|
Diese Bezeichnung erhielt von den Glogauern die Flachdachsiedlung südlich der Eichendorffstraße. Die dreigeschossigen Wohnblöcke in der Gutenbergstr. hatten 5 Eingänge mit 6 Wohnungen, im 1., 3. und 5. Eingang 3 Wohnungen mit Balkon. Die Blöcke links hatten die Hausnummern 1 9 und 15 23 und rechts der Block 2 10. Die Hausnummern 11, 13 und 12 waren 2-geschossig als kleine Würfel an den Ecken der Blöcke. Ein Block stand in der Herzog-Konrad-Str. und einer an der Eichendorffstr. (mit Konsum und Waschanstalt.) Diese 5 Wohnblöcke entstanden 1928/29 und waren ursprünglich für Kriegsbeschädigte und -hinterbliebene vorgesehen. Der Mietpreis für eine 3 Raumwohnung war für damalige Verhältnisse relativ hoch und betrug 51, RM, sodass dann viele andere Berufsgruppen Einzug hielten. Meine Oma erhielt eine Zuweisung für sich und ihre 2 Jungens (12 und 18 Jahre also meine Onkels), sie wohnte in Untermiete bei Schubert in der Kasernenstr. 14. Wegen der hohen Miete haben meine Eltern sich von der Kiehnstr. 11 (4. Etage) am Umzug beteiligt. Also zogen wir im Frühjahr 1929 als einer der ersten Mieter in der Gutenbergstr. 15 ein. Der Innenausbau war noch nicht ganz fertig. Es fehlten noch die Schlösser an Haus- und Korridortüren. Auch war die Straße noch im Bau, sodass die Möbelwagen an der Rückfront halten konnten. Die Küchen waren „modern“ mit Terrazzo und einem Küchenherd für Kohle und Gas. Im Bad befand sich ein Durchlauferhitzer „Prometheus“. Nach und nach zogen weitere Mieter ein. Erinnern kann ich mich nur noch an die Namen Pyreck, Schätzel, Turbing und Wurms. Zwei Jahre später wurde der Wohnblock Gutenbergstr. 16 24 und das große Eckhaus Rauschwitzer Str. / Herzog-Konrad-Str. gebaut. Daran kann ich mich gut erinnern, denn nach Feierabend der Bauarbeiter und bis zum Eintreffen des Nachtwächters war das verbotene Fahren mit einer Kipplore das große Erlebnis für uns Kinder. Beeindruckend war immer wieder der gang zur modernen Waschanstalt im Keller des Blockes an der Eichendorffstraße. Hier hatte Waschmeister Gloger sein Reich. Er wog die Wäsche ab, bediente die großen Waschtrommeln, vermittelte die Termine und vergab auch die Trockenschränke. Eine elektrische Wäscherolle war auch vorhanden. Auf den Hofseiten der Blöcke befanden sich viele Wäschepfähle, 2 Klopfstangen, 2 Masten für die „Hochantennen“ und für uns Kinder eine große Sandkiste. Erinnern kann ich mich auch an den Zeppelin, der von Südost kommend uns überflog. Aber auch die Himmelsschreiber mit der Werbung für Persil sorgten für Aufregung. Von dem Feld südlich der Herzog-Konrad-Straße wurden Feldblumen geholt und auf der Wiese hinter den Blöcken wurden oft Buden gebaut, die aber wegen vorhandener Fahnen von der Verwaltung einmal zum Abriss verurteilt waren. Ab April 1931 habe ich täglich den weiten Weg zur Comeniusschule absolviert. Das Radfahren habe ich auf der Gutenbergstraße gelernt. Alles in allem habe ich in „Neu-Jerusalem“ schöne Jahre meiner Kindheit verbracht bis wir im Sommer 1933 zur Sedanstr. 4 und meine Oma in die Hohenzollernstr. 9 umzogen. Was ist nun aus unserem „Neu-Jerusalem“ geworden? Ein Bild von 1965 zeigt uns, dass alle Blöcke in der Gutenbergstraße den Krieg überstanden haben, aber die meisten Balkons gibt es nicht mehr. Die Hausnummern sind noch die gleichen. Durch die große Neubautätigkeit
im heutigen Glogau hat man Mühe die Flachdachsiedlung von der Rauschwitzer Straße zu erkennen. Allen ehemaligen Bewohnern von „Neu-Jerusalem“ in Nah und Fern herzliche Grüße, für 2004 alles Gute, Zufriedenheit und vor allem Gesundheit.
Ihr
|
|
|