Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 8, August 2003

Schlawa

- die Stadt am größten See Schlesiens

1. Fortsetzung von Nr. 5/04

Eine Wanderung um den See

Ein Besuch in der Fischerei

Seltene Gäste am See

Und nun ein letztes Bild!

Ein klarer schöner Wintersonnentag. Welch fröhlich Leben tummelt sich dort auf des Eises Fläche! Wie elegant saust alt und jung dahin! Es ist, als ob wir Flügel unter unseren Füßen tragen. Ein köstliches Gefühl wohliger Körperwärme durchzieht den Leib und gibt ihm neue Spannkraft für Beruf und Arbeit. O kommt doch alle, Ihr aus Glogau, Fraustadt, Neusalz oder auch wo immer her! Vergesst die Schlittschuhe nicht, es wird Euch nicht gereun!

Noch viele, viele andere Bilder könnt ich malen von des Sees Schönheit. Doch kommt und schaut es selbst. Immer wieder wird der Schlawaer See seine Schönheiten und Reize vor Euch ausbreiten. Jedem gibt er etwas: Ruhe, Frieden, Entspannung, Mut und Kraft.

Eine Wanderung um den See

Heute lade ich Dich zu einer Wanderung rund um den See ein. Früh brechen wir auf. "Wer recht in Freuden wandern will, der geh' der Sonn' entgegen!". Die Sorgen lassen wir zu Hause. Ruhig und friedlich liegt der See, von den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne vergoldet. Unser Weg führt uns dicht am Nordwestufer entlang. Schon grüßt uns die Jugendherberge. Hier herrscht fröhliches Leben. Wie munter und braungebrannt sehen die Jungs aus! Wir nutzen die Zeit, um uns das Heim anzusehen. Bereitwillig führt uns der Herbergsleiter. Das Gebäude ist ein Holzhaus mit massivem Erdgeschoss. Es ist im Baudenstil gehalten und passt sich der Landschaft, Wasser und Heide vorzüglich an. Auf der Seeseite (Erdgeschoss) verläuft eine schöne, mit einem Brunnen verzierte Terrasse und im Obergeschoss ein 20m langer Balkon. Von hier genießt man einen herrlichen Anblick und Ausblick durch einen lichten Kieferschleier auf die weite Fläche des Sees bis zum jenseitigen Ufer mit den freundlichen Dächern von Rädchen. Hier hört man an stillen Sommertagen die uralt ewige Melodie von Wasser und Heide. Ein breiter vorgelagerter Strand lockt zu Spiel und Tanz. Ein Bootshaus für 28 Boote und zwei Auskleideräume bieten den jugendlichen Wassersportlern alle Bequemlichkeiten. Die Jugendherberge enthält im Erdgeschoss Wirtschaftsräume, eine Zentral-Dampf-Heizanlage, eine Waschküche, einen großen Schlafraum (32 Betten), einen mittleren Schlafraum (12 Betten), einen kleinen Schlafraum (8 Betten), einen großen Waschraum mit allen modernen Einrichtungen. Eine breite Treppe führt zum Obergeschoss. Hier sehen wir: einen Schlafraum (16 Betten), einen großen und einen kleinen Tagesraum für zusammen 150 Personen, eine große Küche und die Privaträume der Herbergseltern. Am 5. August 1931 wurde die Jugendherberge feierlich eingeweiht. Bereits 1933 hatte sie über 4000 Übernachtungen aufzuweisen. Gegenüber liegt das Arbeitsdienstlager 101/4. Gerade sind die Soldaten der Arbeit angetreten, um an ihr Tagewerk zu gehen, das hier in der Hauptsache aus Forstarbeiten in der großen Carolather Heide besteht.

