Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 10, Oktober 2002

Die Glogauer Stadtpfarrkirche zum hl. Nikolaus

von Dr. theol. Karl Kastner

§ 8. Die Orgel

§ 9. Hochaltar und Kanzel

2. Fortsetzung

3. Abschnitt: Die innere Ausstattung der Kirche

§ 7. Die Glocken

Der Weltkrieg hat das schöne - anfangs auch harmonische - Glockenquintett der Stadtpfarrkirche mit roher Hand zerstört. Es bestand aus folgenden Glocken: 1. Sankt Maria: größter Durchmesser: 1,32 m, Höhe: 1,12 m, Gewicht: 1412 kg, Jahreszahl: 1771, Ton: es, Bild: Mutter Gottes mit dem Jesuskinde. Die Inschrift folgt weiter unten. - 2. St. Nikolaus: Größter Durchmesser: 1,05 m, Höhe: 0,94 m, Gewicht: 756 kg, Jahreszahl: 1771, Ton: f, Bild: Sankt Nikolaus. - 3. St. Katharina: Größter Durchmesser: 0,89 m, Höhe: 0,95 m, Gewicht: 363 kg, Jahreszahl: 1771, Ton: a, Bild: St. Katharina. - 4. St. Joseph: Größter Durchmesser: 0,72 m, Höhe: 0,56 m, Gewicht: 208 kg, (aus dem Jahre 1879), Inschrift: “Gloria in exclesis Deo”, Ton: d. - 5. Kleine “Signier-Glocke”: Größter Durchmesser: 0,52 m, Höhe: 0,36 m, Gewicht: 79 kg, Ton: f, Bild: Engelkopf, Inschrift: “Mich goß 1788 Johann Georg Krieger in Breslau.” Derselbe hat auch die ersten drei Glocken gegossen, die auch aus der Zeit des rührigen Pfarrers Scholtze (1740-1772) stammten. Er hat darüber folgenden eigenhändig geschriebenen Bericht hinterlassen:

“Ich registriere hier alles dieses nicht aus Intention mir aus meiner Zutat, was ich immer der armen Kirche gegeben habe, einen eitlen und unverdienstlichen Ruhm zu erwerben, sondern nur allein darum, damit die Nachkommenschaft wissen solle, woher eines oder das andere gekommen, besonders in Punkto deren Glocken, wie viele derselben, welchem Heiligen jede gewidmet und wie viel jede an ihrem Gewicht betrage, um auf den Fall einer neuen Verunglückung, welche Gott in Gnaden abwenden wolle, in dem Verlust informiert zu sein, wovon in allen Kirchregistern von den durch den letzten Brand verunglücken Glocken nichs angemerkt zu finden ist.

Aus dieser alleinigen Absicht registriere ich zu immerwährendem Gedächtnis die Anno 1771 zustande gebrachten harmonierenden Glocken nebst ihren Aufschriften und Bildnissen, wann, wo und von wem dieselben gegossen sind. Es enthält dieses Geläut fünf ansehnliche und vollständige Glocken, nämlich:

Das kleine, sog. Signier-Glöckel unter dem Bildnis und Namen St. Barbara, an Gewicht 120 Pfd., welches nach dem ersten Guß im Brandjahre gesprungen war von Krieger in Breslau Anno 1771 im Monat Juni gegossen worden mit der Aufschrift:

“Anno 1758 incendii flammis consumpta honori s. Barbarae V. et Martyris morientium patrona restituta sum anno 1771 mense Junio.”

Die zweite unter dem Bildnis und Namen St. Joseph, an Gewicht 2 Zentner, 3 Steine 18 Pfd., welche Anno 1760 auch gesprungen war, von Sebastian Gerstner in Breslau Anno 1761 im Monat Juli gegossen worden mit der nämlichen Aufschrift des Gusses in dem Brandjahre:

“Honori S. Josephi olim dicata die 13. Maji 1758 incendii flammis penitus consumpta e cinere et aggestione recollecta mense Julio, oedem anno eidem Sancto denuo restituta sum in venerationem.”

Die dritte unter dem Bildnis und Namen St. Katharina, an Gewicht 7 Zentner 126 Pfd., welche von Krieger in Breslau Anno 1771 im Monat Juni gegossen worden unter der Aufschrift:

“Quae olim honori s. Catharinae urbis et ecclesiae patronae sacrata eram, anno 1758 die 13. Maji incendii flammis perempta denuo e cinere eruta pristino honori anno 1771 mense Junio sum reddita sub tanto patrocinio securius personatura.”

