Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 5, Mai 2003

Schlawa

- die Stadt am größten See Schlesiens

Wie der See erschlossen wurde

Wir wandern durch die Zeiten

Die Schönheit unserer Heimat

Wissenswertes für Badegäste und Sommerfrischler
von Hauptlehrer E. Franke, Schlawa

Abgeschrieben und leicht gekürzt von Reinhard Pretzel (früher Rädchen)
(Broschüre abgelichtet erhalten von Erna Höfler geb. Prätzel (früher Schlesiersee)

Schlesiersee (Schlawa) die Stadt am größten See Schlesiens

1. Wie der See erschlossen wurde

Bis kurz nach dem I. Weltkrieg ist Schlawa ein selbst in der Heimatprovinz Schlesien kaum bekanntes Landstädtchen; denn der Schlawaer See schläft noch seinen Dornröschenschlaf. Seit 1836 sind von der Gräflichen Verwaltung, der Eigentümerin des Sees, je ein öffentlicher Weg am Nordostund Südwestufer des Sees mit je einer Badestelle für die Bewohner des Ortes freigegeben. Ein Befahren des Sees mit Booten, Kähnen und dergleichen ist untersagt. Im Jahre 1925 taucht zum ersten male die Frage der Erschießung des Sees zu wassersportlichen Zwecken auf. Dank der unermüdlichen Arbeit des Herrn Landrats Neumann-Freystadt und Dank des Entgegenkommens der Gräflichen Verwaltung werden alle Schwierigkeiten grundsätzlicher und technischer Art überwunden und am 16. September 1927 erhält der Magistrat von der Gräflichen Verwaltung die langersehnte Mitteilung der Genehmigung der Freigabe des Sees zu wassersportlichen Zwecken. Nun gilt es aber auch, alle Vorkehrungen am See zu treffen und den Badegästen den Aufenthalt am See recht angenehm zu machen. Erwähnt sei, dass seit einigen Jahren bereits einige primitive Bretterbuden als Badekabinen am Parkrande standen, und dass ferner an Sonntagen in der Sommerzeit ein Getränkeausschank eingerichtet war. Jetzt geht die Gräfliche Verwaltung energisch an den Ausbau der zum Badeleben nötigen Anlagen. 1928 wird ein Landungssteg gebaut, 1929 entsteht das Strandhaus, 1930 wird es erweitert. In demselben Jahre entsteht eine große Badekabinenanlage von 52 Kabinen, ein Autoanfahrweg und ein Parkplatz. 1932 erfolgt eine bedeutende Verbesserung des Badestrandes durch Auffüllung von 600 m³ Sand, ferner der Bau eines 3m hohen Sprungturmes. Das Jahr 1935 sieht die Errichtung einer Wasserrutschbahn, der Bau einer herrlich am Seeufer gelegenen Kolonnade, eine bedeutende Vergrößerung der Anzahl der Paddelboote und die Anlage gärtnerischer Ausschmückung am Seegelände. Gleichzeitig wird im Herbst mit dem Bau eines geräumigen, mit allen Bequemlichkeiten ausgestatteten Fremdenheims begonnen, das 1936 vollendet und seiner Bestimmung übergeben wird. Den Gaststättenbetrieb verpachtete die Verwaltung bereits am 1. Mai 1928 dem Gastwirt Paul Altmann. Er ist Besitzer eines Motorbootes, das er, nebst 16 Paddelbooten, dem Wassersport zur Verfügung stellt. Er sorgt für die Bequemlichkeit und den Gefahrenschutz der Badegäste in eifriger Weise. So ist innerhalb weniger Jahre eine Anlage geschaffen worden, die ihresgleichen sucht. Das gleiche Entgegenkommen zeigt die Gräfliche Verwaltung. Ein großer Teil des Parks ist für den Verkehr freigegeben. Ja selbst der Privatpark wird an besonderen Tagen geöffnet. Alle Geschäftsleute und Handwerker tun ihr Möglichstes, um die Wünsche der Fremden zu erfüllen. Natürlich erhebt Schlawa nicht den Anspruch eines Luxusbades. Es sieht seine Ehre darin, allen erholungsbedürftigen Bürgern einen gesunden, nervenstärkenden Aufenthalt zu bieten. Hier ist Luft, Sonne und Wasser; sollen sie neue Kräfte sammeln, damit sie wieder freudig an ihr Tagewerk gehen können. Die wachsende Zahl der Sommerfrischler, von denen viele Jahr um Jahr nach Schlawa kommen, ist ein Beweis dafür, dass sie sich hier wohlgefühlt und tatsächlich auch erholt haben.