Weiter führt uns unser Weg nach dem nahen Laubegast. Kurz vor dem Dorf biegen wir wieder auf die Landstraße ein. Hier liegt, nördlich der Straße, am Dorfeingang, ein großes vorgeschichtliches Gräberfeld. Über 80 Gräber hat hier der Vertrauensmann, Lehrer Geß, Laubegast, bereits geborgen. Er schreibt darüber in der Chronik: "Größer ist die Zahl der vorher zerstörten, und zahlreiche birgt noch die Erde. Die Gräber stammen aus mehreren Jahrhunderten bis hin zum Beginn der Eisenzeit ... Sie enthalten zahlreiche Tongefäße von ansehnlicher Größe bis zu nur fingergroßen sogenannten Tränenkrüglein. Von einem natürlichen Kunstsinn sprechen schön geformte Vasen und Krüge. Bronzebeigaben sind selten. Ein Angelhaken bezeugt, dass unser See auch damals seine schmackhaften Fische lieferte, der Rest einer Bronzesichel zeigt, dass der Boden fleißig bestellt wurde." Bald haben wir das herrlich am See gelegene Laubegast, das alljährlich von vielen Sommerfrischlern aufgesucht wird, durchwandert. Auf halbem Wege zwischen Laubegast und Eichberg sehen wir in einer Lehmgrube links des Weges eine Kolonie Uferschwalben. "Bei Eichberg ist auch eine vorgeschichtliche Wohnstätte ausgegraben worden, deren Wandbewurfreste und Rekonstruktion im Neusalzer Heimatmuseum zu sehen sind. Die abgebrochene Spitze einer Lanze und eine schöne Pfeilspitze aus einem Grabe bei Eichberg erzählen von den damals gebrauchten Waffen." (Geß a. a. O).

Nun nimmt uns wieder die Heide auf. Herrlicher alter Kiefernbestand begleitet unseren Weg. In der Höhe von Krempine biegen wir links ab zum Krempiner Seezipfel. Größte Einsamkeit und feierliche Stille empfängt uns. Wir lassen uns am schattigen Waldesufer nieder und träumen mit den großen Traum des stillen Waldwassers. Neu gestärkt gehen wir am Krempiner Zipfel entlang und biegen wieder rechts zum Wege, den wir verlassen haben.

Kurz vor Aufzug wenden wir uns nach rechts, um dem Nieder- und Oberstöckel-See einen Besuch abzustatten. Sie liegen am Rande der Heide, eingebettet in einen dichten Schilfrand (-kranz). Seerosen wiegen sich in leuchtender Pracht auf ihren Spiegeln. Eine reiche Kleinvogelwelt belebt die Ufer. Auch hier ist gut ausruhen. Kein Laut stört den tiefen Frieden der Natur. Nur das behäbige Quaken eines Frosches, der Schrei des Bussards oder des lustigen Kiebitzes dringt an unser Ohr. Jetzt geht es zurück nach Aufzug. Wir umwandern den Aufzuger Zipfel, überschreiten den Abfluss des Schlawaer Sees, die faule Obra und gehen immer dicht am See entlang in Richtung Josephhof. Manch herrlicher Blick über den See bietet sich unserem Auge. Man kann sich gar nicht satt sehen an all der Schönheit. Der Weg wendet sich nun etwas vom See ab, durch einsame Kiefernwälder. Nach einstündiger Wanderung kommen wir wieder dicht an den See heran. Wir nehmen unser Glas ans Auge und schauen hinüber zum Großen Werder, einer Insel mitten im See. Fischreiher stehen am Ufer und machen Jagd auf die Tiere des Wassers. Manches Fischlein und mancher Frosch müssen daran glauben. Die Reiher, etwa 20-30 Stück, nisten nicht auf dem Großen Werder. Sie kommen nur her zum Fischfang. Ihre Brutstätten haben sie im Oderwald.

Nach kurzer Wanderung sind wir in Höhe der Försterei Thiergarten. Hier findet sich an der alten Poststraße Schlawa - Kontopp neben einem bronzezeitlichen Einzelgrab ein ganzer bronzezeitlicher Friedhof. Auch für den Botaniker ist die Gegend interessant. "Wir finden ein 4-5 Morgen großes Stück Hochmoor, in der Hauptsache mit Sumpfforst und Birkenbestand, gleichzeitig Moosbeere, Sonnentau und verschiedene Bärlapparten. Dieses ganze Gebiet, einschließlich des oben erwähnten Gräberfeldes, steht, solange wie es noch Naturschutzgebiet ist, unter dem persönlichen Schutz des Herrn Grafen von Haugwitz" (Stadt Chronik).