Die vierte unter dem Bildnis und Namen St. Nikolaus, hiesigen Stadt- und Kirchenpatrons, an Gewicht 15 Zentner 12 Pfd., welche von Krieger in Breslau Anno 1771 im Monat Juli gegossen worden, mit der Aufschrift:

“Quam infortunatum fatum, quo anno 1758 die 13. Maji per incendii flammas in nihilum cecidi, tam faustus anni 1771 successus, qui me ex reliquiis conquisitam in pristinum esse reduxit et priori honori S. Nicolai Episcopi primi ecclesiae et urbis patroni mense Junio noviter sacravit sub ejus protectione et precibus consistentem nunquam perituam.”

Die fünfte unter dem Bildnis und Namen Maria, an Gewicht 28 Zentner 123 Pfd., welche von Krieger in Breslau Anno 1771 im Monat Oktober gegossen worden mit der Aufschrift:

“Deo optimo maximo olim sacrata et Virginis Mariae Deiparae immaculatae honori devota personabam pro utru isque gloria anno 1758 die 13. Maji flammis incendii consumpta in nihilum abiens laudis voce amissa silere sum coacta. Silerem procul dubio adhuc vix vocem editura unquam nisi gratia divina in aere recondonasset novo, quod ignis absumpsit in conflato. Deo Filio sic auxiliante sum anno 1771 mense Octobri novam formam induta Matri Virgini Virginum Beatissimae novo voto sacrata rursum persono et in Filii adorationem ac Matris honorem novi cantici vocem dabo incessabilem ultra non tacitura. Deus, qui Filius est Virginis proteget, quod est honoris Matris cui soli oblata est structura operis.”

Dieses vollständige als kostbare Geläut mit wie vielem Vergnügen ich solches bei den bedrängten Umständen der äußerst verunglückten und hilflosen Kirche zu stande gebracht, mit eben so freudenvollem Affekt ich dieses dem Allerhöchsten zu seiner Ehr und Anbetung geopfert habe. Was demselben zu seiner geistlichen Vollständigkeit abgeht, ist die bischöfliche Konsekration, welche ich bei dem Guß zugleich nicht bewirken können, und die Gelegenheit hierzu muß abgewartet werden. Um diese heilige Handlung zu verschaffen, werde ich nicht minder beeifert sein, als ich die noch übrige Zeit meines Lebens den Allerhöchsten um eine ewige Konservation dieses zu seiner Ehre wiederhergestellten Geläutes ohne Unterlaß bitten werde; und daß keiner meiner Herren Nachfolger einen solchen Greuel der Verwüstung des ihm anvertrauten Hauses Gottes mehr sehen möge. Alle meine ausgestandenen Drangsale opfere ich demselben und weihe ihm alles, was ich seinem heiligen verunglückten Tempel zur Hilfe beigetragen habe, mit der reinsten Intention, die mit mir ersterben wird.

Groß-Glogau, den 8. November 1771.

Franz Leopold Scholtze, Kanonikus und Stadtpfarrer.”

Schon nach zwei Monaten läuteten dem eifrigen Seelenhirten die Glocken seiner Stadtpfarrkirche den ewigen Frieden (gestorben den 13. Januar 1772).

Die St. Josephsglocke bekam im Jahre 1840 einen fingerlangen Sprung. Pfarrer Birambo ließ durch den Schlosser Schlegel diese Stelle der Glocke, die “wie eine Schafschelle klingt”, aussägen und die Glocke selbst umhängen. 1879 wurde sie vom Glockengießer Geittner umgegossen.

1884 fertigte die Glogauer Maschinenfabrik Firma Nietzschmann u. Sempke nach Entfernung der alten zwei neue Schwinglager an, änderte die Klöppel und hängte die Glocken um.

Am 28. Juni 1917 mußten dem unerbittlichen Kriegsgesetz zufolge drei der schönsten Glocken abgeliefert werden. Nur die Nikolaus-Glocke und das kleine Signier-Glöcklein blieben erhalten. Für das Kilogramm wurden 3,50 Mark und eine Prämie von 1 Mark für das Kilogramm bezahlt.

