Schrecklich wütete in Beuthen die Hungersnot; die von 1312 bis 1316 ganz Niederschlesien heimsuchte. Veranlasst wurde sie durch mehrjährige Missernten.
Zwei Jahre später überflutete die Oder Beuthens Feldmark in einer bis dahin kaum gekannten Ausdehnung.
Bald erholten sich die Bürger wieder von dem Drucke, der die Mägen beschwert und die Herzen beklemmt hatte; denn strenge Preisbestimmungen schützten die ärmere Bevölkerung vor der Überteuerung der notwendigen Lebensmittel. Trotzdem erzielten die Inhaber der Bankgerechtigkeiten (Fleischbänke, Brotbänke usw.) einträgliche Gewinne, und der Absatz von Tuch, Leinewand und anderen gewerblichen Erzeugnissen nach Polen und Russland förderte den Wohlstand der Beuthener Bürger.
Im Jahre 1331 wurde die Stadt von den Erben des Herzogs Primko von Glogau (1323-1331) buchstäblich in zwei Hälften geteilt. Jede von ihnen erhielt einen eigenen Bürgermeister, besondere Ratsherren und Gerichtsvögte. Nur Kirchen, Schulen, der Marktplatz, der Galgen und die Viehweide blieben gemeinschaftliches Eigentum. Diese Erbteilung brachte für den Zeitraum von 120 Jahren eine unbeschreibliche Verwirrung in die Verwaltung der Stadt und wirkte ungemein hemmend auf die Entwicklung derselben.
Im Jahre 1332 geriet Beuthen unter böhmische Herrschaft. König Johann (1331 bis 1346) verlieh der Stadt mancherlei Vorrechte und befreite sie von dem althergebrachten Handelszoll, den ihre Bürger bei dem Besuch des Glogauer Wochenmarktes zu entrichten hatten. Sein Nachfolger Kaiser Karl IV. (13371378) säuberte ihre Umgebung von allerlei Raubgesindel, das Kaufleute, Gewerbetreibende und Landwirte belästigte. Er befahl die Beseitigung der Flusswehre und die Herstellung einer Wasserrinne von 10 Ellen (6,66 m) Breite, um die Oderschifffahrt zu heben und Beuthens Handel neu zu beleben.
Aber alle diese Maßnahmen vermochten nicht, Beuthens Lage wesentlich zu bessern. Schwere Krankheiten, wie die Pest und der Schwarze Tod, lichteten die Bevölkerung und untergruben auf Jahre hinaus die Arbeitsfreude und die Unternehmungslust.
1433 erbebte die Erde in ihren Tiefen und versetzte die abergläubische Bevölkerung in Angst und Schrecken. Einunddreißig Jahre später raffte die Pest Hunderte hinweg.
Eine lange Kette von Leiden verursachten die zahlreichen Feuersbrünste des Mittelalters. Da die Häuser nur leicht aus Holz erbaut und eng aneinandergereiht waren, so kam es nicht selten vor, dass die Flammen ganze Stadtteile in Schutt und Asche legten und den Wohlstand der Bewohner auf Jahre hinaus vernichteten. Der Brand von 1461 zerstörte fast die ganze Stadt und sämtliche Urkunden. 1475 vernichteten die Flammen alle Häuser bis auf die Pfarrkirche. Die Feuersbrunst vom Jahre 1522 verschonte auch diese nicht und ließ der Bevölkerung nur das nackte Leben.