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2. Wir wandern durch die Zeiten

1312 im Wappenbuch der Schlesischen Städte wird Slava (Slawa) bereits 1312 als offene Stadt genannt. Der Name bedeutet Ruhm und Ehre. Sie befindet sich im Besitz der Herzöge von Glogau (vom König Mathias von Ungarn und Böhmen mit dem Fürstentum Glogau belehnt). Die Söhne Herzog Heinrichs des III. teilen sich das väterliche Erbe, und Schlawa kommt zum Saganer Erbteil.

1468 kauft Melchior von Rechenberg die Herrschaft Schlawa für 1000 böhmische Mark. 1508 bestätigt König Sigismund von Polen als Herzog von Schlesien den Herrn von Rechenberg den Besitz von Schlawa als Erbprivilegium. Fast 200 Jahre bleibt sie im Besitze der Rechenbergs. 1524 tritt Hans von Rechenberg zur Lehre Luthers über. In diesem Jahr wird die St. Michaels Kirche in Schlawa den Evangelischen übergeben, da Schlawa fast ganz zur neuen Glaubenslehre übergetreten ist. In den Wirren des 30jährigen Krieges geht die Besitzung Schlawa den Rechenbergs verloren. 1664 wird der letzte Rechenberg erwähnt (Johann von Rechenberg, Freiherr von Schlawa).

1667 wird der neue Erbherr Franz von Barwitz (Landeshauptmann von Glogau), Freiherr von Fernemont genannt. In demselben Jahre stiftet er das Fideikomiß Schlawa, das Schlawa und Pürschkau umfasst.

1668 erteilt Kaiser Leopold der Herrschaft das Recht, jährlich viermal Kramund Viehmarkt abzuhalten. Rund 200 Jahre gehörte Schlawa den Fernemonts im Mannesstamme aus (Graf Carl von Fernemont-Grabstätte im Park). Es entbrennt ein Erbstreit zwischen dem Grafen von Seckendorf, Berlin und dem Grafen von Haugwitz auf Namiest in Mähren um die Herrschaft Schlawa-Pürschkau.

1886 spricht das Oberlandesgericht Breslau dem Grafen von Haugwitz die Erbschaft des Fideikommisses zu. (Fideikomiß = größerer Grundbesitz als bestehendes Familieneigentum, das unveräußerlich war und nach dem Tod des Besitzers an einen einzigen Erben überging. Fideikommiß diente der Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der politischen Macht der Grundbesitzer). Der jetzige Besitzer der Herrschaft Schlawa ist Heinrich, Karl Graf von Haugwitz (Meißnischer Uradel, Oberösterreichischer Grafenstand 1779). Die Hauptbesitzung ist die Grafschaft Namiesr (Mähren, Tschechoslowakei), seit 1765 im Familienbesitz. Die Gesamtgröße der Herrschaft Schlawa-Pürschkau beträgt 2729 ha.

