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In jenen Tagen, kurz vor dem 60. Jahrestag der Beendigung des furchtbaren 2. Weltkrieges, der so viel Elend und Not über die Menschen gebracht hat, denkt mancher von uns Älteren an bestimmte Ereignisse und Personen auf dem eigenen Lebensweg besonders intensiv zurück. Manche schlimmen Erfahrungen möchte man im nachhinein vermeiden, manches Schöne für immer festhalten und mit manchem wichtigen Menschen, der schon lange verstorben ist, würde man heute gerne sprechen wollen, um seine Sicht auf die Dinge unseres Lebens zu erfahren. Ein solch wichtiger Gesprächspartner wäre für mich der ehemalige Pastor der evangelischen Kirchgemeinde in Wiesau, Fritz Goltz. Fritz Goltz wurde am 23. Februar 1902 in Guhrau als Sohn eines Handwerkers geboren. Er wuchs in sehr bescheidenen Verhältnissen auf und begann erst im fortgeschrittenen Alter mit seinem Theologie-Studium. Am 6. März 1936 wurde er als evangelischer Pfarrer ordiniert und übernahm am 1. April 1937 die Pfarrstelle in Wiesau. Die ihm übertragene Aufgabe als Pfarrer unserer Gemeinde übte er bis zur Ausweisung durch die Polen Mitte des Jahres 1946 aus. Besondere Verdienste erwarb er sich bei der Wiederorganisierung des evangelischen Kirchlichen Lebens im hochzerstörten Glogau in der Zeit nach der Kapitulation der deutschen Garnison und der Besetzung durch die Rote Armee bzw. später der Polen. Diese aufopferungsvolle Arbeit leistete er unter schwierigsten Bedingungen, oftmals unter Lebensgefahr, bis etwa Mitte 1946, als er mit seiner Familie ausgewiesen wurde und im Ruhrgebiet eine Aufgabe als Pfarrer erhielt. Über Glogau hinaus wirkte er in der Zeit bis 1946 auch in vielen Gemeinden des Kreises als Seelsorger, so z.B. in Wiesau. Pastor Goltz hat über diese Zeit in den Jahren 1966 und 1967 im Neuen Glogauer Anzeiger berichtet und die damalige Situation der deutschen Menschen und ihr schweres Schicksal ungeschminkt dargestellt. Dafür gebührt ihm auch heute noch unser Dank. Es wäre schön, wenn Menschen, die während dieser Glogauer Zeit mit ihm zusammen waren oder seinen späteren Lebensweg im Ruhrgebiet genauer kennen, über ihn noch weiteres in unserer Heimatzeitung berichten könnten. Ich selbst hatte als Kind viele persönliche Gespräche mit ihm, einmal bedingt durch den Konfirmandenunterricht in den Jahren 1942-1944 und außerdem, weil ich in den Jahren sein Begleiter bei Beerdigungen war, indem ich dem jeweiligen Trauerzug das Kreuz vorantrug. Pastor Goltz brachte mir u.a. das Schachspiel bei, und wir trugen so manche Partie aus, die er natürlich meistens gewann. Ich habe Pastor Goltz als feinsinnigen und bescheidenen Menschen kennen gelernt, der für die Menschen und ihre Sorgen stets ein offenes Ohr hatte und der ihnen half, wo er nur konnte. Das ist meines Wissens auch in den Jahren seiner Tätigkeit als Pfarrer in Mühlheim/Ruhr so gewesen , wo er von 1946 bis zu seiner Pensionierung wirkte. Er starb am 23. Juli 1976 und wurde an der Seite seiner zuvor verstorbenen Ehefrau auf dem Friedhof Mühlheim-Heißen beerdigt.
Siegfried Wünsche, früher: Wiesau Nr. 58
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