Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 8, August 2002Die Glogauer Stadtpfarrkirche zum hl. Nikolausvon Dr. theol. Karl Kastner |
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I. TeilGeschichte der Glogauer Stadtpfarrkirche1. Abschnitt: Baugeschichte§ 1. Die Zeit bis zum ersten und zweiten großen Brande 1420 bzw. 1431 Der imposante Bau der Glogauer Stadtpfarrkirche hat eine interessante Vergangenheit. Die genaue Zeit und die näheren Umstände der Grundsteinlegung sind nicht mehr zu ermitteln. Der älteste Teil des auf uns gekommenen Bauwerkes stammt nach Jedenfalls läßt sich die baugeschichtliche Entwicklung des Glogauer Gotteshauses an verschiedenen architektonischen Spuren ablesen. Zunächst fehlten dem Bau die jetzigen Seitenkapellen. Das verraten die im Innern der Kirche, z.B. in den Kapellen auf der Südseite, sichtbaren Überreste der Strebepfeiler an der ursprünglichen Außenmauer. Sodann lag anfangs das Presbyerium (= Altarraum, Priesterchor) in seinen Längsmauern frei, während gegenwärtig die Mauern der Seitenschiffe bis zu dem fünfseitigen Chorabschluß nach vorn gezogen sind. Ursprünglich reichten letztere nur bis zum sog. Triumphbogen, der im Inneren der Kirche stets das Presbyterium vom Schiffe trennt. Die Kirche bestand also anfänglich aus dem vierjochigen Langhause nebst Seitenschiffen und dem dreijochigen Presbyterium. Die ältesten Anbauten waren der massige Turm und ihm zur Seite die Kreuz- und die jetzige Ölbergskapelle, die Nikolauskapelle und endlich der geräumige Bau der alten Sakristei, der erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die jetzige Loretokapelle in sich aufnehmen mußte. Dem großen Stadtbrand vom 7. Mai 1420 fiel auch der Dachstuhl und das Innere der Pfarrkirche zum Opfer. 1431 war sie glücklich wiederhergestellt, als bei der Einweihungsfeier am Jakobusfeste (25. Juli) durch Unvorsichtigkeit ein neuer Brand ausbrach, der auch den größeren Teil der Stadt in Asche legte. § 2. Die zeit bis zum dritten und vierten Brand 1489 bzw. 1642 Die Wiederherstellung der Pfarrkirche ließ sich der verdienstvolle Pfarrer Franz Löwenwald (um 1441) angelegen sein. Um diese Zeit sind die Seitenkapellen in die Umfassungsmauern der Seitenschiffe eingebaut worden. Am Himmelfahrtsfeste (28. Mai) 1489 suchte ein neuer Stadtbrand wiederum die Pfarrkirche heim. Bei der massiven Bauart der Kirche scheint er jedoch nur im Innern der Kirche Verheerungen angerichtet zu haben. Weit schlimmer war der furchtbare Brand in der Schwedenzeit. Sonntag, den 4. Mai 1642, früh 4 Uhr, wurde die Festung Glogau von den Schweden unter der Führung Torstensons im Sturm eingenommen. Die Bürger der Stadt hatten wertvolle Gegenstände in der Pfarrkirche geborgen. Bei der Plünderung des Gotteshauses war ein Soldat eine brennende Lunte weg, wodurch das Gotteshaus und 18 benachbarte Häuser in Flammen aufgingen. Damals verbrannten in der Sakristei viele Archivalien, die für die Geschichte der Stadtpfarrkirche von großer Bedeutung gewesen wären, darunter auch die Matrikel des Glogauer Domes, die hier verwahrt wurde. Das Feuer erfaßte auch den Turm und zerstörte die Glocken. Erst nach dem Abzug der Schweden konnten fromme Hände das Glockenmetall aus Schutt und Asche heraussuchen, um es für die neu zu gießenden Glocken aufzubewahren. § 3. Die Zeit bis zum fünften großen Brande 1758 Die Freude, das in Trümmern liegende Gotteshaus wie einen Phönix aus der Asche emporsteigen zu sehen, hatte der unermüdliche und seeleneifrige Pfarrer Balthasar Machius (1650-1668). Unter ihm und seinem