die Kinder der protestantischen Bürgerschaft dem alten Glauben wiederzugewinnen, und das Verlangen nach einer evangelischen Stadtschule wurde immer stürmischer. Wie in der Bedrängnis des Dreißigjährigen krieges brachte wiederum der fremde Eroberer dem schlesischen Protestantismus neue Bewegungsfreiheit und damit die Mgögllichkeit, sich so lange lebensfährig zu erhalten, bis Friedrich des Großen Degen seine Fesseln endgültig zerhieb . Durch den Altranstädter Frieden, der im Jahre 1706 zwischen dem siegreichen Schwedenkönig Karl XII. und dem Kaiser abgeschlossen wurde, erhielt die Stadt Glogau das Recht, bei der Hütte Gottes vor Glogau eine evangelische Schule zu errichten. Voll opfermütiger Begeisterung, getrieben und getragen von der gleichen Gesinnung der glaubensverwandten Städte und des Adels, nicht bloß Schlesiens, sondern sogar der großen süddeutschen Reichsstädte, so dass man die Gründung des evangelischen Gymnasiums als eine gemeinsame Tat des deutschen Protestantismus bezeichnen kann, ging die evangelische Kirchengemeinde ans Werk. Am 1. November 1708 fand die feierliche Einweihung des an den evangelischen Kirchhof angrenzenden evangelisch-lutherischen Seminariums vor Groß Glogau statt. Die neugegründete Schule sollte von Anfang an die gesamte niedere und höhere Schulbildung von dem Abc-Schützentum bis zum Abgang zur Universität vermitteln. 1713 wurde den ersten Schülern die Reife zur Universität zuerkannt. Nach anfänglichem Aufblühen der Schule ging es mit ihr auf Grund der damals herrschenden Verhältnisse rasch bergab. Die damals herrschenden trostlosen Zustände nahmen eine Wendung zum Besseren, als am 9. März 1741 die Festung Glogau in die Hand der Preußen fiel. Der scharfe Zug der friderizianischen Staatsverwaltung machte sich sofort fühlbar. Der König nahm ohne Nachteil für die bestehenden Patronatsrechte wie über alle Schulen seines Landes, so auch über das Glogauer Seminarium das Recht der Oberaufsicht in Anspruch. Die Schule wurde der königlichen Oberamtsregierung in Glogau übertragen, wo eine neue Abteilung, das Oberkonsistorium errichtet wurde. Es begann eine neue Blütezeit der Schule. Als im Jahre 1808 der 100. Gedenktag der Gründung herankam, waren freilich die Zeitumstände für ein rauschendes Fest nicht geeignet. Eine schwere Gefahr zog damals vor allem durch die eifrige Verwendung des Oberkonsistorialrates Bail vorüber, nämlich das Schicksal, durch die Regierung aus einer Gelehrten- in eine Bürgerschule umgewandelt zu werden. Mit der Neugeburt des Preußischen Staates vollzog sich auch die Neugestaltung der Schulverwaltung. Die königliche Regierung in Liegnitz wurde die Aufsichtsbehörde für die höheren Schulen des Bezirkes. Auf Grund der Städteordnung erfolgte die Bildung einer städtischen Schuldeputation mit einer das gesamte Schulwesen der Stadt umfassenden Befugnis. Dem Kirchenkollegium, das es an Protesten nicht fehlen ließ, verblieb nur die Wahl der Lehrer, die Vermögensverwaltung und die nächste Aufsicht wie bisher. Sie verlieh aber die Oberaufsicht darüber der städtischen Schuldeputation, der der Oberkonsistorialrat Bail und der Scholarch als stimmberechtigte Mitglieder angehörten. Währen der Befreiungskriege zogen die Waffenfähigen unter den Schülern in vaterländischer Begeisterung in den Kampf, so dass im Herbst 1814 kein Primaner mehr da war. Wie schon 1807, war die Schule wieder in ein Lazarett verwandelt worden. Bald ging die durch den Krieg unterbrochene Aufwärtsbewegung weiter, und es begannen die Verhandlungen über Verbesserungen und Erweiterungen des Gymnasiums zwischen Regierung und Kirchenkollegium, die mit Unterbrechungen bis zur endgültigen Übernahme des Gymnasiums durch den Staat andauerten. Der Vorwärtsdrängende war dabei durchweg die Regierung; ihr lag der völlige Ausbau der Schule am Herzen. Die Teilnahme der Gemeinde für das Gymnasium war gering, und sie wurde immer geringer, je mehr der Staat die Zügel des Regiments an sich nahm. Durch königlichen Erlass vom 30. Oktober 1834 wurde die Verstaatlichung des evangelischen Gymnasiums ausgesprochen. In dem Übergabevertrag entsagt