1721 Erster großer Brand. Am 26. Juni war für Schlawa ein großer Unglückstag. „In den Vormittagsstunden kam in dem Stallgebäude des Tuchmachers Casper Handke am Ringe Feuer heraus, welches in wenigen Stunden das freiherrliche Schloss, Kirchturm, Glocken und Uhr, Kirchendach, Pfarr-und Schulhaus, Gärtner- und Vorwerkshaus, sowie 105 bürgerliche Häuser, nebst der meisten Leute Mobilien in ganz kurzer Zeit vernichtete. Über die Entstehungsursache ist nichts klar geworden... die meisten Bürger bauten wiederum Häuser aus Lehmfachwerk mit Stroh- und Schindeldach, der übrige Teil der Bürger war außerstande, sich ein Häuschen wiederherzustellen.“ (Chronik der Stadt Schlawa von Holler).

1765 Zweiter großer Brand. „Um das Unglück voll zu machen, brach am Montag, dem 8. Juli 1765, nachmittags 2 Uhr bei dem Bleichereibesitzer Rothe unweit des Weinbergs Feuer aus, wodurch das Städtchen ganz verwüstet wurde. Bei dem starken Winde, welcher auf die Stadt zutrieb, ergriff das Feuer das herrschaftliche Vorwerk, die Färberei, Stadt und Dorf Schlawa samt der evangelischen Kirche, die katholische Kirche und etwa zwei oder drei außenstehende Häuslein und Scheuern. Infolge der weichen Bedachung fast sämtlicher Gebäude war um 4 Uhr, also nach zwei Stunden, nur noch ein Aschenhaufen zu sehen. Es brannte auf fünf bis sechs Stellen zugleich, sodass eine Hilfe unmöglich wurde. Alle Habe und auch Vieh verloren die Einwohner. In dem herrschaftlichen Schlosse wurden dem Pastor Lehmann, dem Lehrer und einigen Honoratioren Wohnungen auf ein Jahr überwiesen. Alle übrigen Unglücklichen richteten sich in Erdhütten und Kellergewölben ein. Viele Familien kehrten dem Unglücksort den Rücken und machten sich in den benachbarten Städten und Dörfern sesshaft... Die geführten Untersuchungen (über die Brandursache) haben nichts Bestimmtes ergeben. Um die augenblickliche Not etwas zu lindern, sind von der Gutsherrschaft, den umliegenden Herrschaften und Gemeinden Naturalien und Geld gegeben worden ... Von König Friedrich dem II. wurde durch die Königl. Kriegs- und Domänenkammer ratenweise 10000 Taler zum Aufbau der Stadt gegeben und an die Bürger verteilt. Ferner erhielt die Stadt an Brand-Bonifikation ratenweise 7000 Taler“. (Stadtchronik)

1790 Noch ein Brand suchte Schlawa heim. Am 12. September 1796 vernichtete ein Feuer das Pfarrhaus, katholische Kirche und Turm, den halben Ring, eine Gasse, Färberei und Schäferei. Es konnte nur wenig gerettet werden. Außer diesen Brandunglücksfällen, die unser liebes Städtchen an den Rand des Unterganges brachten, seien noch erwähnt die unsäglichen Drangsale und Nöte der Kriegszeiten, insbesondere die Plünderungen durch Kosaken während des 7jährigen Krieges. So heißt es in der Stadtchronik (22. September 1761) „... Endlich wurden noch 100 Taler colligiret und ihnen mit zitternden Händen und fußfälligen Bitten dargereicht ... Inzwischen haben sie doch im herrschaftlichen Amtshause die Fenster, Türen und das Gewölbe erbrochen, alles zertrümmert und durcheinandergeworfen. In dem herrschaftlichen Schlosse sind sie mit den Pferden in den Zimmern herumgeritten ...“

1619 Errichtung der Kometenkanzel in der katholischen Kirche. Gestiftet von Anna Freiin von Rechenberg 1618 aus dem Hause Schlawa. Die Kanzel ist ein Meisterwerk schlesischer Steinmetzkunst. Den Anlass zur Stiftung gab die Sichtung eines Kometen, der nach dem Glauben der damaligen Zeit Unglück bringen sollte.