zweiten Nachfolger Johann Karl Zahn (1671-1692) erhielt die Kirche im wesentlichen das äußere Aussehen, das sie noch jetzt hat. Eine Veränderung wurde zunächst, wie bereits kurz angedeutet, mit der bisherigen Sakristei vorgenommen. Sie schien für ihren Zweck zu groß. Vor der Zeit der Reformation und des Dreißigjährigen Krieges, als noch die Kreuzkapelle ihre eigenen Manionarien (Vikare) hatte und an den zahlreichen Altären der Pfarrkirche die verschiedensten Altaristen aus dem Glogauer Domklerus und den Pfarreien der umliegenden Ortschaften auf Grund von Meßstiftungen zelebrierten, mochte der Raum gerade ausreichen. Nunmehr aber, wo meistenteils der Pfarrer mit seinen drei Kaplänen allein den Gottesdienst versah und nur noch wenige Altaristen ihren Meßverpflichtungen in der Pfarrkirche nachzukommen hatten, da die Ungunst der Zeiten viele Fundationen vernichtet oder ihre Erfüllung unmöglich gemacht hatte, konnte auch ein kleinerer Raum als Sakristei dienen. Er mußte aber erst geschaffen werden. Zu diesem Zwecke wurde die Empore (Chor) der alten Sakristei durch eine Mauer unterbaut, die gegenüberliegende Außenmauer an der Ostseite der Sakristei bis zur Höhe der Empore durchbrochen und noch etwa einen Meter über die Strebepfeiler hinaus geschoben und überdacht. So gewann man einen langgestreckten und ausreichenden, wenn auch nicht gerade bequemen Sakristeiraum. Über der neuen Sakristeitür ist jetzt noch die Jahreszahl 1673 zu lesen. Indem man die neue Außenwand bis an die Mauer des Presbyteriums heranführte, wurde zugleich eine Vorhalle für die Kirchentür auf der Epistelseite des Hochaltars gewonnen. Das muschelförmige Weihwasserbecken an dieser Eingangstür zeigt die Jahreszahl 1680. In dem Innenraum der alten Sakristei aber wurde eine Loretokapelle erbaut. Ihr Stifter ist nach einem Kopialbuch des Pfarrarchivs, genannt “Liber Laurethanae Domus” Anno 1673, der Glogauer Bürgermeister Joachim Franz Groß (1611-1674). Am 27. März 1668 wandte sich der damalige Dekan, der bereits erwähnte Stadtpfarrer Machius, an den Fürstbischof von Breslau, um ihm den Wunsch des genannten Bürgermeisters vorzutragen, innerhalb der überaus großen Sakristei eine sogenannte Loretokapelle, wie sie Ober Glogau schon besitze (“qualis Glogoviae-Minoris pridem visitur”) errichten zu dürfen. Unterm 27. April 1668 gab Bischof Sebastian v. Rostock die Genehmigung. Der Bau kam aber noch nicht zur Ausführung. 1668 starb nämlich Pfarrer Machius. Sein Nachfolger, der Erzpriester aus Neumarkt Christoph Franz Klose, resignierte schon wieder 1670. So wurde erst am 10. Mai 1672 unter den neuen Pfarrer Zahn in Gegenwart des Bürgermeisters Groß der erste Grundstein zur Loretokapelle gelegt. (Über den Bürgermeister Groß und sein Ölgemälde vgl. Kastner, “Die Entdeckung eines wertvollen Glogauer Gemäldes” in: Sonntagsbeilage der Schlesischen Volkszeitung Nr. 45, 5. November 1916). So blieb die Kirche ohne weitere bauliche Veränderungen, bis sie das furchtbare Brandunglück vom 13. Mai 1758 von neuem in Schutt und Asche legte. Das Jahr zuvor hatte bereits eine Kriegsverordnung (am Anfange des Siebenjährigen Krieges) einen dunklen, unheilvollen Schatten auf die Pfarrkirche geworfen. Am 12. August 1757 verlangte die Kriegs- und Domänenkammer, der Pfarrer solle in den Bauschuppen und die Kirche 1020 Tonnen Salz aufnehmen. Pfarrer Scholtze erhob unterm 15. August d.J. Gegenvorstellungen. Die Gänge müßten freibleiben wegen etwaiger Beerdigung in den Grüften und wegen der Fundationsverpflichtungen an den verschiedenen Altären der