Geschichtliche Tatsache: Auch um Glogau wurde Wein angebaut
Der Oktober ist der Monat, in dem in Glogau selbst und im Glogauer Kreisgebiet die Erntefeste gefeiert wurden. Längst waren die Getreidefelder abgeerntet, die Kartoffeläcker standen zur Ernte bereit und auch die Rüben reiften zur Ernte heran, besonders die Zuckerrüben, die dann in der Zarkauer Zuckerfabrik verarbeitet wurden. Oktober aber war auch der Monat der Wein-Ernte. Wir erinnern an den Grünberger Wein, der viel besser war als sein Ruf, besonders wenn er als Grempler Sekt die Kelche füllte. Wer dem Badener, dem Rheinländer, dem Saar- oder Moselländer vor vielen Jahrzehnten, als wir noch in der Heimat lebten, erzählt hätte, dass um Glogau einmal nicht nur Wein gebaut, sondern der selbstgekelterte Wein auch getrunken wurde, der wäre damals einem halb ironischen, halb mitleidigem Lächeln begegnet. Und auch wir selber hätten gedacht, Glogauer Wein - brr ... Dabei haben wir keine Ahnung, dass der Weinbau um Glogau eine geschichtliche Tatsache ist. Freilich, wie er geschmeckt haben mag, ob er fröhliche Laune weckte oder das Gesicht säuerlich zusammenzog, das verkündet die Kunde nicht, die uns überlieferte, dass im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts vom Kloster Leubus aus die fleißigen und geschickten Mönche nicht nur den Feld- und Gartenbau, sondern auch den Weinbau förderten. Besonders aber an den Hängen des Oderufers bei Grünberg und Beuthen. Wir vernehmen aus alten Chroniken, dass der Freiherr von Schönaich-Carolath aus dem Weinbau zu Beuthen hohe Erträge zu erzielen wusste. Karl Göbel berichtet in einem hinterlassenen Artikel aber auch folgendes: Nun aber meldet sich der Glogauer Wein: Zwischen dem neuen Vorwerk und dem Hochgericht (das hinter dem Schießhaus gelegen haben muss) lag ein großer Weinberg, ein anderer hinter dem Dorfe Zerbau unweit der sogenannten Weinbrücke, ein dritter in dem Dorfe Höckricht." Die Geschichte erzählt weiter, dass im Jahre 1612 für 93 böhmische Groschen 900 Weinstöcke angeschafft und dahin verpflanzt wurden. Aus den Weingärten beim Hochgericht wurden im Jahre 1617 mehr als 28 Eimer gewonnen und der Eimer zu zweieinhalb Taler verkauft. Alle diese Anpflanzungen wurden während des dreißigjährigen Krieges vernichtet. Später kam die Stadt Glogau in den Besitz eines Weinberges - um 1650 herum erwarb sie die Kleinlogischer Wiesen bei der Guhlauer Brücke und einen Weinberg vor dem Brostauer Tor. Das ist allerdings das letzte Zeugnis vom Glogauer Gewächs. Leider hat Karl Göbel in seinen hinterlassenen Papieren die Quelle dieser Feststellungen über den Glogauer Weinbau nicht angegeben. In der Folgezeit blieb alles, was mit dem Wein in unserer Heimat zu tun hat, den Firmen überlassen, die das edle Getränk ihren Gästen kredenzten oder den Weinhandlungen, von denen wir in Glogau ja eine ganze Anzahl besaßen. An Weinstuben waren zu verzeichnen: Bauch, Kiehnstraße 1, bekannt unter dem Namen Petermann; Strahl, Markt 23/24; Filke, Markt 29; Prasse, Mohrenstr. 23/24; Rudel und später Horschler, Breslauer Str. 4. (Hier habe ich als friderizianischer Gymnasiast in mancher großen Pause verbotenerweise manches Viertel inhaliert.) Die älteste dieser Weinstuben war - nach Göbels Feststellung - die Firma Johann und Carl Bauch, 1774 in Glogau gegründet und aus einem Wein- und Südfrüchtegeschäft hervorgegangen, vom Mai 1801 als Doppelfirma geführt. 1790 entstand die Firma Strahl & Co., die schon vor der Einrichtung der großen Obersee-Dampferlinien ein eigenes Segelschiff besaß, das die von ihr eingeführten Auslandsweine auf dem Seewege nach Stettin heranführte und dann auf der Oder nach Glogau beförderte. War Glogau und unser Heimatkreis auch ein Land, dessen Bewohner dem Bier den Vorzug gaben, so wussten doch viele einen guten Rebentropfen wohl zu würdigen. So mancher Heimatfreund wird als Angehöriger eines Stammtisches gern und sehnsüchtig an seine frühere Weinrunde denken. Der Schreiber dieser Zeilen saß oft und gern in geselliger Weinrunde bei Horschler an einem Stammtisch, dem Rechtsanwalt Goethe präsidierte. Freilich waren das damals noch Zeiten, in denen der Wein edel war. Mixturen von Wein" genannten Getränken, die wir heute in jedem Supermarkt für wenig Geld kaufen können, gabs damals jedenfalls nicht.