1654 Die seit 1524 von den Evangelischen benutzte Kirche geht zurzeit der Gegenreformation wieder in den Besitz der Katholiken über.

1740 Schlawa erhält durch Friedrich den Großen in Rauschwitz den ersten evangelischen Geistlichen seit 100 Jahren. (Johann Jakob Lehmann.)

1743 Bau des evangelischen Gotteshauses in der Nähe des Marktes. (heutiges evgl. Pfarrgrundstück).

1765 brennt es nieder.

1766 Bau des zweiten evangelischen Gotteshauses in der Nähe des Rädchener Tores.

1836 Bau der heutigen evangelischen Kirche auf dem Markte. (Dreifaltigkeitskirche).

1809 bringt Schlawa mit der Einführung der Städteordnung die Unabhängigkeit von der Grundherrschaft, die bis dahin die Polizeigewalt, die Justiz, sowie die kommunale Verwaltung in den Händen hatte.

1839 Errichtung der ersten Postexpedition (Fraustadt-Schlawa-Kontopp-Züllichau). „In früheren Jahrhunderten hatte Schlawa als Grenzort an der Zollstraße zwischen Schlesien und Polen regen Verkehr. Vor dem Polnischen-, Pürschkauer- und Rädchener Tor befanden sich Zollhäuser, auf dem Marktplatze das Hauptzollamt mit starker Wache. Die Durchfuhr von Getreide war bedeutend, darin wurde auch starker Schmuggel getrieben. Im 18. Jahrhundert blühte besonders der Hanf- und Flachshandel und damit verbunden die Tuchmacherei und Färberei. Später ging jedoch der von Hanf und Flachs immer mehr zurück, sodass 1887 der sonst reich beschickte Hanf- und Flachsmarkt vollständig einging. Ebenso hörte die Tuchmacherei und -färberei auf). (Beiheft zur Statistik des Postamtes Schlawa).

1900 Um die Jahrhundertwende setzt ein großer wirtschaftlicher Aufschwung in Schlawa ein, der mit dem Leben und Schaffen des Kaufmannes Josef Rother (gestorben 1935) unlöslich verbunden ist. Eine Reihe genossenschaftlicher Betriebe unseres Ortes verdankt ihm ihre Entstehung: Die Brennereigenossenschaften I und II, die Molkereigenossenschaft, das Kalksandsteinwerk-Ziegelwerk, und die Spiritusfabrik.

1913 Am 1. Oktober 1913 wird die Eisenbahnstrecke Glogau-Schlawa-Züllichau eröffnet. Am 30. September fährt die alte Postkutsche zum letzten Male über das holprige Pflaster. Die Tore einer neuen Zeit sind weit aufgerissen!

1919 erfolgt nach 17jährigen Verhandlungen die Eingemeindung des Dorfes Schlawa in die Stadt, 1928, mit der Auflösung der Gutsbezirke, auch die Eingemeindung des Gutsbezirkes Schlawa. Die Festsetzung der neuen Reichsgrenze mit Polen schlägt Schlawa unermessliche Wunden. Nicht weniger als 10 Ortschaften, die früher in enger wirtschaftlicher Beziehung zu Schlawa standen, werden vom Reiche losgerissen. Schlawa verliert sein ganzes wirtschaftliches Hinterland und scheint dem vollständigen Erlahmen seiner Wirtschaftskraft entgegenzugehen. Die Inflation verschlingt die letzten Vermögensreste des kleinen Handwerkers und Gewerbetreibenden.

1927 Die Freigabe des Sees zu wassersportlichen Zwecken und der damit einsetzende Fremdenverkehr setzten den wirtschaftlichen Niedergang Schlawas ein Ende. Es beginnt eine neue Zeit: Schlawa wird Badeort! (Siehe Teil I.).

1926/27 Bau des neuen Schulhauses an der Seestraße

1931 Errichtung des Jugendseeheims (Jugendherberge) 1932 am 1. Oktober kommt Schlawa, infolge der Neueinteilung der Kreise, zum Kreis Glogau. Damit geht endlich ein sehnlicher Wunsch unserer Bürger in Erfüllung.