Kirche. Überhaupt würde der ordentliche Gottesdienst erschwert werden. Die Last der Tonnen würde nur zu leicht die Gruftgewölbe eindrücken. Übrigens seien in Schweidnitz und Neiße auch die Pfarrkirche verschont geblieben. Am 19. August schrieb die Kammer zurück, daß im Notfalle ohne Widerrede mit der Belegung der Kirche zu rechnen sei. Scholtze wandte sich daher noch einmal an den König, außer den oben angeführten Gründen erklärte er, der Haupteingang unter dem Turme lasse sich nicht verlegen, weil dort der Aufgang zum Musikantenchore sei. (Diese Chortreppen befand sich damals in dem Raume, wo heute das hl. Grab ist, das früher u.a. in der Loretokapelle war. Eine Tür führt noch heute aus der Turmhalle in diesem Raum.) Außerdem müssen für alle Fälle einer plötzlichen Gefahr dieser wichtige Ausgang frei bleiben. Noch ehe man sich in diesem Punkte geeinigt hatte, traf die Kriegsfurie selbst eine furchtbare Entscheidung. Das Brandunglück begann am Pfingstsonnabend vormittags um 11 Uhr im Jesuitenkloster, wo verwundete österreichische Soldaten gepflegt wurden. Das Feuer zog die jetzige Schulstraße herauf und sprang auf das Dach der Ölbergskapelle über, die an die Außenmauer des Presbyteriums angebaut war. Von hier schlug die Flamme durch das Fenster ins Innere der Kirche und ergriff den Hochaltar. Bald stand die ganze Kirche in hellen Flammen. Auch der Turm wurde in Mitleidenschaft gezogen und brannte in allen Stockwerken aus, so daß die fünf schönen Glocken zerschmolzen herabstürzten. Wenige Tage darauf wurde vom Sturme der Giebel eingerissen und die Gewölbe stürzten in die Tiefe. Unter dem 16. Mai 1758 erstattete Pfarrer Leopold Scholtze (1740-1772) der geistlichen Behörde in Breslau folgende tieftraurige Meldung: “Euer Hochw. Gnaden! Einem hoch Fürst-Bischöfl. General-Vicariat-Ambt muß ich mit äußerisen Schmertz gehorsam referiren, weßerley unglückseeliges Schücksaal die hiesige Stadt-pfarr-Kirche, ssambt derselben Pfar, undt schul gebäuden, undt einen Theil der Stadt von 212 feüer Städten betroffen habe. Den 13. dieses (Monats May) früh gegen 11 uhr ist in dem hiesigen Jesuviter collegio unversehens eine solche feüer-brunst entstanden, deßen heftigkeit binnen 5 Minuten der gestalt um sich gegriffen, daß alles auf einmahl in flammen gestanden, ohne daß eine Menschen hülfe zur Rettung möglich geweßen. Weilen die Kirche und deren gebäude der entstandenen feüer-brunst an ihrer höhe die nächsten waren, seynt solche bey dem ersten ausbruch auf einmahl von allen seithen also heftig angegriffen worden, daß in wenigen stunden außer denen haupt-mauern keines, anderen Von innen und außen das mindiste merkmahl hinterblieben glocken, lichter, und alles übrige Kirchgerethe seynt von den allzu großen feüer gänzlich aufgezehret, daß weder in den zusammengefallnen gemäuern was vorzufinden ist. Die altar, gruft- und pflastersteine aus der Erde und gemäuren sind nicht nur aufgezehret sondern sogar zermahlen. Ich sambt meinen Capellänen habe nichts als das geistl. Kleid am leib davon getragen, und ich mich vor meine person durch die umgreifende flammen durchflüchten müßen. Der ältere Cappellan Erdtner war in Käller verallen welcher folgenden Tages darauf darinnen vermerckt, undt duch das ausgehaune Kellerfenster mit strücken herauf gezogen worden. Er lieget noch dato von rauch und Dapf halb getödtet darnieder, ohne sicherheit das Er beym leben bleiben werde. Der verlust der Kirche ist unbeschreiblich, undt der Jammer sambt dem nothstand, worinnen wir uns befinden, ohne worth begreiflich zu beschreiben. Wie