Am 31. Januar 1771, im Jahre, als das neue Geläut der Kirche fertiggestellt wurde, richtete v. Lichnowski, Oberst-Leutnant und Gouverneur, an Pfarrer Scholtze ein Schreiben, in dem er ihn ersucht, für den wiederhergestellten Turm nach alter Sitte einen Turmwächter zu besorgen. Aus diesem Schriftstück geht hervor, daß die Pfarrkirche einen solchen bis zum großen Brande von 1758 besaß. Seine Aufgabe war, stündlich bei Tag und Nacht mit seinem Hammer an der Glocke den “Seigerschlag zu repetieren”. Außerdem mußte er täglich dem Gouverneur “rapportieren, was er außerhalb vom Turme Veränderliches sah”. Dafür erhielt er von der Stadtkämmerei 48 Rchtlr. jährlich. Der Pfarrer antwortete unterm 12. Februar, er erhielte noch jetzt wöchentlich einen Rchtlr., 2 Klafter Holz und täglich ein Inselt-Licht wegen der Nachtwachen. Für die Wohnung im Turm müsse also auch der Magistrat sorgen. Raum dafür sei vorhanden, die Stadt solle nur eine Wohnung ausbauen, weil das immer Magistratssache gewesen sei. 1774 teilte der Magistrat dann dem Pfarrer Francheville mit, er habe den Kürschnermeister Jaithe als Turmwächter bestellt und bat, das Nötige zu veranlassen (18. April). Am 2. Mai d.J. lehnte es die Stadt ab, da sie ohnehin gegen 70 Rchtlr. jährliche Ausgaben für den Turmwächter hätte, ihm noch einen Hammer zum Nachschlagen der Stunden zu besorgen. Dieses könnte aus der Kirchenkasse geschehen. Pfarrer Francheville antwortete unterm 11. Juni ablehnend. Die Kämmerei habe seit dem Brande von 1758 bis jetzt am Turmwächter Ersparnisse gemacht, daß sie die 12 Rchtlr. 10 Silbergr. für den Hammer schon zahlen könne. Er habe die Rechnungen von 100 Jahren durchsucht und könnte kirchliche Auslagen für den Turmwächter nicht finden. Die Kirche riskiere schon etwas, daß sie gestatte, mit dem Hammer an die beste Glocke zu schlagen. Am 29. Juni des nächsten Jahres schrieb die Stadt an den Pfarrer, er sollte Jaithe entlassen und den Hammer und alles, was die Stadt habe machen lassen, z.B. eine Tür, zurückstellen. Das Kriegs- und Domänenamt hätte nämlich unterm 26. d.M. geschrieben, es wäre besser, diese Einrichtung am Rathausturme zu treffen. Baudirektor Machui habe nämlich dem Amte mitgeteilt, der Wächter könne ohne Gefahr auf dem Turme nicht wohnen. Auch der Pfarrer habe sich geäußert, die Wohnung sei nicht feuersicher und beim Öffnen der Schallfenster könnte ein heftiger Sturm leicht das ganze Turmdach abdecken.

Am 20. April 1824 versah der Mechaniker Opitz den Turm und das Dach der Loretokapelle mit einem Blitzableiter. 1831 mußte das Turmdach umgedeckt und die Spindel, die ganz vermorscht war, erneuert werden. Bei dieser Gelegenheit mußte der Turmkopf herabgenommen werden. Man fand darin folgende, gutgemeinte Verse:

Danksagung bei dem glücklich vollzogenen Aufsatz des Thurmknopfes ..., welches gescheen den

11. Septemb: 1773

“Gott sei nun Dank gesagt, man hats so weit gebracht,
Daß unser Alterthum Kirch- und Thurm Neue Zierde macht
Das Reiffe Alterthum, das in Jenen wüsten Jahren,
Des Feuers Wuth und Macht nur gar zu sehr erfahren,
Das beweinenswürdig war, und in Drümmern lage,
welches man nicht anders betrachte als mit banger klage
Dis richt sich auf, und stehet wieder,
man siehet von Größerer Höhe zur Erde hernieder.
Komme Knopf, komme Kreutz, komme du Goldenes Schild
Du wirst der Nachwelt vast das ächte Gedächtnißbild.
Dem Merkmal unser Müh, und Freundes-Zeichen,
bis späte Jahre hin den Danck von unsern Kindern reichen,
weil es denen so wie unß zum besten aufgericht,
Den Thurm, und Gotteshauß redt selbst von dieser Pflicht.
Danck seye der Vorsicht nun, Danck sey ihrer Kraft,
Danck sey dem Monarchen, der es mit angeschaft
Danck sey auch allen von denen Wir Hülff genommen,
Danck, der Ewige Danck das Wir so weit gekommen.”