1934 werden die Durchgangsstraßen neu gepflastert und so dem wachsenden Fremdenverkehr dienstbar gemacht. Endlich bekommt Schlawa auch sein neues Rathaus, da das alte schon lange nicht mehr den Anforderungen der Neuzeit entsprach. Am 3. September 1934 findet die feierliche Weihe statt. Schließlich sei noch der Bau eines Arbeitsdienstlagers 101/4 genannt. (Johann Dietrich von Hülsen). Dieser kurze Gang durch die Geschichte enthält nur das Wichtigste in knappen Andeutungen. Nähere Auskunft gibt die Chronik der Stadt.

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3. Die Schönheit unserer Heimat

Die Heimat ist immer schön. Man muss ihre Schönheiten nur sehen. Ja, auf das Sehen kommt es an. Wie oft gehen wir achtlos an ihren Schönheiten vorüber, aus Hast oder Gewohnheit. Beides habt Ihr lieben Gäste nicht. Also kommt und öffnet Herz und Sinne.

Stadt und See

Mondennacht! Still schläft das Städtchen. Träumend stehen die alten Giebelhäuser am Markt. Was haben sie erlebt? Geschlechter kommen und gehen. Sie stehen in bürgerlicher Ehrbarkeit da, wie die Zeugen einer längst verschwundenen Zeit. Wenn sie erzählen könnten! Das Tagewerk der fleißigen Tuchmacher und Färber macht sie noch heute stolz. Und mitten unter ihnen, sie alle überragend, die Kirche. Wie ein fahrend Schiff liegt sie da. Hoch aufragend zum Himmel der Turm, wie ein Mast. Bürgersinn und Gläubigkeit gehören zusammen. Das ist immer so gewesen und wird so bleiben. Wir treten ein in den stillen Park. Vom Mondlicht übergossen liegt breit und behäbig das Schloss. Jahrhunderte geistern um seine Mauern. Wie segnend schaut St. Nepomuk von seiner Säule auf die breite Front. Platanen und Kastanien werfen ihren tiefen Schatten. Wir stehen still und lauschen. Die Zeit versinkt. Da – das Schlosstor öffnet sich, und der alte Freiherr von Fernemont tritt mit seinem Baumeister aus dem Portal, „Ihr habt Wort gehalten“, spricht der Freiherr, „anno Domini 1735 wird mein Schloss fertig, ich bin mit euch zufrieden.“ „Wartet noch ein paar Jahre, wenn erst der Efeu das Barockgemäuer sanft umschlingt, wird die Natur der Kunst harmonisch dienen“, spricht Höne jetzt mit artiger Verbeugung. Wir wenden uns nach rechts und treten durch ein altes Gartentor zum Ruheplatz der Toten. Welch tiefer Friede herrscht an diesem Ort. Sanft liegen sie im Mondenlicht gebettet. Wir schreiten bis zur Kirchenmauer und lesen im klaren Mondenlicht die alten lieben Namen. Dort in der Gruft, da ruhen die Rechenberge aus, die tapferen Kämpen, der Herr von Rechenberg, der Balthasar, die Freifrau Anna von Niebelschütz. In einer zweiten Gruft schlafen still die Grafen von Fernemont. Wir stören ihren Frieden nicht und treten leis und still ins heilige Gotteshaus. Da brennt das ew'ge Licht und kündet Gottes Unvergänglichkeit und Liebe. Sanft streichelt Mondensilberlicht die schöne alte Kanzel, ein Geschenk der Freifrau Anna aus dem Geschlecht der Rechenberge. Dort hängt das Ehrenmal der Heldensöhne unseres Vaterlandes. Der Gottessohn inmitten der Gefallenen. Ein tiefer Friede zieht auch ein in unser Herz und still verlassen wir das Gotteshaus. Wir schreiten Mondlichtübersponnen jetzt weiter in den Park hinein und stehen bald am Ufer unseres Sees. Welch herrliches, erhabenes Bild. Wie schimmert silberglänzend hell die weite Fläche. Erhabenheit und Ruhe fließt zurück in unser Herz. Hier fühlen wir die ewigen, geheimen Kräfte, den Schöpfer kündend und das Geschöpf mit ihm verbindend. Wie wir so staunend stehen, ganz hingegeben dem Gefühl des Friedens, trifft himmlisch süß der Nachtigall Gesang das Ohr. Auch du, mein liebes Tier, strahlst doch nur wieder süßen Wohllaut, den dir Gott ins Herz gelegt. Noch lange stehen wir bezaubert und gebannt vom heiligen Gottesfrieden der Natur. Ein anderes Bild! – Wild heult der Herbststurm über's Land. Die alten Parkbäume ächsen und stöhnen unter seiner starken Faust. Geschmeidig biegen und winden sich die schlanken Birken, als wollten sie mittanzen in dem wilden Reigen. Wie klein bist Menschlein du, wenn Gottes heißer Atem über dir dahinbraust! Wir stehen am See, ein wildes Ungeheuer ist er heut. Ein weißer Geifer sprüht aus seinem Rachen. Aufgewühlt bis in die Tiefe seiner schwarzen Flut. Ein Wellenreiter jagt den anderen. Graugrün, drohend kommen sie geritten, in teuflisch-kecker Wut sich überschlagend. Die meterhohen, weißen Kämme stürzen sich mit Urgewalt dem Strande zu, als wollten sie verschlingen Mensch und Menschenwerk. Ja, ein gar gewaltig Lied spielt die Natur dir heut, du kleiner Wicht!