sehr ich zur Zeit beängstiget, undt hülflos bin, finde der schuldigkeit Euer hochw. Genaden von diesem erstaunlichen unglücksfall nachricht zu geben, undt anbey flehentlich zu bitten, falls ein hülfsmittel Euer hochw. Genaden beywohnen sollte, unß gänzlich verunglückten genädig und väterlich angedeyhen zu laßen, mir ingleichen eine genädige information zu geben, was wegen dem erstaunlichen Vorfall der Kirche den gegenwärthigen umständen gemäß zu unternehmen. Gott der Höchste wird davor der Belohner seyn, ich aber werde in unterthänigsten dankespflichten devotister submißion ersterben.” Nicht genug des Unglücks, ließ man nicht einmal die völlig ausgebrannte Kirchenruine in Frieden. Auf Kgl. Befehl wurde sie in der Kriegszeit als Mehlniederlage und Salzmagazin verwendet. Alle Vorstellungen des Stadtpfarrers Leopold Scholtze waren vergeblich. Er wies darauf hin, daß die überaus schweren Mehltonnen das Pflaster und darunterliegende Grüfte beschädigten, daß naßwendende Salz aber die Wände zersetze und so das Unheil immer größer werde. Nur die Sakristei und die Loretokapelle waren unversehrt geblieben. In ihr fand zunächst der Gottesdienst statt. Das General-Vikariat-Amt hatte diese oder die Kirche des Jungfrauenstiftes zum Pfarrgottesdienst vorgeschlagen. Ein Jahr darauf erlangte Pfarrer Scholtze auf inständiges Bitten die Freigabe der Kapelle neben der Loretokapelle. Sie wurde notdürftig eingerichtet und mit vier Altären versehen. Aus der Begräbniskapelle am Barbarafriedhofe wurde die Kanzel geholt und am dritten Pfeiler der Kirche aufgestellt. Später wurden die Bogenöffnungen zwischen den Pfeilern mit Brettern verschlagen und hinten am Eingange zur Kreuzkapelle ein Altar aufgestellt. (Juni 1766.) Es war der Hochaltar der Notkirche; gegenüber wurde das noch jetzt hier befindliche kleine Chor erbaut und mit einer kleine Pedal-Orgel von zwölf Registern versehen. Dieses primitive Gotteshaus, aus dem südlichen Seitenschiff gebildet, war also nun verkehrt “orientiert”. Den Haupteingang bildete die Seitenpforte unter dem Kleinchor. Letzteres ist ein ehrwürdiges, wenn auch unschönes “Brandzeichen” der Kirche. § 4. Die Zeit nach dem letzten Brande Mit einem heiligmäßigen Eifer ging Pfarrer Leopold Scholtze daran, das altehrwürdige Gotteshaus wiederaufzubauen. Jedoch die erforderliche Bausumme war nicht so leicht aufzubringen. Die beitragspflichtigen Stellen verschoben immer wieder die Zahlung. Daher wandte sich Pfarrer Scholtze in einem Schreiben vom 26. Mai 1770 im Namen von 2500 Katholiken an König Friedrich II. selbst. Er wies darauf hin, daß die katholische Stadtpfarrkirche nur noch die einzige Ruine seit dem Stadtbrande von 1758 sei, erinnerte den König an seine Huld gegenüber der hiesigen protestantischen Kirche und berief sich auf das Urteil vom 11. Juli 1759, das in drei Instanzen, zuletzt durch die Entscheidung vom 14. April 1769 aufrecht erhalten worden sei. Danach hätten zu dem Wiederaufbau der Breslauer Bischof zwei Viertel, die Stadt (Bürgerschaft) und die Dorfschaften je ein Viertel der Kosten zu tragen. Da nun die Kgl. Kriegs- und Domänenkammer in Breslau die bischöflichen Güter in Verwaltung genommen habe, so bitte er, den Pflichtteil anzuweisen. Ehe das geschah, starb ein halbes Jahr darauf Pfarrer Scholtze, ohne den so sehnlichst herbeigewünschten Augenblick des Wiederaufbaues der Kirche erlebt zu haben. Mit der Inangriffnahme des Kirchbaues hatte sein Nachfolger, Pfarrer Francheville, der ja ein Günstling Friedrich des Großen war, mehr Glück. Schon am 5. April 1772, ehe er sein