das Kirchenkollegium seinem Patronat über das evangelische Gymnasium unter der Bedingung, dass diese Lehranstalt niemals von Glogau nach einem anderen Orte verlegt werden dürfe, vielmehr stets evangelisch und mit der Kirche zum Schifflein Christi in pfarramtlichem Verbande bleibe. Die Verwaltung der alten Legate durch die Kirche, ihr Rückfall an diese bei Verlegung der Anstalt oder Veränderung ihres konfessionellen Charakters wurde bewilligt. Dafür fiel auch für Lehrer und Schüler die Verpflichtung zur Teilnahme an den Begräbnissen weg. Den Söhnen der Prediger am Schifflein Christi wurde Schulgeldfreiheit ausgemacht, allen Gymnasiallehrern mit Frauen und Kindern bei allen für sie zu verrichtenden kirchlichen Handlungen Befreiung von allen Stol- und Kirchengebühren. Diese Bestimmungen sind bis zum heutigen Tage in Kraft. Mit der Verstaatlichung hörte die Anstalt auf, eine von anderen Schulen gesonderte Individualität zu sein; die großen Fragen ihrer äußeren und inneren Organisation wurden nicht hier, sondern in Berlin gelöst. Um jene Zeit beginnt der Abschnitt in der Geschichte der preußischen Gymnasien, wo die alten Sprachen im Lehrplan den breitesten Raum einnahmen, bis dann um die Mitte des Jahrhunderts der Charakter des humanistischen Gymnasiums seine schärfste Ausbildung erhielt. Es kam das Jahr 1848 heran. Seine stürmischen Vorgänge fallen in die Zeit des Rektorats Klopsch. Dieser war eine autokratische Persönlichkeit, ein ausgebildeter Typus des damaligen Polizeistaates, dessen Hand schwer auf seinen Schülern und auch Mitarbeitern lag. Eigenartig mutet uns das Benehmen der Schüler jener zeit in und außer der Schule an. Die Magistratsakten zeigen, wie Klopsch oft die Hilfe der städtischen Behörden in Anspruch nahm, um dem unerlaubten Wirtshausbesuch der Schüler zu steuern. Einmal wurde ein geplantes Duell zwischen einem Primaner und einem Tertianer mit Hilfe von Polizei und Gericht verhindert. Als gegen das Verbot des Direktors von 80 Schülern der oberen klassen eine Schlittenpartie nach Priedemost mit Vorreitern unternommen worden war, hatten sich zwei aus jeder Klasse durch das Los bestimmte Schüler der Karzerstrafe zu unterziehen. Allwöchentlich erschienen Scharen von Sschülern vor der Konferenz, um sich wegen ihrer Vergehungen gegen die Schulzucht zu verantworten; im hellen wie im dunklen Karzer war ein lebhafter Betrieb, und die Ruten des Schuldieners hatten häufig Arbeit. Der harte Druck erzeugte Gegendruck. Inmitten der allgemeinen Erregung des Jahres 1848 hielten es auch wie an den anderen höheren Schulen die Gymnasiasten des evangelischen Gymnasiums für angebracht, in einer Beschwerdeschrift an das Ministerium, die übrigens in durchaus ehrfürchtigem Tone abgefasst war, den Wünschen ihres Herzens Luft zu machen. Die von 28 Primanern unterschriebene Bittschrift hatte nur den Erfolg, dass der Direktor zu einem Berichte über einige Punkte aufgefordert und im übrigen angewiesen wurde, die Bittsteller über das Unpassende ihres Schrittes väterlich zu belehren. In derselben zeit versuchte auch das Lehrerkollegium einen Anlauf gegen des Direktors selbstherrliches Regiment; aber auch die Palastrevolution der Lehrer endete mit dem vollständigen Siege des Direktors. Die Aufstellung eines Sachkatalogs der Lehrerbücherei war das einzige Ergebnis der Erhebung. Unter der Leitung des Nachfolgers Klix (1854-67), einer hervorragenden Persönlichkeit denn das evangelische Gymnasium sollte hinter dem katholischen, das an Mentzel einen so ausgezeichneten Direktor besitze, nicht zurückstehen -, kam etwas Frisches und Lebendiges im Vergleiche zu der vorhergehenden Zeit der Stockung in die Schule. Die Schulzucht war unter ihm in bester Ordnung. Die von Klix eingeführten Schulsparziergänge nach dem Stadtforst gewannen immer mehr an Beliebtheit und wurden zu einem von weiten Kreisen mitgefeierten Volksfeste. Die Schülerzahl stieg immer mehr; 1862 betrug sie 328, und die Unzulänglichkeit des alten Schulgebäudes machte sich immer mehr fühlbar. Nach langjährigen Verhandlungen und Bemühungen konnte der erweiterte Bau in der Kasernenstraße unter großen Feierlichkeiten bezogen werden.