Die allgemeine Not und die drückende Sorge um die Zukunft weckte den religiösen Sinn der verarmten Volksmassen und machte sie empfänglich für die neue Lehre, die von Wittenberg aus bis zu ihnen vorgedrungen war. Mit Begeisterung nahm der Besitzer der Herrschaft Beuthen, Ritter Hans von Rechenberg, die Worte und Gedanken Luthers auf. Nachdem er im Jahre 1522 im Schlosse seines Freundes, des Herrn vom Berge in Herrndorf bei Glogau, mit Philipp Melanchthon wiederholt vertrauliche Gespräche geführt hatte, trat er öffentlich zum evangelischen Glauben über und förderte überall das Werk der Reformation. Seinem Beispiel folgten fast alle Beuthener Bürger. Nur fünf alte Personen sollen damals dem alten Glauben treu geblieben sein. Deshalb ging die Pfarrkirche (die heute katholische Kirche) schon 1524 in den Besitz der Protestanten über. 1540 wurde der erste evangelische Pfarrer namens Marcus von Freystadt nach Beuthen berufen. Die äußere Form des Gottesdienstes änderte sich zunächst nicht. Der Geistliche wurde nur verpflichtet, der Predigt das biblische Evangelium zugrunde zu legen und das Abendmahl in beiderlei Gestalt zu reichen. Die übrigen Formen des Gottesdienstes blieben unverändert. Ganz allmählich ging man dazu über, alles das aus ihm zu entfernen, was mit der Lehre Luthers nicht zu vereinigen war.
Zur Zeit der Reformation besaß die Stadt drei Kirchen. Das älteste Gotteshaus war die heutige katholische Pfarrkirche. Sie stammt aus den Gründungsjahren der Stadt und war der Jungfrau Maria geweiht. Urkundlich wurde sie 1222 zum ersten Male erwähnt. In diesem Jahre gingen die Patronatsrechte derselben in den Besitz des Bartholomäusklosters in Naumburg am Bober über. Der große Stadtbrand vom Jahre 1522 ließ von ihr nur die steinernen Mauern übrig. Nach ihrer Widerherstellung wurde sie dem Märtyrer Stephanus geweiht. 1524 ging sie wahrscheinlich in den Besitz der Protestanten über. In den Jahren 1609 bis 1611 ließ der Freiherr Georg von Schönaich das Mauerwerk des Turmes durch Baumeister Martin aus Sorau auf 64 Ellen erhöhen und darauf einen 28 Ellen hohen Holzhelm setzen. Die Gesamthöhe des Turmes betrug damals bis zur Endspitze 100 3/4 Ellen (= 67 Meter). Das Dach erforderte 70 Zentner Kupferplatten als Deckmaterial.
Die Stürme des Dreißigjährigen Krieges spielten die Kirche bald den Katholiken, bald den Evangelischen in die Hand. Die Kircheneinziehungs-Kommission, die der österreichische Kaiser 1653 einsetzte, sprach sie am 8. Januar 1654 der katholischen Kirchengemeinde zu und weihte sie dem heiligen Hieronymus. Am 5. Mai 1694 wurde sie ein Opfer des schrecklichen Stadtbrandes, der ganz Beuthen in einen Schutthaufen verwandelte. Das aus der Asche hervorgeholte Glockenschmelzgut wurde gesammelt und 1695 von Paul Andreas Körner in Sorau zu drei neuen Glocken umgegossen. Der neu erbaute Turm erhielt ein Notdach. Seine Fertigstellung geschah 1734. Im folgenden Jahr wurde er mit einem Knopf und einer Fahne versehen. 1821 war das Gebälk des oberen Turmteiles so wurmstichig geworden, dass es erneuert werden musste. Da aber die Verhandlungen, die zwischen der Stadt und der fürstlichen Verwaltung Carolath wegen Aufbringung der Kosten geführt wurden, zu keinem befriedigendem Ergebnis führten, ließ der Fürst Knopf und Fahne herunterholen, vergolden und auffrischen. Der Turm wurde von dem Dachdeckermeister Berger aus Neusalz bis auf die Mauern abgetragen und mit dem heute noch vorhandenen stumpfen Ziegeldach abgeschlossen. Knopf und Fahne erhielten am 20. Oktober 1822 ihren neuen Platz angewiesen. Diese Zierde des Turmes wurde am 17. November 1917 von einem heftigen Sturm herabgeschleudert und wird in der Kirche aufbewahrt. In den Jahren 1911 und 1912 erfolgte eine Renovation der inneren Räume des Gotteshauses, die die Kirche in die Reihe der schönsten Gotteshäuser des Kreises rückte.
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