Pfarramt antrat, kam er bei dem geheimen Etats- und Kriegsminister um endliche Ausführung der Bausentenz durch Bewilligung der Gelder ein. Minister v. Hoym antwortete, gegenwärtig ginge es nicht, aber bei der ersten Gelegenheit solle der Wunsch erfüllt werden. Daher ließ Francheville durch die katholische Bürgerschaft am 16. April d.J. ein Schreiben an den König richten. Unter die Kopie setzte er später die Bemerkung: Daraufhin erfolgte noch am selben Tag die Antwort, die Kirche solle von den bischöflichen Revenüen wieder aufgebaut werden. Am 18. Juli bat er den Minister v. Hoym, die Sache zu beschleunigen, denn es stehe trotz des Bretterverschlages ein Gewölbeeinsturz bevor, der vielen Menschen das Leben kosten könne. Da befahl dann die Domänenkammer am 21. August endlich, einen Termin anzusetzen, in dem der Baudirektor v. Machui, der Pfarrer, der Magistrat, der Kirchenvorsteher, die Gemeinde und die Dorfschaften das Nähere beraten sollten. Die Hälfte der durch den Baudirektor veranschlagten Bausumme von 5631 Rchtlr. 10 Silbergr. werde aus den bischöflichen Revenüen gezahlt werden. 1773 begann der eigentliche Kirchenbau. Zwei Kapellen sollten nicht wieder aufgebaut werden, nämlich die sog. Bäckerkapelle in der Ecke des nördlichen Seitenschiffes, wo heut der (Rosenkranz-) Marienaltar steht, und die Ölbergskapelle. Die Spuren sind an der Außenmauer der Kirche noch deutlich sichtbar. Auf der einen Seite ist der Strebepfeiler am Presbyterium durch den Abbruch etwas eingekehlt, auf der anderen Seite zeichnet sich noch die Breite der alten Kapellenmauer an der Außenwand des nördlichen Seitenschiffes ab. Für den Abbruch dieser wie der Ölbergskapelle waren äußere Gründe maßgebend. Beide Bauten sprangen vom Kirchengebäude zu weit vor, sperrten den engen Platz an der Nord- und Ostseite und wirkten auch unschön im Rahmen des Gesamtbaues. Bei der Ölbergskapelle wirkte noch die Angst vor neuer Feuersgefahr nach; für den Abbruch der Bäckerkapelle lag außerdem ein entsprechendes Gesuch dieser Innung selbst vor. Am 17. März 1773 wandten sich die unterzeichneten Bäckermeister in einem Schreiben an den Pfarrer wegen ihrer alten Zunft-Kapelle. Sie bemerkten, sie sei durch den Brand gänzlich zerstört, die Hauptmauer sei bis unten hin gerissen. In dem vom Könige approbierten Kostenanschlage sei nichts von ihrer Wiedererrichtung gesagt. Baugelder seien auch nicht vorhanden. Übrigens würde es die Kirche zum Vorteile gereichen, wenn diese Kapelle ganz in Wegfall käme und von Grund aus abgebrochen würde. Sie bitten dann um eine neue freie Kapelle für ihre Stiftungsmessen und Requiems. Sie verpflichten sich, dort einen neuen schönen Altar zu errichten, den sie auch jederzeit im stande erhalten wollen. Sie bitten aber, nicht zum Unterhalt der Fenster und anderer Sachen, die zur Kirchenfabrik gehören, herangezogen zu werden. Unterschrieben sind: Anton Gallosch, Jakob Bautz, Josef Krause, Christian Göbel, Anton Rußke, Ignaz Gebel und Karl Krause. In einem Schreiben vom 17. April 1773 an das General-Vikariat-Amt befürwortete Francheville dieses Gesuch und schlug vor, der Innung die Kapelle der hl. Anna und des hl. Augustinus (Nr. 4) zuzuweisen. Dort ruhe nur eine alte Fundation, wonach an den ersten Dienstagen des Monats die St. Annenmesse votiv gelesen werden müsse, wofür der Pfarrer 8 Glogauer Mark erhalte. Das General-Vikariat-Amt genehmigte den Antrag und erklärte sich auch mit der Verlegung des Ölberges und seiner Stiftungen nach der alten Mansionarienkapelle (wo er sich noch gegenwärtig befindet) einverstanden. Das