Die Stadtverordneten hatten als Beihilfe zu dem neuen Bau 2000 Taler bewilligt. Während der Krieg von 1866 dem Schulleben keine nennenswerten Störungen brachte, bedurfte es im Jahre 1870 der väterlichen Vorstellungen des Direktors Halper (1867-90), der auf den Unterschied zwischen der augenblicklichen Lage und der von 1813 hinwies, um den Auszug der sich zu den Fahnen drängenden Freiwilligen auf ein geringes Maß zu beschränken. 10 Primaner und 2 Sekundaner traten unter die Fahne, von denen 2 ihre Vaterlandsliebe mit dem Tode besiegeln mussten. Mit der Lehrplanreform von 1882 begann in schonendster Form die Einschränkung der Vorherrschaft der alten Sprachen und die Rückkehr zu dem früheren größeren Gleichgewicht der humanistischen und Realfächer. 10 Jahre später führte die Reformbewegung zu einschneidenden Veränderungen des Lehrplanes. Auf Direktor Langen (1891-98), der in voller Manneskraft durch einen Herzschlag dahingerafft wurde, folgte Direktor Altenburg (1899-1913), auf dessen Anregung der schlesische evangelische Pfarrverein Ostern 1906 ein Alumnat gründete, das leider in der schweren Kriegszeit wieder aufgelöst wurde. Dem Streben des anregenden, unermüdlichen Direktors, die Schule aus weltfremder Enge herauszuziehen und den Forderungen des Lebens anzupassen, entsprang die Einführung des Kurzschriftunterrichtes und die Gründung der Schülerruderriege im Verein mit dem katholischen Gymnasium. Das Hauptbestreben der Anstalt in dem ersten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts war auf einen Umbau oder Ersetzung des unpraktischen und unhygienischen Anstaltsgebäudes durch einen Neubau, der den neuzeitlichen Forderungen der Schulhygiene entsprach, gerichtet. Ein Besichtigungsbericht des Provinzialschulkollegiums vom Jahre 1901 brachte den Stein ins rollen durch die amtliche Feststellung, dass das Gebäude für eine höhere Lehranstalt unbrauchbar, mit Verbesserungen daran nichts zu ändern sei und nur ein Neubau helfen könne. Als mit Beginn des neuen Jahrhunderts die Entfestigung Glogaus endlich ihrer Verwirklichung näher rückte, bekam die Stadt die Verfügung über zahlreiche geeignete Bauplätze. Die Verhandlungen zwischen Fiskus und Stadt zogen sich aber in die Länge angesichts des Umstandes, dass hohe finanzielle Anforderungen an die Kommune gestellt wurden, da die Kosten des höheren Schulwesens in Glogau bisher ausschließlich vom Staate getragen worden seien. Erst im Jahre 1906 machte der Magistrat dem Provinzialschulkollegium den entscheidenden Vorschlag. Mit Rücksicht auf das 1908 stattfindende 200jährige Jubiläum des evangelischen Gymnasiums, dem sie auf diese Weise die schönste Festgabe bieten zu können glaubte, erbot sich die Stadt, ein Grundstück von 50 a kostenlos und frei von Anliegerbeiträgen an der Stelle, die im Stübbenschen Stadtbebauungsplan für ein neues Gymnasium schon bezeichnet war, herzugeben und das alte Gymnasialgebäude in der Kasernenstraße für 81 000 Mark käuflich vom Staate zu übernehmen. Leider erfüllte sich die Hoffnung nicht, die Grundsteinlegung des neuen Gebäudes zum Mittelpunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten 1908 zu machen. Jedoch konnte die großartige Jubelfeier am 1. und 2. November 1908 in Gegenwart der Oberpräsidenten Grafen Zedlitz-Trützschler und des Staatsministers Grafen Posadowsky, Abiturienten D. 1864, der den Ehrenvorsitz im Schülerausschuss übernommen hatte, in hoffnungsfreudiger Stimmung unter dem sicheren Bewusstsein gefeiert werden, dass die Anstalt an der Schwelle ihres dritten Jahrhunderts in ein neues prächtiges, durch die Dankbarkeit ihrer alten Schüler mit künstlerischem Schmuck geziertes Heim übersiedeln werde. Diese Übersiedlung erfolgte am 11. Oktober 1911 unter Beteiligung weiter Kreise und lebhafter Anteilnahme der ganzen Stadt. Da Professor Jordan-Hannover, ein ehemaliger Schüler der Anstalt, die Wandgemälde in der neuen Aula, eine Festgabe der alten Schüler, noch nicht hatte vollenden können, fand die Einweihung der Aula erst am 22. Juni 1912 statt. Der unermüdlich tätige Direktor Geheimer