Vom Eingange, den die schwere Steinplatte im Hauptgange der Kirche vor dem Hochaltar bedeckt, führt eine leidlich gangbare Treppe mit zehn Stufen in die Gruft. Sie birgt in ihrem Schoße, außer den fürstlichen und gräflichen, im Kirchenschiff durch Grabdenkmäler verherrlichten Toten, noch 56 Jesuiten, die dort in den Jahren 1705-1776 beigesetzt wurden. Ihre Leichname ruhen in ganz schmucklosen richtigen Armensärgen auf Sägespänen. Die meisten halten Rosenkranz- und Sterbekreuz noch in ihren Händen. Mehrere sind leidlich erhalten; die Leder-Sandalen vieler zeigen sich fast unversehrt. Die Luft in der Gruft ist moderfrei: deshalb brennen die zur Besichtigung angezündeten Kerzen hell und klar.
a) Das unter dem Hochaltar befindliche Grabgewölbe hat die Form eines Rechteckes. Es ist 2,40 m hoch, 18,50 m lang, 8,30 m breit an seiner breitesten, 4,60 m breit an seiner schmalsten Stelle. In diesem Raume sind 16 Holzsärge aufgebahrt. Vier von ihnen haben einfache Verzierungen, wahrscheinlich Särge von geistlichen Vorgesetzten des Kollegs; die anderen: nur die unerläßlichen sechs Bretter. Von den an allen Särgen ehemals befindlichen Namenstafeln sind acht abgerissen. Nach den vorhandenen acht ruhen dort folgende Jesuiten:
Simon Hoffreiter aus Eger, geb. 1653, gest. 1705.
Anton Merkel, geb. 1714, gest. 1761.
Philipp Linchner aus Zobten, geb. 1728, gest. 1760.
Joseph Harlacher aus Braunau (Böhmen), geb. 1692, gest. 1729.
Kaspar Kopidlansky aus Glogau, geb. 1666, gest. 1728.
Christian Blaschka aus Mähren (Domstadliensis), geb. 1714, gest. 1758.
Karl Deinert aus Glatz, geb. 1723, gest. 1758.
Johannes Riedel aus Arnau (Böhmen), geb. 1734, gest. 1776.
Die dem Grufteingang gegenüberliegende Längswand weist eine fenstergroße Öffnung auf, von der aus man zwei schmale Gänge einige Meter weit verfolgen kann, um freilich bald vor, Vermauerungen zu stehen.
b) In dem rechts sich unmittelbar anschließenden, unter der Sakristei gelegenen Grabgewölbe von 2,40 m Höhe, 7,40 m Länge. 3,75 m Breite, haben 17 Jesuiten ihre letzte Ruhestätte gefunden.
Die neun erhaltenen Inschriften nennen:
Georg Bernert, 1692 in Guhrau geboren, in Glogau aufgewachsen und erzogen, gest. 1746.
Er vermachte sein väterliches Erbteil zur Beschaffung der ersten Glocken für die Jesuitenkirche.
Franz Wenger aus Schweidnitz, geb. 1686, gest. 1707.
Johannes Linke aus Breslau, geb 1695, gest. 1749.
Johannes Gagitscher aus Ungarn (Petschingensis), eingetreten 1698, gest. 1720.
Johannes Scholz, eingetreten 1702, gest. 1706.
Michael Leipoldt, Coadjutor temporalis - ex Palatinatu Connersreitensis - aus Konnersreuth, eingetreten 1753, gest. 1757.
Clarissimus Joseph Aßmann aus Iglau (Mähren), geb. 1700, gest. 1745.
Johannes Zwirtmeyer, geb. 1682, gest. 1741.
Clarissimus in Christo Frater, Magister Johannes Schattauer aus Breslau, geb. 1705, gest. 1727.