Pfarrer Birambo (1814-1849) ließ dann hineinlegen: ein Verzeichnis 1. der Kapitalien und der Fundationen der Kirche, 2. der Kirchenbeamten. 1. Kaplan war Joseph Bittner aus Kamitz bei Ottmachau. 2. Kaplan Gottfried Adam aus Kolzig. Fundatist Anton Rude aus Prausnitz. Glöckner: Amand Bencke.

§ 8. Die Orgel

Zu dem Orgelchor gelangt man auf einem hölzernen Treppengerüst in der Ölbergskapelle, das, ganz unorganisch eingefügt, genannte Kapelle verunstaltet. Es wurde notwendig, als man beim Wiederaufbau der Kirche den alten Zugang zum Chore links neben der Turmhalle für das hl. Grab einrichtete.

Die jetzige Orgel ist die zweite seit dem letzten großen Brande 1758. Am 13. Mai wurde die Orgel ein Raub der Flammen. Acht Tage zuvor – man beachte die Tragik – hatte Orgelbauer Bernhard Zittwer aus Guhrau den letzten Rest, 34 Taler 15 Silbergroschen, (von 250 Talern) für den Ausbau der damaligen Orgel erhalten. Sie hatte eben ein Positiv und damit eine zweite Klaviatur erhalten. Das General-Vikariat-Amt hatte am 24. April 1756 gestattet, mit den vorhandenen Mitteln die Orgel um- und auszubauen. Nachdem man sich anfangs mit einem älteren kleinen Orgelwerk, dann mit der 12registrigen Orgel auf dem kleinen Chore begnügt hatte, ging nach dem Wiederaufbau des großen Orgelchores Pfarrer Francheville (1772-1796) ganze Sorge dahin, eine den Ausmaßen des Gotteshauses entsprechende Königin der Instrumente zu erwerben. Dies war um so nötiger geworden, als die kleine Orgel beim Kirchbau so gelitten hatte, daß sie fast unbrauchbar geworden war. Aber 10 Jahre, bis 1784, dauerten die Bemühungen des Pfarrers um eine neue Orgel. Sie ist wohl vom Orgelbauer Johann Gottlieb Meinert aus Lähn bei Hirschberg in Schlesien mit 32 Registern und 2 Manualen gebaut worden. Derselbe erhielt nämlich 1758 auch den Auftrag, für 30 Rchtlr. die Reparatur der Orgel auf dem kleinen Chore vorzunehmen. 1802 erhielt Pfarrer Ignaz Schneider die Genehmigung zur Erweiterung und Verlegung der Blasebälge mit einem Kostenaufwand von 76 Rchtlr. 27 Silbergr. Die Orgel blieb weiter ein großes Sorgenkind der Pfarrer. 1804 wurden zu den im Jahre 1803 genehmigten 230 Rchtlr. noch 30 für Reparaturkosten bewilligt. Am 6. Oktober 1828 wurde schon wieder ein Kontrakt mit dem Orgelbauer Hartig aus Neusalz über 42 Rchtlr. geschlossen, der durch Abänderung des Registers um 20 Rchtlr. überschritten werden mußte. Die Orgel mußte dann noch wiederholt ausgebessert werden. 1860 vom Orgelbauer O. Müller in Breslau. Die letzte größere Reparatur fand 1884 statt. Der Kostenanschlag des Orgelbauers E. Steinert in Breslau lautete auf 2145 Mark, die kirchlichen Kassen entnommen wurden (Loreto-Konfraternität- und Bauregister). Domkapellmeister Adolf Greulich, der die Orgel abnahm, sprach von “grandioser und erhabener Wirkung”. Schließlich aber hatte das Werk durch wiederholte Entstaubungen der Kirche, durch Feuchtigkeit und die Last der Jahre so gelitten, daß es für den Organisten zu einer Qual wurde. Ausbesserungen konnten dem altersschwachen Werke nicht mehr helfen. Die Firma Schlag u. Söhne in Schweidnitz lehnte schließlich rundweg eine Reparatur ab, die nur neue Schäden hervorrufe.