Nicht unerwähnt sei die Kobenickeneiche. Ihr Umfang beträgt 4 Meter, ihr Alter schätzungsweise 600-700 Jahre, kahl und astlos ragt der hohle Stamm in die Höhe. Es sei verwiesen auf das Märchen von P. Bannert, Saabor (Heimatkalender 1931). Rund 23 km sind wir gewandert.

Unser nächstes Ziel ist Rädchen. Es grüßen Laubegast, die Jugendherberge, das Strandhaus und die Türme von Schlawa herüber. Ist Rädchen erreicht, dann haben wir nur noch reichlich 2 Kilometer bis nach Schlawa, dem Ausgangspunkt unserer Wanderung. Ein herrliches Erlebnis, den Schlawaer See umwandert zu haben! So erst bekommt man den richtigen Eindruck von seiner Größe. (Länge 11 1/2 Kilometer, Breite 3 1/2 Kilometer, größte Tiefe 16 Meter). Wie prächtig schmeckt das Essen nach einem solchen Marsch! Wie tief und stärkend ist der Schlaf!

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Blick vom großen Werder
Ein Besuch in der Fischerei

Heute ist Ruhetag. Komm mit, ich will Dir die Fischerei zeigen! Sie liegt am Nordufer des Seezipfels und ist durch einen Fahrweg von der Seestraße aus durch den Park zu erreichen. Im Jahre 1902 wurden einmal bei einem einzigen Fischzug 700 Zentner Bleien gefangen. Damals hatte Schlawa noch keine Bahnverbindung, darum war auch ein rationeller Absatz der Fische nicht möglich. Während man früher nur Eisfischerei kannte, wird jetzt der Fang das ganze Jahr über betrieben. Im Frühjahr, nach der Eisschmelze, setzt die Reusenfischerei ein und dauert bis Mitte Juli. Anfang Mai beginnt der Aalfang mit der Aalschnur, anfangs Juli der Fang mit dem Zug- oder Sommernetz und dauert bis anfangs Oktober. Mitte November setzt der Fang mit dem großen Herbstnetz ein, dessen Flügel 300 m lang sind und 14 Meter in die Tiefe greifen. Es dauert bis zum Zufrieren des Sees. Der Jahresdurchschnitt an gefangenen Fischen beträgt in guten Jahren 700-800 Zentner. Jedes Jahr werden für 4000-5000 Mark Jungfische eingesetzt, im Jahre 1930 allein 240.000 Stück Hechtbrut.

Die Hauptfänge liefern Aale, Karpfen und Zander. Der Bestand an Hechten und Schleien ist stark zurückgegangen. Die veränderten Bodenverhältnisse und das Absterben einer Planktonart, die den Fischen zur Nahrung dient, sind die Ursachen des katastrophalen Rückganges des Fischbestandes.

Pilzkrankheiten und Fischräuber. Ein Pilz, der sich an den Kiemen der Fische festsetzt, unterbindet die Atmung und führt so zum Tode der Fische. Man nennt diese Krankheit, die hauptsächlich bei den Schleien auftritt, die Schleienkrankheit. Der Fischbandwurm, der bisher nur bei Bleien festgestellt wurde, hindert ein normales Wachstum der Fische. Großen Schaden richtet ferner der Haubentaucher an, von denen schätzungsweise 200-300 Tiere den See bevölkern. Jeder Taucher verzehrt täglich 1/2-1 Pfund Kleinfische. Noch größer ist ihr Schaden, den sie als Verbreiter des schon genannten Fischbandwurmes anrichten. Manches Kleinfischlein holt sich auch der Eisvogel. Möwen und Krähen nennt der Fischer die Wasserpolizei. Indem sie meist kranke oder verendete Fische fressen, sorgen sie für einen gesunden Fischbestand. Nicht unerwähnt sei der Schaden, den die Fischreiher dem Fischbestand zufügen.

Selten Gäste am See

Im Herbst erscheint der an der Ostsee heimische Säger und gelegentlich der Kormoran. Auch Kraniche als Zugvögel sind beobachtet worden. Seltener Gast ist auch der Milan. Der Naturfreund wird nie ohne Erfolg vom See zurückkehren. Immer sieht er hier eine reiche Tierwelt, die sein Herz erfreut. Der Besuch der Fischerei kann den Sommergästen sehr empfohlen werden. Bereitwilligst wird ihnen der Fischermeister zeigen und erklären.

Fortsetzung folgt...

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