Die beiden Mauern an den zwei Schmalseiten dieses Gruftgewölbes sind späteren Ursprunges: die eine trennt die gräflich Frankenbergsche Grabstätte ab; ob nicht die andere eine bereits gefüllte und darum zugemauerte Gruft abschließt, müsste eine Untersuchung ergeben; bejahendenfalls wäre dadurch die Frage gelöst, wo die vor 1705 verstorbenen Jesuiten beigesetzt sind, da doch das Kolleg bereits seit 1626 bestand und in der jetzt zugänglichen Gruft nur die von 1705 bis 1776 verstorbenen Ordensmitglieder ruhen.
c) Wenden wir uns vom Grufteingang nach links in den Raum unter der Marienkapelle, so gelangen wir in die fürstlich Liechtensteinsche Gruft. In ihr stehen drei wohlerhaltene Särge aus Kupfer, von denen der rechte und linke auf jeder Längsseite vier, der mittelste drei kunstvolle in Kupfer getriebene Löwenköpfe für die Tragringe aufweist.
Der Sarg ganz rechts birgt, wie das Grabdenkmal in der Kirche meldet, in einem mit rotem Samt überzogenen, in GoIdbuchstaben die Zahl 1729 tragenden Holzsarge die Gebeine der Fürstin Liechtenstein; von ihr ist freilich nur noch der Totenkopf erhalten. Auf dem kupfernen Übersarge sind am Deckel die beiden Wappen von Liechtenstein und Oettingen-Spielberg angebracht. Darunter befindet sich die Inschrift: Jacet hic corpus Serenissimae Principis Mariae Annae de Lichtenstein, natae comitis de Oetting-Spilberg, anno 1729, Parasceves die mortuum cum Christo resurget pro meritis in resurrectione carnis vivum in Christo.
"Hier ruht der Leib der erlauchten Fürstin Maria Anna von Liechtenstein, geb. Gräfin von Oettingen-Spielberg, der im Jahre 1729 am Karfreitag verstarb; mit Christus wird er verdientermaßen auferstehen bei der Auferstehung des Fleisches lebend in Christo.
In der Mitte ein Kindersarg, von dem oben im Gotteshause gar keine Notiz genommen ist. Seine Aufschrift lautet:
,,Marianne Freyle Gräfin von Frankenberg, geb. 16. Julii 1707, gest. 21. Martis 1713. Im Alter: 5 Jahre, 8 Monate, 5 Tage."
Von dem Kinde ist nur noch der halbe Totenkopf übrig.
Der kupferne Sarg ganz links, an der Längswand unter der Breslauer Straße, umschließt den leidlich erhaltenen Leichnam einer Gräfin von Frankenberg. Noch lässt sich die Haube. mit der ihr Kopf bedeckt war, deutlich erkennen. Wahrscheinlich ist die Tote jene Gräfin Frankenberg, von der oben in der Kirche das schöne Grabdenkmal vor der Sakristei Kunde gibt, die am 3. August 1709 starb. Es könnte freilich auch jene Gräfin Frankenberg sein, von welcher der Chronist berichtet: ,,1728 wurde die Leiche der Gräfin von Frankenberg, gestorben am 20. September, am 23. September früh in die Gruft unserer Kirche überführt, wo die Eltern ihres erlauchten Gatten für sie ihre letzte Ruhestätte gewählt hatten." Dieser kupferne Sarg ist ein Kunstwerk. Neun bunt gemalte Wappen, deren Farben und Schrift bestens erhalten sind, schmücken ihn: am Fußende die Wappen des Philipp Christoph Graf von Frankenberg und der Helene Sophie von Hochberg; an der rechten Längsseite die Wappen der Anna Maria Gräfin von Erpach, der Margareta Gräfin von Schönfeld, Freiin aus dem Hause Wacha, des Johann Georg Grafen von Solms; am Kopfende: das Wappen des Grafen Christoph von Hohberg; an der linken Längsseite: die Wappen der Katharina von Rothkirch aus dem Hause Panten, des Christoph von Schkopp, der Sybilla Freiin von Kittlitz aus dem Hause Mallmitz.
Die Gruft ist durch einen sehr einfachen Fichtenlattenzaun von dem übrigen Grabgewölbe abgeschlossen. Die letzten zwei Särge gehören nicht in diese Liechtenstein-, sondern in die Frankenberg-Gruft. Es bliebe aufzuklären, warum sie dort nicht beigesetzt wurden, bzw. weshalb sie in der Liechtenstein-Gruft ihren Platz fanden.
d) Ein schmaler, stellenweise sehr niedriger Gang führt in der Richtung Breslauer- und Jesuitenstraße nach dem Gruftgewölbe unter dem Orgelchor. In diesem Gange sind Teile der Grundmauer deutlich wahrnehmbar, die noch der alten, 1403 erbauten Fronleichnams-Kirche angehört haben; einige wenige Mauerstücke scheinen überdies noch älteren Ursprungs zu sein.