Da war es ein Verdienst des Stadtpfarrers Mache, daß er sich die Sorge für eine neue Orgel nicht verdrießen ließ. Die Notwendigkeit des Neubaus hatte auch Kardinal Kopp bei seiner letzten Visitationsreise anerkannt. Das General-Vikariat-Amt gab also am 30. August 1904 die Erlaubnis auf Grund des Gutachtens des Dom-Organisten Adler vom 16. Mai desselben Jahres, den Anschlag der Firma Gebr. Walter in Guhrau zur Ausführung zu bringen. Der am 21. Oktober geschlossene Kontrakt lautete über 13.600 Mark. Er wurde durch verschiedene Nebenausgaben überschritten, so daß sich alle Ausgaben auf rund 15.000 Mark beliefen. So mußte, sollte der Wurm das neue Orgelwerk nicht schnell wieder beschädigen, eine Neudielung des Chores vorgenommen werden. Sie wurde für 700 Mark durch das hiesige Baugeschäft P. Schade ausgeführt. Der ornamentale Schmuck stammt vom hiesigen Holzbildhauer A. Jäckel. Außerdem mußte eine Interimsorgel aufgestellt werden. Am 30. Oktober 1905 wurde die Orgel von dem oben erwähnten Breslauer Dom-Organisten abgenommen. Sein Gutachten vom 16. November fand nur Kleinigkeiten zu verbessern. Die Orgel selbst ist mit allen neueren Errungenschaften modernen Orgelbaues ausgestattet. Sie zählt 30 Register, 3 Manuale, 2157 Pfeifen (die größte Prospektpfeife aus 14lötigem Zinn ist 5 Meter lang und wiegt fast 2 Zentner), 3 Manual- und 3 Pedalkoppeln. Die Superoktav- und die Suboktavkoppel ermöglichen es, die Zahl der Register fast um das Doppelte zu erhöhen, so daß das volle Werk in Wirklichkeit eine Tonstärke von 56 Registern aufweist. Der Spieler kann beim Niederdrücken von 7 Manual- und 2 Pedaltasten gleichzeitig 333 Pfeifen erklingen lassen. Creszendo- und Decreszendoregisterscheller, Echowerk erhöhen die Gesamtwirkungen. Die Register liegen über dem 3. Manual, unter den Klaviaturen befinden sich Druckknöpfe zur Regulierung der Tonstärke. Die hohen Kosten wurden aus dem Berta Nikolaus’schen Legate, aus einem Vermächtnis des + Pfarrers Ludwig Hoffmann aus Gr. Kauer (gestorben in Neusalz), aus Spenden des Pfarrers Mache und zweier ungenannter Wohltäter und z.T. aus Geldern der Rosenkranzkasse bestritten.

Leider hat der Weltkrieg der Königin der Instrumente die Krone vom Haupte gerissen. 74 herrliche Prospektpfeifen aus Zinn im Gewicht von 489 Kilogramm mußten am 26. Juni 1917 in die Geschoßfabrik wandern. Das Kriegsamt zahlte dafür 3779,74 Mark Entschädigung. Der Blick auf das Orgelchor mit seiner gefälligen Rokoko-Brüstung, der sich früher an dem herrlichen Orgelprospekt nicht satt sehen konnte, schaut jetzt den “Greuel der Verwüstung an hl. Stätte”.

