Der Straßenname Kupferschmiedstraße" macht deutlich, dass es sich um eine der ältesten Straßen von Glogau handelt. Die Benennung nach den Gewerken, die sich dort räumlich zusammengeschlossen haben, wie etwa zwischen Markt und Langestraße, wurde bereits im Mittelalter praktiziert. Die Kupferschmiede, Kesseltreiber oder ähnliche Handwerker haben also bereits seit dem Mittelalter ihre metallischen Fertigkeiten in enger Nachbarschaft ausgeübt. Auf dem vorliegenden Bild zeigt sich die Kupferschmiedstraße allerdings mit einer Bebauung, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Die Fassaden der Marktseite des Bildes machen das deutlich. Das Eckhaus zeigt in seinem Ziergiebel die Jahreszahl 1902. Das Eisenwarengeschäft der Firma C. Krause zeigt neben dieser Jahreszahl im Giebel auch an weiteren Teilen der Fassade einige Zierelemente aus dem Jugendstil. Das Geschäft für Eisenwaren, Werkzeuge und dergleichen, existierte, wenn auch unter anderem Besitzernamen bis zum Ende unserer Stadt. A.Wutke und Carl Bermel im Nachbarhaus, hatte Büromaschinen anzubieten. Vornehmlich Schreibmaschinen, so erinnere ich mich an dieses Geschäft, konnte man dort kaufen. Die Schaufensterfassade wurde allerdings modernisiert, indem man die von Säulen gestützten Rundbogen entfernte und durch zwei geradlinig moderne Schaufenster ersetzte. "Erika" und Wanderer" - Schreibmaschinen, auch als Reiseexemplare waren dabei die Büroetagen zu revolutionieren. Ein Vergleich mit einem Laptop unserer Tage kann man bestenfalls als schlechten Scherz auffassen. Immerhin, gehörte der Besitz einer Schreibmaschine inzwischen zum allgemein üblichen Inventar eines modernen Haushaltes. Auch Schreibmaschinen wurden zwar, so etwa ab der 60-er Jahre elektrifiziert aber die Zeit ließ sie allmählich zum Museumsgut werden. Die Fassade des Bermelhauses zeigt sich im strengen Stil des Klassizismus. Im letzten sichtbaren Gebäude der Zeichnung würden sich heute noch alle Feinschmecker des Kreises Glogau ein Stelldichein geben, so wie es zu Lebzeiten der Stadt geschah. Die Firma J. Filke präsentiert sich als Weinhandlung, Delikatessen, Wild, Geflügel Fisch und alles was man sonst noch zu den Gaumenfreuden zählt. Ich habe mir berichten lassen, dass sich in der Weinstube in der 1. Etage, im Wochenrythmus verschiedene Herren trafen um den Goldenen Tropfen zu huldigen. - Mehr ist leider nicht an die Öffentlichkeit gedrungen, was zu bedauern wäre. Das Delikatessengeschäft des Herrn Josef Filke lief indessen zum Wohle aller Gourmets zu einer Glogauer Institution auf Auf dem Bild im Vordergrund die Wettersäule. Äußerlich ein Kunstwerk aus Eisenguss mit vielen Schnörkeln und Türmchen, zeigte die Säule auf Skalen und Messscheiben die aktuellen Temperaturen 1=euchtigkeiten usw. an. Auch eine allgemeine Wettervorhersage konnte man auf einer der Skalen ablesen, in Reaumier, Celsius oder Fahrenheit. So jedenfalls habe ich es in der Schule gelernt. Bei 53 / 56 Grad unter Null, dem 3-tägigen Tiefstpunkt des russischen Winters von 1941 war mir das allerdings ziemlich egal, nach welcher Methode diese Ergebnisse gemessen wurden. Die gusseiserne Schönheit zeigte neben den Temperaturen auch noch andere Wetterstände an. Am Filkehaus über der ersten Etage, befindet sich ein Firmenschild, welches ich im Zusammenhang mit Glogauer Geschäftsadressen noch niemals gehört oder gelesen habe. Bodega Company Niederlage der Continental", ist zu lesen ? Vielleicht gibt es einen NGA-Leser der darüber etwas sagen kann?
Das Auto in der Bildmitte macht seinerseits die Zeit deutlich, in der dieses Bild entstand. Es muss wohl eines der ersten Mobile gewesen sein, das dort geparkt ist. Vermutlich rollte es auf Hartgummireifen, also ohne Luftschlauch daher. Eine rollende Sensation zu damaliger Zeit.
In der Kupferschmiedstraße selbst findet man beidseitig kleine Geschäfte. Ein Glogauer Straßenstück von etwa 80 Meter Länge, das völlig unspektakulär sein Dasein behauptete. Genau 15 Häuser zählt ein Adressbuch von 1943 auf dieser Straße zwischen Markt und Langestraße. Auf der rechten Seite ein Geschäft für Uhren und Schmuck. Einen Bäcker mit dem Namen Otto Buchelt und die Fleischerei von Karl Rotter. An der Ecke Langestraße gab es ein großes Fahrradgeschäft.
Die andere Straßenseite zeigte als erstes Haus an der Ecke Mälzstraße, ein Tabakwarengeschäft und danach die Verkaufsniederlassung der Seilerei Eugen Kursidim. Die Mälzstraße gibt mit ihrem Namen ebenfalls einen Hinweis auf die Entstehung dieser Straße. Zusammen mit der benachbarten Kupferschmiedstraße ist sie ein Teil der mittelalterlichen Anfänge im alten Glogau.
!m Abschluss des Bildes zeigen sich im Hintergrund 2 Häuser der Lange Straße. Haus- und Küchengeräte ist zu lesen. Sehr ansprechende, wenn auch schlichte Fassaden erkennt man deutlich.
Im linken Abschluss des Bildes, sieht man ein allseits bekanntes Glogauer Textilhaus, dessen Schaufensterfront weit in die Mälzstraße hineinreicht. Pietrkowski hieß der Inhaber dieses wohlbekannten Glogauer Hauses. Wenngleich dieses Haus auch im Frühjahr 1945 völlig zerstört wurde, seine geistige und materielle Zerstörung fand bereits während der Pogrome 1938 statt. Der Besitzer des Hauses war Jude, und somit bleibt auch das Geschichtsstück um die Kupferschmiedstraße nicht ohne den Makel, den wir den Nazis zu verdanken haben.