Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 9, September 2006

Neues aus Glogau

Am 1.07.2006 genau um 8.08 Uhr begannen drei neue Domglocken - Florian, Barbara und Zofia – zum „Te Deum…“ zu läuten.

Diesem historischen Moment für die Kirche ist eine einwöchige Vorbereitungszeit zur Inbetriebnahme der Glocken vorausgegangen, mit mühsamer Aufziehung der Glocken in 50 Meter Höhe. Die Anzahl der Glocken ist nicht zufällig. Die Glocke Florian allein würde nicht so fantastisch klingen wie alle drei. Die speziell auf einander abgestimmten Intervalle der drei Glocken Florian, Barbara und Zofia machten einen enormen Eindruck. Wie der Dompfarrer Rafal Zendran erklärt hat, werden die Glocken die Gläubigen zu Gottesdiensten im Dom um 8 und 12:30 Uhr einladen.

Es war eine schwierige Konstruktionsaufgabe - sagte Rafal Zendran. Am Mittwoch, den 28.Juni 2006, hat eine Spezialfirma mit Hilfe eines Krans die Glocken auf den Turm gehievt. Die drei Glocken wurden zuerst auf speziellen pneumatischen Kissen platziert. Gestiftet durch die Stiftung der Polnischen Kupferindustrie wurden sie in der besten Glockengießerei Polens gefertigt. Im Dom selbst wird zur Zeit der Fußboden, nach einem neuen Entwurf von Professor Olgierd Czerner - dem Domkustos, rekonstruiert. Es entstehen neue Stufen, in denen man verschiedene Fußböden aus verschiedenen Epochen des Doms betrachten kann. Eine weitere Phase ist die Wiederherstellung der Decken. Ein anderer Plan sieht die Eröffnung des Lapidariums (in Stein gehauene kurze Inschriften) in der romanischen Krypta vor.

Die von der KGHM (Kupferkombinat) gestiftete Glocke kostet ca. 25000 Euro. Bei den Konstruktionsberechnungen stellte sich heraus, dass eine Glocke mit 2000 kg Gewicht ein Problem darstelle, so dass man zusätzliche Fensteröffnungen im restaurierten Turm durchbrechen müsste. Beschlossen wurde also, dass zwei kleinere Glocken gegossen werden "Florian" (1400 kg) und Barbara (1000 kg). Ausgesucht wurde die älteste und beste in Polen existierende Glockengießerei der Gebrüder Felczyriski aus Gleiwitz. Die Glockengießer schlugen vor, dass - sollten sich Sponsoren finden – auch eine dritte Glocke gegossen werden soll, um durch ein Musikintervall die Einstimmung der Glocken zur Melodie "Te Deum…" zu erreichen. Die Idee wurde von Pfarrer Ryszard Dobrolowicz, der die Domkirche seit Jahrzehnten wiederaufgebaut hatte, akzeptiert, und er war es schließlich, der weitere Privatpersonen gefunden hat, die auch die dritte Glocke gestiftet haben.

Eine Woche vor Weihnachten 2005 wurden die drei Glocken von Gleiwitz zum Glogauer Dom überführt.

Seit fünf Jahren schon werden im Dom Gottesdienste gefeiert. Die Glogauer sehen den Dom als eine wichtige Stadtkirche, obwohl sie rein formell zu einer sehr kleinen Pfarrgemeinde von knapp 1000 Gläubigen gehört. Diese kleine Gruppe wäre nie im Stande gewesen, diese Kirche alleine zu retten. Deswegen haben die Pfarrer immer wieder nach Unterstützung bei verschiedenen Einrichtungen gesucht.

Die Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit war die erste, die auf den Appell geantwortet hat. Dank ihrer Mittel wurden die Dommauern rekonstruiert und abgesichert, und die Dachkonstruktion erneuert. Das Kupferblech für das Dach wurde von der Kupferhütte gestiftet. Dank der Unterstützung der Stadt Glogau, eines Jagdvereines und vieler privater Sponsoren (u.a. eine Glogauerin, die wie durch ein Wunder nach einem schlimmen Autounfall am Leben blieb, ein deutscher Pfarrer, der einmal im Dom „gedient“ hat) hat das Gotteshaus auch seine schönen Buntglasfenster erhalten. Es ist auch gelungen, in den Kapellen die barocken Fresken des berühmten Michael Willmann zu rekonstruieren. Dank der Sponsoren konnten die historischen Portale am Haupt- und an den Seiteneingängen restauriert werden.

Der Denkmalkonservator beschloss, in einer extra erbauten Krypta ein archäologisches Reservat einzurichten, wo all diese Exponate gezeigt werden, die bei dem Wiederaufbau des Domes gefunden worden sind. Auch die Epitaphien aus den benachbarten, geschlossenen Kirchen wie Rapsen finden da ihren würdigen Platz.

Vor dem Krieg befanden sich im Dom vier Glocken mit dem Gewicht von 16, 8, 4 und 2 Zentnern, die durch die Kriegshandlungen verschollen sind. Eine von ihnen ist in den 50er Jahren in der Kirche Hl. Ursula in Köln aufgehängt worden, wo sie bis heute erklingt.

Hunderte von Glogauern, besonders die Mitarbeiter der Kupferhütte und ihre Familien, haben am feierlichen Gottesdienst im Dom teilgenommen. Der Gottesdienst hatte einen besonders feierlichen Charakter, zelebriert vom Bischof der Grünberg-Landsberg Diözese Adam Dyczkowski, der die Einweihung der Domglocken vorgenommen hat.

Für hervorragende musikalische Umrahmung sorgte der berühmte Chor Poznanskie Slowiki (Posener Nachtigallen).

Während des Gottesdienstes hat sich Pfarrer Dobrolowicz von der Domgemeinde und der Dombaustelle verabschiedet. Sein Werk wird ab jetzt vom Pfarrer Rafal Zendran weitergeführt.

Unter der Internetadresse www.malach.org/inmemoriam/browse.php?id=42
kann man Bilder von den Feierlichkeiten anschauen.

Elzbieta Liersch

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