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Der Hochaltar

Die schöne Kanzel

§ 9. Hochaltar und Kanzel

Beide Stücke sind ein Meisterwerk des Holzbildhauers Becker aus den Jahren 1773/4 und im Barockstil gehalten. Der Altaraufbau ist vom Altartisch getrennt und steigt bis zum Gewölbe des Presbyteriums empor. Oben im Gewölk (Glorie) thront Gott Vater (Kniestück), umgeben von Engeln. Zu seiner Rechten kniet eine Frauengestalt mit Kelch, das Sinnbild der Religion (Kirche). Das Altarbild sollte zuerst Maler Felder malen (1773). Aber seine Skizze für 9 Rchtlr. wurde von der Kirchengemeinde verworfen. Um für den Hochaltar ein Kunstwerk zu beschaffen, wandte sich der damalige (französische, aus Paris stammende) Pfarrer Francheville an den Künstler und Kgl. Hofmaler von Loo in Paris. Dieser erhielt für das etwa 9 Meter hohe und 5 Meter breite Gemälde, das Mariä Verkündigung darstellt, 600 Livres = 171 Rechtlr. 12 Silbergroschen. 1812 wurde es vom Maler Rasch für über 17 Taler ausgebessert. Auf dem Bilde ist die Mutter Gottes am ansprechendsten. Die Engelszenerie erinnert in ihrer theatralischen Aufmachung an den Pariser Geschmack damaliger Zeit. Die Patrone des Gotteshauses, St. Nikolaus und St. Katharina, stehen links und rechts vom Bilde zwischen hohen Säulen in Überlebensgröße (etwa 3 Meter hoch) aus Holz geschnitzt. Vor den vordersten Säulen steht in gleicher Größe je ein Engel. Becker erhielt für die Arbeit am Hochaltar 650 Rchtlr. Als Altarbild wurde Mariä Verkündigung ausgewählt, weil diesen Titel die uralte Marienbruderschaft trägt, die sich um die Erhaltung des katholischen Glaubens in der Reformationszeit die größten Verdienste erworben hat. Zwischen den hohen Altarsäulen schauen zwei bunte Glasfenster mit den Bildnissen der beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus hindurch. Sie sind im Inventarverzeichnis von 1878 als Geschenk einer Wohltäterin erwähnt und stammen von A. Redner-Breslau. Ehedem waren an dieser Stelle die nächsten beiden Fenster mit buntem Teppichmuster, die 1877 unbekannte Wohltäter gestiftet hatten. Die beiden Apostelfürsten halten die Erinnerung daran fest, daß die älteste Pfarrkirche Glogaus nach der Überlieferung an der Stelle des alten Dominikanerklosters stand, dessen Kirchenpatrone St. Petrus und Paulus waren.

Über 75 Jahre standen Hochaltar, Kanzel und Orgel, eigentlich die einzigen Prunkstücke der restaurierten Kirche, unstaffiert da. Das rohe Holz war inzwischen von den Jahrzehnten gebräunt worden. Schon Pfarrer Birambo (+1849) hatte sich mit dem Gedanken getragen, diese Arbeit ausführen zu lassen. Er war aber über dem Plane gestorben. Da war es nun die erste Sorge seines einstigen Kaplans und Nachfolgers Klopsch, diesen Plan zur Ausführung zu bringen. Aber woher die nicht unbedeutenden Mittel nehmen? Klopsch kam auf den Gedanken, das alte Gold- und Silberwerk , meist Votivgeschenke für die Loretokapelle, die einst in der Blütezeit der marianischen Konfraternität ein mächtiger Ansporn sein mochten, jetzt aber bei ihrem unaufhaltbaren Niedergange in anderer Weise fruchtbar gemacht werden konnten, zu veräußern. Auf eine Anfrage beim Fürstbischof unterm 15. Februar 1850 traf am 26. ds. Mts. die Erlaubnis dazu ein. Von wertvollen Stücken wurde damals eine goldene Erbsenkette mit 18 Goldstücken von 98 Dukaten Gewicht und eine kleinere von 12 ½ Dukaten Gewicht mitveräußert. Wahrscheinlich war die schwere Kette das Votivgeschenk des Bürgermeisters Franz Groß, des großen Wohltäters der Kirche und der Loretokapelle im besonderen. Es ist zu bedauern, daß ein so wertvolles Andenken an ihn der Kirche nicht erhalten bleiben konnte. Alles in allem wurden Inventarstücke im Werte von 1127,46 Mark am 11. Juli 1850 verkauft, nach dem Vorgange von 1773, wo Silberwerk im Gewicht von 16 Mark 7 Lot verkauft worden war.