Regierungsrat Dr. Altenburg, dessen rastloser mehr als zehnjähriger Arbeit die Errichtung des neuen Gebäudes zum großen Teil zu verdanken war, musste wegen seines hohen Alters Ostern 1913 aus seinem Amte scheiden. Unter seinem Nachfolger Professor Dr. Meuß wurde das Evangelische Gymnasium dadurch ausgezeichnet, dass ein pädagogisches Seminar zur Ausbildung von Kandidaten mit ihm verbunden wurde. Doch die stille Schularbeit wurde bald durch den Sturm des Weltkrieges unterbrochen. Das Jahr 1914 stand unter dem Zeichen des Krieges. Ein Lehrer, fast alle Kandidaten und 27 Schüler aus den oberen Klassen zogen hinaus in den Kampf. Den Heldentod fürs Vaterland starben im ganzen 63 Schüler der Anstalt. Ihre Namen meldet zu immerwährendem Gedächtnis die Steintafel an der Korridorwand der Aula, die am 17. Mai 1923 in einer ebenso schlichten wie eindrucksvollen Feier enthüllt wurde. Die Freude über die gewaltigen Siege auf dem östlichen Kriegsschauplatze erhielt für das Evangelische Gymnasium eine ganz besondere Färbung durch den Umstand, dass Hindenburg einst in den beiden untersten Klassen als Schüler der Anstalt angehört hatte. Seine Büste wurde in der Aula aufgestellt. Wiederum wie in der Franzosenzeit und in den Befreiungskriegen traf die Schule das Schicksal, dass ihre räume mit Ausnahme der Bibliothekzimmer für Lazarettzwecke in Anspruch genommen wurde, zuerst für unsere Verwundeten, dann für verwundete russische Gefangene. Der Unterrichtsbetrieb wurde von Mitte November 1914 bis Mitte April 1915 in das Katholische Gymnasium, das nur für die Nachmittagsstunden zur Verfügung gestellt werden konnte, und vom 1. August 1915 bis 26. Juli 1916 in die städtische Oberrealschule verlegt. Der Turnbetrieb hörte fast zwei Jahre hindurch ganz auf, da Turnhalle und Turnplatz für militärische Zwecke benutzt wurden. Die unheilvollen Wirkungen des unglücklichen Kriegsausganges riefen eine tiefgreifende Änderung in der Schulverfassung hervor. Die Aussichtslosigkeit der akademischen Berufe infolge des wirtschaftlichen Niederganges und der Weggang vieler Offiziers- und Militärbeamtenfamilien, aus deren Kreisen der Nachwuchs des Evangelischen Gymnasiums sich vor allem rekrutierte, wirkten so ungünstig auf die Frequenz der Anstalt, dass sie in ihrer alten Form nicht mehr lebensfähig erschien; sank doch die Schülerzahl der Sexta im Jahre 1921 auf 11 herab! Als der Direktor Meuß am 1. Oktober 1921 die Anstalt verließ, um wieder die Leitung des Gymnasiums in Jauer zu übernehmen, bekundete das Ministerium durch die Berufung des Oberrealschuldirektors Georg Meyer aus Suhl, eines Neuphilologen, seine Absicht, das Evangelische Gymnasium in ein Reformrealgymnasium umzuwandeln. Das Kollegium, dessen Mitglieder fast sämtlich humanistisch gebildet waren und bisher an humanistischen Anstalten gewirkt hatten, und die Mehrzahl der Schülereltern mussten im Interesse der Erhaltung der altehrwürdigen evangelischen Anstalt das Opfer bringen. Am 1. April 1922 wurde die Sexta der Anstalt als Reformrealgymnasialklasse eingerichtet, und zwar mit Französisch als erster Fremdsprache, und damit die stufenweise Umwandlung des Gymnasiums in ein Reformrealgymnasium eingeleitet. Diese Umwandlung wurde vom Minister unter dem 22. Juni 1911 genehmigt. An dem evangelischen Charakter ist dadurch nichts geändert worden. Ostern 1924 trat an die Stelle des Französischen in Sexta das Englische, und von Ostern 1925 ab wurde als zweite Fremdsprache das Lateinische in Untertertia eingeführt. Den Erfolg der Umwandlung beweist die Tatsache, dass die Sexta Ostern 1924 fast 50 Schüler aufwies.
* Die Geschichte des Evangelischen Gymnasiums bis 1908 ist ein Auszug des Verfassers aus der Geschichte des Königlichen Evangelischen Gymnasiums zu Glogau 1708-1908 vom Professor Dr. Friedrich Muth. Festschrift zur zweihundertjährigen Jubelfeier am 1. November 1908. Glogau 1908. 73 Seiten. Der Bericht über die Zeit von 1908 bis heute wurde von der Schulleitung zur Verfügung gestellt. Der Beitrag wurde dem Buch Monographien deutscher Städte , Herausgeber: Erwin Stein, Band XVII Glogau, 1926 entnommen.