Die in diesem Gange links befindliche Nische enthält nicht den Sarg des Generals Reisky, der laut Inschrift in der Kirche dort stehen müsste.
e) In dem unter dem Orgelchor befindlichen Grabgewölbe, dessen Länge 10,70 m, Breite 5,10 m und Höhe 2,40 m beträgt, ruhen 23 Jesuiten. Bei sieben sind die Namensinschriften noch erhalten:
Georg Gröer aus Reinerz, Grafschaft Glatz, eingetr. 1709, gest. 1729.
Johannes Sondermann aus Breslau, geb. 1706, gest. 1745.
Christoph Franzke, geb. Oberglogau (Glogoviae superioris) 1659, gest. Groß-GIogau (Glogoviae majoris) 1724.
Ferdinand Lange aus Neuzelle, geb. 1683, gest. 1740.
Karl Belling aus Glatz, geb. 1705, gest. 1739.
Matthias Meruna aus Böhmen (Bistricensis), geb. 1670, gest. 1705.
Joseph Mitschke aus Oppeln, geb. 1697, gest. 1732.
f) Der Gruftgang führt dann weiter unter der Hofseite der Gymnasialkirche entlang nach der Frankenberg-Gruft. In ihr steht ein einziger Sarg von ungewöhnlich großem Ausmaß. Er ist aus Kupfer, und kupferne Löwenköpfe sowie prächtig erhaltene, bunt gemalte Wappen verzieren ihn. Am Fußende befinden sich drei Wappen: in der Mitte das Wappen des Mannes, den nach der Grabinschrift im Gotteshause an dieser Stelle der Sarg birgt: Johann Wolfgang Graf von Frankenberg.
Links darunter das Wappen der Helena Sophia von Hochberg, also seiner Gemahlin, rechts darunter das Wappen der Anna Kunigunde von Colonin.
An der rechten Längsseite: die Wappen der Margarete von Schickenbaum, der Felicitas Freiin von Dittrichstein, der Barbara von Busch.
Am Kopfende: das Wappen der Renata Eulalia Gräfin von Braun(erin).
An der linken Längsseite: die Wappen der Anna Regina Gräfin von Wagenperg, der Renata Freiin von Preißing zu Cronnenwinkel und der Anna Freiin von Traun.
Dieser ungemein große Sarg, sicher ein Übersarg, dessen lnnen-(Holz-)Sarg inzwischen vermorscht ist, birgt zwei ganze Totenköpfe und die obere Hälfte eines dritten Kopfes in sich, daneben eine Menge von halbverwesten schwarzen und roten Gewand-Resten. Er weist also einen Zustand arger Verwüstung auf.
Diese Tatsache, sowie das wirre Durcheinander der fürstlichen bzw. gräflichen Särge, desgl. an den Jesuiten-Särgen das Fehlen so vieler Sarg-Schilder, die ersichtlich abgerissen sind, gibt der Überlieferung Recht, wonach. die Franzosen und die damals in französischen Diensten stehenden Württemberger und Badenser, in der Zeit der Besetzung Glogaus von 1806-1814 der Gruft ihre wenig pietätvollen Besuche abgestattet und die schwere Unordnung daselbst herbeigeführt haben.
Die Rückkehr aus der Gruft führt uns unmittelbar vor den Hochaltar, mit seinem ,,tabernaculum Dei cum hominibus": ,,das Gezelt Gottes bei den Menschen." (Geh. Offenbarung 21; 3.)
Möge von dem Tabernakel dieser schönen Fronleichnams-Kirche überreicher Gottessegen allezeit ausgehen auf Leiter, Lehrer und Schüler des Glogauer Staatlichen kath. Gymnasiums, auf alle Bewohner dieser Stadt, auf Kirche und Vaterland!