hl. Grab sollte in derselben Kapelle verbleiben. Durch die Niederreißung der Bäckerkapelle war der Wunsch rege geworden, auf dem Kirchhofplatz an der Nordfront der Kirche eine öffentliche Straße anzulegen. Die Verhandlungen mit der Stadt führten zu folgender Übereinkunft: “Die neue (jetzt Schul-) Straße gehört der Kirche, die Stadt aber hat das Servitut eines öffentlichen Weges. Der neue Weg wird drei Ellen von der Kirche entfernt mit Steinen gepflastert von oben in der Gegend des Wassertroges bei der Gruft bis abwärts gegen die Jesuittergasse.” Die Stadt unterhält dieses Pflaster. Den ganzen Kirchenbau führte im Jahre 1773 Mauermeister Meiwald unter Aufsicht des Baudirektors Machui aus. Die Zimmerarbeiten besorgte Zimmermeister Seewald. Die Zimmerleute begannen im März, die Maurer im April. Im Oktober war ihr Werk vollendet. Als Rendanten des Baus fungierten als Vertreter der katholischen Bürgerschaft der Kauf- und Handelsmann Johann Anton Burghard und Johann Matthes Geppert. Der Turm erhielt ein durch Ochsenaugen beleuchtetes Kniegeschoß, das das Notdach trägt. Letzteres krönt ein vergoldetes Kreuz auf einem Knopfe, das durch eine Kollekte beschafft wurde. Das Bauholz stammt aus dem Glogauer Stadtforste, die Mauer- und Dachziegeln lieferten die Glogauer städtischen Ziegeleien. Die ganze Bausumme belief sich auf 11 262 Rchtlr. 20 Silbergr. Am Kirchdach, das unter den schweren Stürmen stets zu leiden hatte, mußten öfters größere Ausbesserungen vorgenommen werden. Im Jahre 1841 wurde die Südseite umgedeckt. Die Baukosten wurden u.a. durch das Geld gedeckt, das die Kirchgemeinde für die Abtretung der Einfahrt zum alten Postgebäude (jetzt Vereinshaus) erhielt. Schließlich wurde aber die gänzliche Erneuerung des Kirchdaches ein unabweisliches Bedürfnis. Dieses große Werk führte Stadtpfarrer Mache (1901/02) durch mit einem Kostenaufwande von 14.187,88 Mark, wozu das Berta Nicolaus’sche Vermächtnis (9.257,88 Mark) verwendet wurde. Der Rest mußte aus der Kirchenkasse bestritten werden. Das Turmdach wurde aus den alten (roten) Dachziegeln umgedeckt. Für das Hauptdach mit Ausnahme der Loretokapelle, deren Dach nur ausgebessert wurde, kamen blauglasierte “Biberschwänze” zur Verwendung. Im August 1901 wurde mit der Erneuerung des Turmdaches begonnen. Im September folgte das Hauptdach an der Nordseite. Kaum waren die Arbeiten an diesen Stellen verrichtet, da riß ein orkanartiger Sturm am 7. Oktober eine mächtige Lücke in das Norddach unterhalb des Turmes und schleuderte die Dachsteine in die Fenster der Nachbargebäude, so daß sich die ohnehin hohen Kosten bedeutend erhöhten. Die Arbeiten wurden ausgeführt von Dachdeckermeister Glunde Glogau (6.081,05 Mark), Zimmermeister Schade (3.368,02 Mark), Maurermeister Borgmann (1.278,13 Mark), Klempnermeister Stock (789,41 Mark), Mechaniker Jülich für die Blitzableiteranlage (776,40 Mark), Schmiedemeister Leder für Schneefangeisen und Anker (511,17 Mark) usw. Die Dachziegeln (über 125.000) lieferte die Schlesische Dachsteinfabrik G. Sturm, Aktiengesellschaft, Freiwaldau, Bezirk Liegnitz, für 6.081,05 Mark. Im Jahre 1910 wurde in gleicher Weise das Dach der Loretokapelle mit einem Kostenaufwande von 1.370,49 Mark erneuert. Die Arbeit wurde Dachdeckermeister Wilde, Glogau, übertragen. Die Kosten wurden durch die Kirch- bzw. Loreto-Kapellenkasse gedeckt. Fortsetzung folgt |
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§ 2. Die Zeit bis zum dritten und vierten Brand 1489 bzw. 1642 |
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