Und noch ein anderes Bild!

Heiß brennt die Juli-Sonne nieder auf Mensch und Tier, erschlaffend alle Glieder. Es ist, als ob ein heimlich Rufen durch Markt und Gassen ging: komm Mensch, komm her zu mir. Hier findest Labung du für deinen matten Leib und neue Kräfte auch für Herz und Sinne! Wir folgen willig diesem Zauberruf und stehen, ausgekleidet schon, am Seerand. Wie köstlich ist es doch hineinzutauchen in die kühle Flut! Ein Wohlgefühl durchrieselt unseren Körper. Es ist als ob die Erdenschwere von uns fiele. Dahinzugleiten durch die kühle Flut, darüber sich der blaue Himmel wölbt, ist Wohltat, die das Herz erfrischt. Vom Strandhaus kommen süße Geigenklänge und schweben rhythmisch mit dem Stoß der Arme und Beine. Da, über mir, zieht ein Bussard seine stolzen Kreise. O glücklich Tier, das so dahinfliegt in den Glanz der Sonne! Ein übermütig Fischlein springt silbrighell empor aus kühler Flut. Es ist, als ob ein Jauchzen froh durch seinen Körper zuckt. Da, – kurz vor uns – stößt plötzlich etwas Schwarzes aus der Flut. Es plustert sich und siehe – Freund Haubentaucher schaut neugierig sich das Menschlein an, das ihm so nahe ist. Er traut uns nicht und zieht es vor, sich tauchend zu empfehlen. Nun wenden wir den Blick dem Ufer zu. Dort stehen die Kiefern, aufleuchtend im Strahl der Sonne. Sonst sind sie ernst und still. Doch heut ist es, als ob sie sich mitfreuten mit dem nackten Menschlein, das dort im kühlen Wasser schwimmt. Wir gehen an Land. Ein kleiner Dauerlauf im Waldesschatten bringt neue Kräfte in den frohen Leib. Nun meldet sich der Magen. „Hunger, Hunger!“ ruft er. Wir folgen gern dem Ruf und lassen Speis und Trank uns köstlich schmecken.

Fortsetzung folgt.

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