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Es mutet einen fast wie ein Krimi an: Zerstörung der einzigen evangelischen Kirche zu Glogau in den letzten Kriegstagen. Abriss der Ruinen und Umgestaltung zu einem Erinnerungsplatz. Jedoch die wertvollen Kultgegenstände aus der Kirche: Kelche, Leuchter, Altarkreuz, sie blieben verschwunden zunächst jedenfalls.
Inzwischen sind 3 silberne Kerzenständer wieder aufgetaucht. Sie zieren heute das Museum in Nürnberg. Doch wo sind die kostbaren Kelche, wo das silberne Altarkreuz geblieben. Man wähnte sie für immer verschollen, verloren.
Doch plötzlich, nach 60 Jahren bietet der Besitzer eines Kunstantiquariates in Münster ein silbernes Kreuz mit dem Gekreuzigten und im Sockel modellierten Apostelfiguren an. Maße etwa 50 cm hoch, massiv Silber mit Goldeinlagen. Bald wurde die Vermutung laut, dass es sich um das verschwundene Altarkreuz aus dem Schifflein Christi, der Friedenskirche zu Glogau, handeln könnte. Die Herkunft des Kreuzes ließ sich nur bis zu einem älteren Ehepaar zurückverfolgen, das dieses Kreuz von einem Unbekannten vor Jahren erworben hatte. Damit enden alle Aussagen zur Herkunft des Kreuzes. Wie das Altarkreuz aus der zerstörten Kirche in die Bundesrepublik gekommen ist, bleibt unklar, wahrscheinlich für immer. Dadurch bleibt viel Raum für Spekulationen.
Doch ist dieses Kreuz wirklich das verschollene Altarkreuz aus der Glogauer Friedenskirche? Wie sollte und konnte es nach 60 Jahren noch sicher identifiziert werden? Die letzten Pastoren der Friedenskirche, Superintendent Eberlein, Pastor Fiedler und Pastor Lehmann, sind leider verstorben. Eine alte Fotographie des Altarraumes mit dem Altarkreuz lässt leider keine sicheren Schlüsse zu. Es wurden auch die Töchter von Superintendent Eberlein befragt. Und siehe da, die jüngste Tochter Edelgund erinnerte sich an ein Missgeschick mit dem Altarkreuz. Durch eine mutwillige Aktion wurde das Altarkreuz von einem Standort entfernt und auf den Boden geworfen. Dabei entstand eine Schramme auf der Rückseite des Kreuzes. Dieser Kratzer konnte auch an dem jetzt aufgetauchten Kreuz nachgewiesen werden. Es steht also fest: Es ist tatsächlich das echte Altarkreuz aus dem Schifflein Christi zu Glogau.
Die EKD der Bundesrepublik als Rechtsnachfolger der evangelischen Kirchengemeinde Glogau, die ja nicht mehr besteht, hat zugestimmt, dass das Altarkreuz künftig im Schlesischen Museum Görlitz verbleibt. Die Kosten für den Ankauf des Altarkreuzes haben der Freistaat Sachsen und ein ungenannter privater Spender getragen. Über die Höhe des Anschaffungspreises gibt es keine Informationen. Die offizielle Eröffnung des Schlesischen Heimatmuseums Görlitz erfolgte am 13. Mai 2006. Das Altarkreuz kann also jetzt mit vielen anderen Erinnerungsstücken aus Schlesien täglich außer Montag besichtigt werden.
Aus Dankbarkeit für das Wiederfinden des Glogauer Altarkreuzes hat der Freistaat Sachsen in seinen Berliner Räumen am 27. April 2006 eine Präsentation mit geladenen Gästen veranstaltet. Honorige Gäste und Referenten gaben dieser Veranstaltung ein besonderes Gepräge: Begrüßung durch die Staatssekretärin und Amtschefin in der Sächsischen Staatskanzlei, Frau Andrea Fischer. Grußworte sprachen Frau Hildegard Müller (Staatsministerin im Bundeskanzleramt), Frau Isabel Pfeiffer-Poensgen (Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder) und Dr. Slawomir Tryc (Leiter Abteilung Kultur, Wissenschaft und Öffentlichkeitsarbeit an der Polnischen Botschaft). Der Leiter des Schelsischen Museums zu Görlitz, Dr. Markus Bauer, sprach dann ausführlich über das Altarkreuz aus Glogau und warb gleichzeitig für einen Besuch dieses Museums in Görlitz, wo das Altarkreuz jetzt aufgestellt ist und besichtigt werden kann. Den Abschluss der Präsentation bildeten Ausführungen zu den Beziehungen zwischen ehemaligen Glogauern und den Vertretern des heutigen Glogów durch Dr. Klaus Schneider (Glogauer Heimatbund e.V.) und Leszek Lenarczyk (Direktor des Schlossmuseums in Glogów).
Anschließend gab es noch genügend Zeit zum Anschauen des Altarkreuzes und auch zum Gedankenaustausch zwischen allen Teilnehmern.
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