Am 20. Juli 1850 bekundeten Tischlermeister Leuschner und Zimmermeister Leuschner, daß alle Holzteile noch in gutem Zustande seien und eine Staffierung sich lohne. Nur an einzelnen Stellen des kiefernen Spundholzes zeigten sich kleine Wurmstiche; dafür werde aber gerade die Staffierung gut sein. Der Kontrakt wurde mit dem Staffierer K. Gerhardt geschlossen, der in Breslau zuvor die Ursulinenkirche zur Zufriedenheit staffiert hatte. Er verpflichtete sich am 1. Mai 1851 für 830 Rchtlr. die Arbeit an der Kanzel, der Altarseite des kleinen Chores, der Kommunionbank und des Hochaltars einschließlich der Auf- und Abrüstung zu übernehmen. In einem Nachtrag wurde er noch für das Orgelchor und die Orgel für 280 Rchtlr. verpflichtet. Die Kosten sollten aus dem obigen Erlös, außerdem aus Fundationsregistern genommen werden. Da Orgel und Orgelchor mitzustaffieren ein Wunsch vieler Gemeindemitglieder war, wurde am 27. März 1851 eine Sammlung in der Gemeinde für diesen Zweck von der Kanzel verkündigt. Sie ergab am 24. Oktober 1851 die erfreuliche Summe von 1516,29 Mark. Für die Farbe an den Holzteilen wurde eine hellere Mahagonifarbe in Aussicht genommen, weil, wie an Klopsch ein befreundeter Domherr aus Breslau, der um Rat gefragt wurde, schrieb: Nicht lichtdurchflutet sollte das katholische Gotteshaus sein, sondern in Halbdunkel gehalten werden, als “Durchgang in das ewige Lichtermeer”. Porträtmaler Blätterbauer erhielt am 13. Mai 1851 2 Friedrichsd’or für die Ausbesserung des Hochaltarbildes; August Wabschke wurde beauftragt, es später zu reinigen und zu lackieren. Am 6. Juni 1856 quittiert er über 60 Mark. Dieser scheint in dem Geschäft des Gerhardt gearbeitet zu haben. Die Staffierungsarbeiten befriedigten Pfarrer und Gemeinde, so daß Klopsch am 14. Januar 1852 Gerhardt gern ein Anerkennungs- und Empfehlungsschreiben ausstellte, während Wabschke vom Kirchenvorstand am 25.6.1851 11 Taler 10 Silbergroschen-Doppel-Friedrichsd’or als “gewogentliche Anerkennung” für seine Leistung erhielt. 1893 wurde der Tabernakelaufbau von Maler Krachwitz-Frankenstein neu vergoldet und die großen Figuren des Hochaltars polychromiert für 560 Mark.

Besonders kunstvoll ist die Holzbildnerarbeit am Tabernakelaufbau, der reiche Vergoldung aufweist. Der alte Tabernakel war ein hölzerner Drehtabernakel. Dieser wurde im Jahre 1920 durch einen diebessicheren Panzertabernakel ersetzt, den Schlossermeister Zanke-Glogau lieferte und Bildhauer Jäckel-Glogau stilgerecht verzierte.

Die einfachen Holzarbeiten an Kanzel und Hochaltar führte in den Jahren 1773/4 Tischlermeister Brühn aus. Von ihm stammt auch die Kommunionbank, die Stufen dazu und das kleine Chor mit geschweifter Brüstung und verkröpften Kählungen. Die Füllungen an der Kommunionbank und dem Chor fertigte Bildhauer Jersgersky-Glogau an. Brühn lieferte auch die Kirchenbänke. Das schöne Schnitzwerk über den Kirchenvorstandsbänken aber stammt von dem oben genannten Bildhauer Becker. Die Vesperstühle und die beiden Sanktusleuchter aus Holz sind ganz einfach gehalten und erst in neuerer Zeit angeschafft worden.

Die Kanzel, der Stilart nach zum Hochaltar passend, gereicht der Kirche zur schönsten Zierde. Auf dem reichverzierten Baldachin (Schalldeckel) steht die Figur des guten Hirten, fast 2 Meter hoch. Zu seinen Füßen sind die vier Evangelisten mit den bekannten Symbolen gruppiert. An der über 2 Meter hohen Rückwand befindet sich ein 1791 von Staffierer Steckel geschenktes Ecce homo-Bild, das Zeichenlehrer Krisch 1917 gereinigt hat. Die Brüstung beleben Engelfiguren und Füllungen. Die Figuren und Plastiken sind reich vergoldet. Für die unstaffierte Kanzel erhielt Bildhauer Becker 290 Rchtlr.

Fortsetzung folgt

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