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Andreas Gryphius - ein Schlesier, dessen Werk beispielhaft für die Literatur ganz Deutschlands wurde. Viele seiner Schöpfungen sind von Schwermut und düsterem Ernst geprägt. Das wird verständlich, wenn man das von Schicksalsschlägen getroffene Leben des Dichters betrachtet.
Andreas Gryphius wurde am 2.Oktober1616 in Glogau geboren. Schon als Fünfjähriger verlor er seinen Vater, einen 55jährigen Archidiakon, der zum dritten Mal verheiratet war. Die Mutter, 30 Jahre jünger als ihr Mann, vermählte sich 1622 noch einmal, starb aber dann auch schon nach wenigen Jahren. Es folgten wechselvolle Zeiten für den früh verwaisten Andreas Gryphius.
Von der Schule in Glogau wurde er durch einen großen Brand vertrieben, dem am 24. Januar 1631 fast die ganze Stadt zum Opfer fiel. Nach dem Besuch der Gymnasien in Görlitz, Fraustadt und Danzig konnte Gryphius als Lehrer und Begleiter junger Leute aus begüterten Häusern auf der Universität zu Leyden und bei Reisen durch Frankreich und Italien seine Sprachkenntnisse erweitern und Anregungen für sein dichterisches Schaffen gewinnen. Elf Sprachen soll er sich angeeignet haben. In Leyden hielt er auch selbst Vorlesungen über Philosophie, Naturwissenschaft und Geschichte.
Bis zu Gryphius' 32. Jahr aber wütete der 30jährige Krieg, der Deutschland unendliche Qualen brachte. Dörfer und Städte wurden verwüstet, Menschen von Gewalttaten und Seuchen dahingerafft. Diese Schrecken konnten nicht ohne Einfluss auf Wesen und Werk von Andreas Gryphius bleiben. Sie trugen dazu bei, aus ihm einen Menschen voll tiefer Melancholie zu machen, der - von der Welt enttäuscht - seine ganze Hoffnung auf das himmlische Heil setzte. In Gryphius' Werk taucht immer wieder der Gedanke an die Vergänglichkeit alles Irdischen und an die Gewissheit einer Rettung im Reiche Gottes auf.
Nach dem Abschluss des Westfälischen Friedens, der 1648 den langen Krieg beendete, wurde Gryphius sesshaft.1647 hatte er Rosina Deutschländer geheiratet, die Tochter eines wohlhabenden Fraustädter Handelsherrn. Obwohl Gryphius mehr von der Vielfalt und Schönheit der Welt gesehen hatte als die meisten seiner Zeitgenossen, zog es ihn 1650 doch allein wieder in die schlesische Stadt zurück, in der er geboren war. Berufungen als Professor nach Uppsala, Heidelberg und Frankfurt a. d. Oder lehnte er ab; statt dessen wurde er Syndikus der Stände des Fürstentums Glogau.
Schon früh hatte Andreas Gryphius künstlerische Annerkennung gefunden. Im Alter von erst 21 Jahren wurde er zum Dichter gekrönt. Er schrieb mehrere Dramen, so „Katharina von Georgien" oder das erste deutsche bürgerliche Trauerspiel „Cardenio und Celinde", die zu ihrer Zeit sehr geschätzt waren. Sie werden heute freilich kaum noch gespielt. Bekannter bis in unsere Tage blieben die heiteren Stücke „Horribilicribifax", „Peter Squentz" und „Die geliebte Dornrose". Das letztere verfasste der Dichter sogar in schlesischer Mundart. Gryphius' Lustspiele waren die einzig bedeutenden, die im Barock geschaffen wurden. Häufiger als früher gelesen werden heute die Gedichte des großen Glogauers. Vielleicht fühlt sich der Mensch unserer Tage hier besonders angesprochen, weil er ähnliche Erschütterungen erlebte wie dieser Dichter des 17. Jahrhunderts. Der verlorene letzte Krieg brachte auch uns Grauen, Not und Unsicherheit und führte nicht selten zu innerer Besinnung.
Wenn auch Gryphius' Dasein in den Glogauer Mannesjahren nicht mehr durch die Schatten des Krieges verdüstert wurde, so erlebte der Dichter persönlich doch noch manches Schwere. Vier seiner Kinder starben früh. Eine Tochter litt vom 5. Lebensjahr ab an einer Lähmung von Sprache und Gliedern, bis der Tod sie nach vierzig Jahren erlöste. 1656 war Gryphius gezwungen, vor der Pest aus Glogau zu fliehen, und ein Jahr später vernichtete ein Feuer ihm Haus und anderen Besitz. Sehr zu leiden hatte er unter schwerer Krankheit.
Am 16. Juli 1664 starb Andreas Gryphius während einer Sitzung der Landstände in Glogau an einem Schlaganfall. Er wurde plötzlich aus dem Leben abberufen, aber der Tod traf ihn nicht unvorbereitet. In seinem Werk hatte er sich schon viele Male mit ihm beschäftigt. Für Gryphius, den erfolgreichen, viel gerühmten Dichter, war Sterben nur Übergang von einem flüchtigen, traumhaften Erdendasein zum reinen Glück der Ewigkeit. Er konnte ruhig und voller Hoffnung niederschreiben:
Was Augen sehn, ist nichts.
Wenn wir die Augen schließen,
dann werden wir viel mehr,
ja alles sehn und wissen.
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